Justiz sagt Hü, Praxis sagt Hott: Bilanz-Wirrwarr bei gesellschaftsvertraglicher Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses

Viele kleine Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften sind nach ihrem Gesellschaftsvertrag verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse prüfen zu lassen. Für die Kosten, die dabei entstehen, bilden diese Gesellschaften in ihren Bilanzen regelmäßig eine Rückstellung.
Das dürfen sie aber nicht, jedenfalls was die Steuerbilanz betrifft. Schon 2011 war das Niedersächsische Finanzgericht zu diesem Schluss gekommen (Urt. v. 26.05.2011, Az. 14 K 229/09). Jetzt, mehr als drei Jahre später, hat der Bundesfinanzhof diese Entscheidung bestätigt (Urt. v. 5.6.2014, Az. IV R 26/11) und sich damit gegen die Meinung des Hauptfachausschusses beim Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) und der handelsrechtlichen Fachautoren gestellt.
Die Konsequenz: Die betroffenen Gesellschaften müssen zukünftig zwingend eine Abweichung zwischen ihrer Handelsbilanz (hier muss die Rückstellung gebildet werden) und ihrer Steuerbilanz (hier soll die Bildung nicht zulässig sein) hinnehmen.
Besonders bemerkenswert ist, dass sich die beiden konträren Meinungen auf ein und dieselbe Gesetzesvorschrift berufen (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB), die sie aber unterschiedlich interpretieren. Zu welchem Ergebnis man kommt, hängt davon ab, was man als Anküpfungspunkt wählt: Stellt man mit den Wirtschaftsprüfern und Handelsrechtlern darauf ab, dass die gesellschaftsvertraglich begründete Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses von den Gesellschaftern einklagbar ist, so ist die Rückstellung notwendig. Stellt man aber eher darauf ab, dass diese Pflicht im Gesellschaftsvertrag von den Gesellschaftern selbst generiert werden kann, was eine steuerliche Gestaltungsperspektive sein könnte, gelangt man zu der ablehnenden Meinung der Finanzrichter.
Leidtragender ist die Gesellschaft, die nun keine einheitliche Steuer- und Handelsbilanz mehr erstellen kann.
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