Begrenzt ist nicht befristet – Das BAG eröffnet neue Wege zur Saisonarbeit in Freibädern

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Wer im Freibad arbeitet, hat in der Regel nur in den Sommermonaten etwas zu tun. Deshalb liegt es nahe, solche Mitarbeiter trotz Daueranstellung nur in dieser Zeit zu beschäftigen und zu vergüten. Geht das rechtlich überhaupt? Ja, sagt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem kürzlich verkündeten Urteil (v. 19.11.2019, Az. 7 AZR 582/17) – jedenfalls dann, wenn außerhalb der Saison kein Beschäftigungsbedarf besteht.

Geklagt hatte ein Gemeindeangestellter, der seit 2006 bei der beklagten Gemeinde laut Arbeitsvertrag „als vollbeschäftigter Arbeitnehmer jeweils für die Saison vom 1.4. bis zum 31.10. eines Kalenderjahres eingestellt“ war. Er wurde seitdem nur in den Monaten April bis Oktober jedes Jahres beschäftigt und vergütet. Der Mann arbeitete im Wesentlichen im gemeindlichen Freibad als Badeaufsicht, außerdem wurde er zur Reinigung und Pflege des Schwimmbads eingesetzt. Ein Hallenbad betreibt die Gemeinde nicht.

Ein solches unbefristetes Arbeitsverhältnis, so das BAG, kann auf die jeweilige Badesaison begrenzt sein. Die Gemeinde habe die Arbeits- und Vergütungspflicht wirksam auf die Monate zwischen April und Oktober beschränkt. Dadurch werde der Kläger nicht unangemessen benachteiligt, zumal er keinen Beschäftigungsbedarf neben der Saison nachweisen konnte.

Befristungsrecht nicht einschlägig

Die Vorinstanzen hatten diese Gestaltung noch als Befristung von Arbeitsverträgen gewertet: Die Parteien hätten „für eine unbegrenzte Anzahl von Jahren jeweils für den Zeitraum 1. April bis 31. Oktober einen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen“. Konsequenterweise hatten sie daher den Fall noch am strengen Maßstab des Befristungsrechts geprüft und einen „sachlichen Grund“ im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG gefordert. Immerhin hatten sie diesen bejaht, da der Beschäftigungsbedarf der Beklagten insgesamt, also nicht nur in dem von der Gemeinde betriebenen Freibad, in jedem Jahr nur vorübergehend bestand.

Das BAG kam zwar zum gleichen Ergebnis, jedoch auf einem anderen Weg: Es prüfte nur die „Begrenzung der Arbeits- und Vergütungspflicht“, aber keine Befristung.

Denn es sah in der Abrede von 2006 keine Vielzahl befristeter Arbeitsverträge, sondern ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das die Arbeits- und Vergütungspflicht auf die Monate April bis Oktober eines jeden Jahres begrenzt. Eine solche Vereinbarung unterliegt nach Ansicht der Erfurter Richter nicht der (strengeren) Befristungskontrolle, sondern nur der allgemeinen „AGB-Prüfung“ auf Unangemessenheit im Sinne des § 307 Abs. BGB. Hier sah das BAG den Kläger nicht unangemessen benachteiligt. Vielmehr durfte die Gemeinde bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages davon ausgehen, dass sich der Beschäftigungsbedarf für den Kläger auf die Badesaison beschränkt. Selbst der Umstand, dass die Gemeinde im Jahr 2016 – und dies war offenbar Anlass für die Klage, nachdem der Kläger das Modell vorher jahrelang so akzeptiert hatte – einen ausgebildeten Fachangestellten für Bäderbetriebe unbefristet und unbegrenzt eingestellt hatte, änderte daran nichts. Die Gemeinde konnte nämlich auf die Richtlinie R 94.05 der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. (DGfdB) verweisen, die die Anforderungen an die Aufsichtspflichten regelt und ihr aufgab, auch eine gelernte Fachkraft anzustellen. Dabei konnte sie glaubhaft machen, dass eine solche Fachkraft auf dem Arbeitsmarkt für eine befristete oder begrenzte Beschäftigung nicht zu haben war.

Alternatives Beschäftigungsmodell zur wiederholten Saisonbefristung

Auch wenn die Urteilsbegründung des BAG noch aussteht, steht jetzt schon fest, dass es jedenfalls in Konstellationen wie hier zulässig ist, die Beschäftigung außerhalb der Freibadsaison auszusetzen. Damit hat nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Mitarbeiter immerhin mehr (Planungs-)Sicherheit, als wenn er jeweils Jahr für Jahr ein neues (zulässiges) Saisonarbeitsverhältnis vereinbaren muss. Dem schließen sich allerdings Folgefragen an: etwa, ob für das gesamte Jahr oder nur anteilig Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erworben wird. Mit der zuletzt ergangenen Sabbatical-Entscheidung (Urt. v. 19.3.2019, Az. 9 AZR 315/17) verneinte dabei das BAG einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, soweit Arbeits- und Vergütungspflicht vorübergehend ausgesetzt sind. Ob sich dies hier übertragen lässt, dürfte fraglich sein.

Ansprechpartner*innen: Wolfram von Blumenthal/Meike Weichel/Bernd Günter

PS: Sie interessieren sich für dieses Thema, dann schauen Sie gern hier – unser 5. BBH-Bäderforum „Verkehrssicherungspflicht – was ist neu, was kann teuer werden?“ .

 

 

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