Wettbewerb im Profifußball: Spanien sieht rot, die Niederlande gelb – wenn Sport zur Compliance-Sache wird!

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Fußball
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Am Sonntag wird in Paris ermittelt, wer in Europa am besten Fußball spielt. Seit Wochen dreht sich sportlich im Grunde fast alles um Fußball. Offenbar verspürt gegenwärtig auch die Europäische Kommission sehr lebhaft die Faszination, die von 22 laufenden Männern und einer Lederkugel ausgehen kann – wenngleich nicht so sehr aus sportlichem Interesse, sondern aus rein kommerziellen Gründen. Das europäische Wettbewerbsrecht erstreckt sich auch auf den Bereich des Profifußballs, denn auch dabei handelt es sich um eine Wirtschaftstätigkeit, bei der Fußballvereine über zum Beispiel Werbung, Verkauf von Merchandising-Artikeln und Fernsehrechten, Spielertransfers, etc. auch auf internationaler Ebene miteinander konkurrieren und teilweise sehr hohe Umsätze erzielen. Das europäische Beihilferecht sorgt auch in diesem Bereich für Chancengleichheit und verhindert, dass der Wettbewerb zwischen Vereinen durch staatliche Mittel verzerrt wird.

Die Kommission hat untersucht, welche staatlichen Unterstützungsmaßnahmen Vereine aus den Oberhäusern des Profifußballs in Spanien (La Liga) und den Niederlanden (Eredivisie) empfangen haben. Jetzt hat die Kommission ihre Untersuchungsergebnisse präsentiert und kommt zu folgenden Erkenntnissen:

Spanien

Im Falle Spaniens gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die vom Land an sieben Profifußball-Vereine gewährten Beihilfen diesen gegenüber anderen Vereinen einen wettbewerbswidrigen Vorteil verschafft haben. So hatte das Land den Vereinen FC Barcelona, Real Madrid, Valencia, Athletic Bilbao, Atlético Osasuna, Elche und Hercules in unterschiedlicher Form Privilegien eingeräumt. In der Zeit von 1990 bis 2015 profitierten die Vereine aus Madrid, Barcelona, Bilbao und Osasuna von einem vergünstigten Körperschaftssteuersatz in Höhe von 25 Prozent (anstatt der üblichen 30 Prozent). Real Madrid wurden zudem 2011 vom Staat ein Grundstück zu einem um 18,4 Mio. Euro überhöhten Preisen abgekauft. Den Vereinen Valencia CF, Hercules CF und Elche CF wurden zwischen 2009 und 2013 schließlich unentgeltliche Bürgschaften eingeräumt, deren Vorteil sich im Falle von Valencia auf 20,4 Mio. Euro, von Hercules auf 6,1 Mio. Euro und von Elche auf 3,7 Mio. Euro belief.

Da die beschriebenen Maßnahmen zugunsten der betroffenen Vereine den Wettbewerb verzerrten, befand sie die Kommission für beihilferechtswidrig. Spanien muss daher nun die rechtswidrigen Beihilfen von den sieben betroffenen Vereinen zurückfordern.

Niederlande

Anders als bei den spanischen Maßnahmen gewann die Kommission bei ihren Untersuchungen des niederländischen Profifußballs die Überzeugung, dass die dort ergriffenen Unterstützungsmaßnahmen mit den EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen vereinbar sind.

Im Falle der Vereine FC Den Bosch, MVV Maastricht, NEC Nijmegen und Willem II, Tilburg verzichteten die betroffenen Städte auf Forderungen, die zumeist im Zusammenhang mit den Stadien und Sportanlagen der klammen Vereine standen. Weil die Vereine sich in finanziellen Schwierigkeiten befanden, prüfte die Kommission die Beihilfen anhand der EU-Leitlinien von 2004 für die Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten. Diese Leitlinien sollen gewährleisten, dass Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen Unternehmen nur dann zugesprochen werden, wenn sie ihre Rentabilität realistischerweise wiederherstellen können und wenn sie zugleich Maßnahmen ergreifen, durch welche die Wettbewerbsverzerrung aus der staatlichen Unterstützung kompensiert werden. Im Zuge der beihilferechtlichen Prüfung konnte sich die Kommission davon überzeugen, dass die betreffenden Vereine einen angemessenen Umstrukturierungsplan durchgeführt hatten, indem sie einen erheblich Teil der Umstrukturierungskosten selbst übernommen und Maßnahmen ergriffen hatten, mit denen die Wettbewerbsverzerrungen begrenzt werden konnten. Dazu zählte, dass die Zahl der Mitarbeiter und der Spielerkader reduziert sowie die Spielergehälter gesenkt wurden.

Auch ein Geschäft, bei dem der (aktuelle Meister) PSV Eindhoven ein vereinseigenes Grundstück zunächst an die Stadt verkaufte und dies sodann zurückpachtete, wurde von der Kommission eingehend untersucht. Im Ergebnis wurde auch dieses Geschäft für europarechtskonform befunden. Da jenes Geschäft zu Marktbedingungen abgewickelt wurde, beinhaltete es aus Sicht der Kommission keine Beihilfe.

Fazit

Dass Fußball nicht nur sportlich und soziokulturell einen hohen Wert hat, sondern auch als Wirtschaftsfaktor immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist beileibe keine neue Erkenntnis. Was sich im Grunde jedem Fußballinteressierten allein aufgrund der Entwicklung der Profigehälter, der Transferkosten, der Werbeverträge und der Fernsehrechte aufdrängt, hatte sich schließlich unlängst auch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in einer wissenschaftlichen Untersuchung bescheinigen lassen.

Die jetzt abgeschlossenen Kommissionsverfahren gehen sogar einen Schritt weiter und belegen, dass sich die Akteure auch im professionellen Fußballgeschäft den Herausforderungen des freien Wettbewerbs stellen müssen und im Normalfall gerade kein Raum für wettbewerbsverzerrende Unterstützungsmaßnahmen des Staates verbleibt. Die Fälle Spaniens und der Niederlande geben insoweit wichtige Orientierung, wann und wie weit die öffentliche Hand Profivereinen überhaupt unter die Arme greifen darf. Schon aus Compliance-Gründen müssen zum Beispiel Länder und Kommunen bzw. von diesen gehaltene Unternehmen daher genau prüfen, dass sie bei der Förderung von Profisport die beihilferechtlichen Spielregeln der Kommission auch tatsächlich einhalten. Denn sonst greift die Kommission zur Pfeife.

Eine weitere Erkenntnis: Wenngleich der spanische Vereinsfußball europa- und weltweit seit Jahren dominiert, liegt bei der La Liga erwiesenermaßen wettbewerbstechnisch einiges im Argen. Bei den Niederlanden – nun ja – läuft dagegen derzeit bekanntlich ganz grundsätzlich nur wenig zusammen. Insofern dürfte der geneigte europäische Nachbar es als durchaus gerecht empfinden, dass die Kommission Spanien für sein Foul im Vereinswettbewerb gerade die rote Karte gezeigt hat, während die Niederländer mit der einer Verwarnung davon kommen.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau/Dr. Tigran Heymann
Weitere Ansprechpartner Beihilfe: Dr. Dörte Fouquet/Dr. Christian Jung

PS: Sie interessieren sich für Compliance, dann schauen Sie gern hier. Sie interessieren sich für Sponsoring, dann schauen Sie gern hier.

 

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