OLG Düsseldorf: Keine Bemessung eines Baukostenzuschusses für Batteriespeicher nach dem Leistungspreismodell
Am 20.12.2023 entschied das OLG Düsseldorf, dass die Erhebung eines Baukostenzuschusses (BKZ) für Batteriespeicher unzulässig ist, wenn für den Batteriespeicher der gleiche BKZ verlangt wird wie für einen Letztverbraucher. In einem solchen Fall läge eine diskriminierende Gleichbehandlung vor, da beide auf eine Stufe gestellt würden, obwohl sie gänzlich unterschiedlich auf das Netz wirkten.
Hintergrund
Ein Projektierer begehrte von einem Netzbetreiber den Anschluss eines Batteriespeichers an das Stromnetz. Der Speicher soll rein netzgekoppelt betrieben werden, die Beladung erfolgt also ausschließlich über das Stromnetz und die Entladung ausschließlich in das Stromnetz. Der Netzbetreiber erklärte sich mit dem Netzanschluss einverstanden, verlangte jedoch einen BKZ. Dessen Höhe entsprach – analog dem BKZ für Letztverbraucher – einem bestimmten Eurobetrag je Kilowatt Leistung des Speichers (sog. Leistungspreismodell). Dies lehnte der Projektierer ab und wandte sich im Rahmen eines besonderen Missbrauchsverfahrens an die Bundesnetzagentur (BNetzA). Die BNetzA konnte kein missbräuchliches Verhalten des Netzbetreibers erkennen und lehnte den Antrag ab. Hiergegen legte der Projektierer Rechtsbeschwerde beim OLG Düsseldorf ein – mit Erfolg.
Was ist ein Baukostenzuschuss (BKZ)?
Ein BKZ ist – grob vereinfacht – eine einmalige finanzielle Beteiligung eines Anschlussnehmers an den Netzausbaukosten. Er kann allerdings auch erhoben werden, wenn im konkreten Fall gar keine Netzausbaukosten entstehen. Im Bereich der Niederspannung ist der BKZ ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 11 NAV). Bei höheren Spannungsebenen ist der BKZ allgemein anerkannt und wird aus § 17 Abs. 1 EnWG abgeleitet. Danach haben u. a. Letztverbraucher und Speicherbetreiber einen Anspruch gegen den Netzbetreiber auf Netzanschluss und dies zu technischen und wirtschaftlichen Bedingungen, die angemessen, diskriminierungsfrei und transparent sind. Nicht nur das „Ob“ der Erhebung des BKZ, sondern auch das „Wie viel“ muss sich dabei an diesen Maßstäben messen lassen.
Wesentlicher Inhalt der Entscheidung
Das OLG Düsseldorf entschied, dass die Erhebung eines BKZ für den Speicher zwar nicht generell unzulässig sei, die Bemessung eines solchen BKZ aber nicht nach den gleichen Maßstäben erfolgen dürfe wie für Letztverbraucher. Die (sehr ausführliche) Begründung des OLG Düsseldorf lässt sich dabei wie folgt zusammenfassen:
- 17 Abs. 1 EnWG, aus dem der Anspruch des Netzbetreibers auf einen BKZ abgeleitet werde, unterscheide klar nach unterschiedlichen möglichen Anspruchsinhabern, nämlich – wie oben dargestellt – z. B. Letztverbrauchern oder aber Speicherbetreibern. Das sei ein erster Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber diese Akteure unterschiedlich behandelt wissen wollte.
Hinzu komme, dass Letztverbraucher und Speicher völlig unterschiedlich auf das Netz wirkten. Ein Letztverbraucher beschränke sich auf den Bezug von Strom aus dem Netz. Daher könne es insoweit sachgerecht sein, den BKZ nach der maximalen Bezugsleistung zu bemessen. Ein (netzgekoppelter) Batteriespeicher sei jedoch nicht in der Lage, dauerhaft Strom aus dem Netz zu beziehen. Wenn die Speicherkapazität erreicht sei, müssten nämlich entweder Speicherverluste abgewartet oder die gespeicherte Energie wieder eingespeist werden. Während der Einspeisung könne aber kein Strom gespeichert, also kein Strom aus dem Netz bezogen werden. Vor diesem Hintergrund sei zweifelhaft, ob die Bemessung des BKZ nach der maximalen Bezugsleistung des Speichers sachgerecht sei. In jedem Fall seien die Unterschiede zwischen Letztverbrauchern und Speichern so deutlich, dass eine Gleichbehandlung bei der Bemessung des BKZ diskriminierend sei, zumal eine Rechtfertigung für die Gleichbehandlung nicht erkennbar sei.
Davon abgesehen verfehle ein BKZ nach dem sog. Leistungspreismodell bei Speichern seinen Sinn und Zweck, über die Kostenbeteiligung zu verhindern, dass sich Letztverbraucher überdimensionierte Netzanschlüsse errichten lassen (sog. Lenkungs- und Steuerungsfunktion). Bei Speichern drohe eine solche Überdimensionierung jedoch nicht. Vielmehr würde der Netzanschluss regelmäßig nach der Leistung des Speichers bemessen. Eine Bemessung des BKZ nach dem Leistungspreismodell würde daher nicht – wie eigentlich beabsichtigt – eine Lenkungs- und Steuerungsfunktion verfolgen, sondern zu einer Standortsteuerungsfunktion führen: Da Speicher – anders als Letztverbraucher – grundsätzlich standortunabhängig errichtet werden können, würden sie regelmäßig dort errichtet werden, wo der BKZ am niedrigsten sei. Eine solche Funktion sei dem BKZ aber nicht zugedacht gewesen. Sie könnte im Übrigen zu energiewirtschaftlichen Nachteilen führen, weil Speicher dann gerade nicht dort errichtet würden, wo sie zur Netzentlastung am meisten gebraucht würden, sondern dort, wo es günstig wäre.
Was heißt das für die Praxis?
Das OLG Düsseldorf hat nur entschieden, dass die BKZ-Bemessung für (netzgekoppelte) Speicher nach dem Leistungspreismodell unzulässig ist. Es hat nicht entschieden, welche BKZ-Bemessung (noch) zulässig wäre. Dies habe die BNetzA zu entscheiden. Diese hat gegen die Entscheidung des OLG Düsseldorf jedoch Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt. Mit einer Entscheidung aus Karlsruhe dürfte frühestens in einem Jahr zu rechnen sein. Dann geht der Fall ggf. wieder zurück an die BNetzA. Es stellt sich also die Frage, wie mit dem Düsseldorfer Beschluss bis dahin in der Praxis umzugehen ist.
Die Entscheidung bezieht sich unmittelbar nur auf netzgekoppelte Speicher und nur auf Netzbetreiber, die den BKZ nach dem Leistungspreismodell bemessen. Für alle anderen Speicher und Berechnungsmethoden könnte die Entscheidung daher (möglicherweise) keine Rolle spielen. Davon abgesehen lässt das OLG Düsseldorf durchblicken, dass Großspeicher ab einer installierten Leistung von 100 MW von einer generellen BKZ-Befreiung profitieren können. Dies unterstellt, ist der Anwendungsbereich der Entscheidung zumindest etwas eingegrenzt.
Wie aber mit den verbleibenden Fällen als Netzbetreiber umgehen? Drei Möglichkeiten sind zunächst denkbar: BKZ wie bislang erheben, eine neue Bemessungsmethodik einführen oder auf BKZ ganz verzichten. Daneben gibt es natürlich zahlreiche Schattierungen dieser Lösungen. Welcher Weg vorzugswürdig ist, lässt sich derzeit kaum allgemeingültig abschätzen. Möglicherweise sorgt der Gesetzgeber oder die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer neuen Kompetenzen bis zu einer Entscheidung des BGH auch für Klarheit. Das wäre im Sinne der kürzlich veröffentlichten Stromspeicher-Strategie der Bundesregierung sicher wünschenswert. Und was machen die Speicherbetreiber? Das hängt wie immer davon ab, wie der jeweilige Netzbetreiber agiert.
Ansprechpartner: Jens Vollprecht/Dr. Thies Christian Hartmann/Christoph Lamy/Fabian Kleene
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