Pensionsrückstellungen: Herausforderungen bei der Bilanzierung und Bewertung

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Der demographische Wandel stellt vor allem die gesetzliche Rentenversicherung vor große Herausforderungen: Während die Anzahl der Beitragszahler sinkt, steigt die Anzahl der Bezieher von Altersrenten. Die betriebliche Altersversorgung wird deshalb immer bedeutsamer. Ihre Bilanzierung und Bewertung ist jedoch eine Herausforderung.

Die betriebliche Altersversorgung im Überblick

Bei der betrieblichen Altersversorgung handelt es sich um finanzielle Leistungen, die ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses zur Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zusagt.

Grundsätzlich lassen sich dabei zwei Arten unterschieden: Das Handelsgesetzbuch (HGB) differenziert zwischen der unmittelbaren und mittelbaren Zusage, die International Financial Reporting Standards (IFRS) zwischen leistungsorientierter und beitragsorientierter Versorgungszusage. Die unmittelbare Versorgungszusage ist eine zweiseitige Rechtsbeziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die mittelbare Versorgungszusage hingegen besteht aus einer Dreiecksbeziehung zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und einem externen Versorgungsträger und kann als beitrags- oder als leistungsorientierte Zusage ausgestaltet sein. Um eine reine beitragsorientierte Zusage handelt es sich, wenn das Unternehmen weder rechtlich noch faktisch darüber hinausgehende Zahlungen leisten muss.

Bilanzierung und Bewertung

Die Erfassung von Versorgungszusagen im Jahresabschluss variiert je nach Rechnungslegungsstandard. Aufgrund von in der Praxis genutzten Wahlrechten werden sowohl im HGB die mittelbare als auch im IFRS die beitragsorientieren Versorgungszusagen im Aufwand erfasst. Dagegen werden leistungsorientierte Zusagen nach IFRS beziehungsweise unmittelbare Zusagen nach HGB üblicherweise passiviert.

Lohn- und Gehaltssteigerungen, Fluktuation und viele weitere Parameter spielen für die Bewertung von Pensionsrückstellungen in beiden Rechnungslegungsstandards eine wichtige Rolle. Um die Höhe der Pensionsrückstellung zu bewerten, kann beim HGB grundsätzlich das Anwartschaftsbarwert- oder das versicherungsmathematische Teilwertverfahren bzw. ein vergleichbares versicherungsmathematisches Verfahren zur Erfassung der Mittelansammlung angewendet werden. Die Abzinsung erfolgt dabei anhand des durchschnittlichen Marktzinssatzes der vergangenen 10 Geschäftsjahre. Die Bewertung nach IFRS richtet sich nach dem Anwartschaftsbarwertverfahren. Im Gegensatz zum HGB erfolgt die Abzinsung der Rückstellung auf Basis aktueller Zinssätze, wobei (auch) hier die Bonität mit einem AA-Rating eingeht.

Betrachtet man die unterschiedlichen Diskontierungszinssätze nach HGB und IFRS lässt sich ein markanter Unterschied erkennen. Wegen der 10-Jahres-Durchschnittbildung liegt der aktuelle Zinssatz nach HGB höher als nach IFRS, so dass ceteris paribus die Pensionsrückstellung nach HGB niedriger ausgewiesen wird. Dennoch hat das Niedrigzinsniveau dazu geführt, dass der Diskontierungsfaktor für beide Systeme in den letzten Jahren deutlich gesunken ist. Die Folge ist, dass die Pensionsrückstellungen deutlich ansteigen und höher bewertet werden.

Es gibt nur individuelle Lösungen

Dies ist nur ein Effekt, der auch im Rahmen der Unternehmensbewertung zu berücksichtigen ist. Bei der Bestimmung des Eigenkapitalwertes ist der Marktwert der Pensionsrückstellungen zu ermitteln. Eine Annäherung durch den bilanziellen Buchwert erscheint in vielen Fällen aber nicht sachgerecht. Eine Ausnahme kann gelten, wenn im zugrundeliegenden Geschäftsmodell eine Refinanzierung von entsprechenden zukünftigen Aufwendungen möglich ist, wie etwa in der regulierten Energiewirtschaft. Auch bei der Verarbeitung der Pensionsrückstellung im jeweiligen Bewertungsverfahren können sich Herausforderungen ergeben. Hier ist zu beachten, dass die Pensionsrückstellung konsistent im Cash-Flow und im Kapitalisierungszinssatz verarbeitet wird.

Das heißt: Aufgrund der vielen unsicheren Parameter (Lohn- und Gehaltssteigerungen, Sterblichkeitsrate) ist die Wertbestimmung der Pensionsrückstellung eine Herausforderung. Die unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften erschweren die Vergleichbarkeit der einheitlichen Bewertung. Allgemeingültige Lösungen, insbesondere in der Praxis der Unternehmensbewertung, gibt es deshalb nicht, sondern nur individuelle.

Ansprechpartner: Thomas Straßer/Andreas Fimpel

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