Die TKG-Novelle: Telekommunikationsanbieter müssen schnell handeln

Nachdem sich die Verkündung des Telekommunikationsmodernisierungsgesetzes (TKModG) bis Ende Juni verzögert hatte (wir berichteten), bleibt TK-Anbietern, Telekommunikationsunternehmen und Stadtwerken mit TK-Sparte nicht mehr viel Zeit, die neuen Regeln umzusetzen. Schon am 1.12.2021 wird das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz überwiegend in Kraft treten – und damit auch das neue Telekommunikationsgesetz (TKG).

Verschärfung des Kundenschutzes: Neue Prozesse, neue Verträge, neue Entschädigungsansprüche und mehr

Es war bereits absehbar, dass sich die Kundenschutzvorschriften (derzeit noch überwiegend in §§ 43a ff. TKG geregelt) künftig verschärfen würden. Auch, dass eine Pflicht zum Angebot von 1-Jahres-Verträgen kommen wird, konnte man erwarten. Allerdings blieb bis zuletzt unklar, in welcher Form der Gesetzgeber tätig wird. Das Ergebnis verlangt TK-Anbietern einiges ab.

  • § 51 ff. TKG n.F. sieht nicht nur neue Informationspflichten und Leistungsstörungsrechte vor, die in den Verträgen über die Erbringung von Telekommunikationsdiensten, wie Internet und Telefonie, künftig umgesetzt werden müssen, sondern auch eine Vielzahl neuer und anzupassender Prozesse im Vertrieb, der Vertragsanbahnung und der Kundenverwaltung.

Unüberschaubar wird es für juristische Laien schon bei den Informationspflichten. Hier gibt es Verweise in diverse Abschnitte anderer Normen, wie etwa des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB), der TSM-Verordnung oder der Richtlinie über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation.

Zum Hochreck wird es aber dann, wenn nachvollzogen werden soll, wie die Vertragszusammenfassung (§ 54 TKG n.F.) und die vorvertraglichen Informationspflichten in den Vertragsabschlussprozess implementiert werden können, insbesondere bei klassischem Offline-Vertrieb wie „door-to-door“. Und die Folgen sind weitreichend: Wird dem Verbraucher keine Vertragszusammenfassung vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt, so hat dies unverzüglich („ohne schuldhaftes Zögern“, vgl. § 121 Abs. 1 BGB) zu erfolgen, sonst ist der Vertrag schwebend unwirksam und hängt von der ausdrücklichen nachträglichen Genehmigung des Verbrauchers ab.

Ernst wird es, wenn die versprochenen oder beworbenen Leistungen nicht eingehalten werden können. Hier hat der Gesetzgeber nicht nur für Minderungs- und Kündigungsrechte des Verbrauchers gesorgt (§ 57 Abs. 4 TKG n.F.), sondern gibt ihm auch Entschädigungsansprüche bei nicht rechtzeitiger Entstörung oder ausgefallenen Technikerterminen (§ 58 TKG n.F.).

Zudem kommen u.a. mit der Tarifberatung (§ 57 Abs. 3 TKG n.F.) und dem Beschwerdeverfahren (§ 67 Abs. 1 TKG n.F.) zwei neue Prozesse hinzu, die die aktive Bestandskundenverwaltung betreffen.

Anhörungsverfahren zu neuen Minderungsregelungen gestartet

Am 8.9.2021 hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) ein Konsultationsverfahren zur Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe innerhalb der neuen Minderungsregelung des § 57 Abs. 4 TKG n.F. gestartet. Konkret geht es um einen Entwurf einer Allgemeinverfügung zur Konkretisierung der unbestimmten Begriffe „erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichung bei der Geschwindigkeit“ sowie zum Entwurf einer Handreichung bezüglich eines Überwachungsmechanismus bei Festnetz-Breitbandanschlüssen. Damit wird künftig behördlich festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine zu einer Minderung berechtigende Schlechtleistung vorliegt. Konkret geht es unter anderem um die erforderliche prozentuale Abweichung von der beworbenen Geschwindigkeit und die Anzahl der durchzuführenden Messungen. Stellungnahmen können bis 5.10.2021 eingereicht werden.

Sicherheit durch angepasste Verträge

Telekommunikationsanbieter sind gut beraten, Auftragsformulare, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und weitere Dokumente umfangreich anzupassen. Auch bei der Erstellung des Produktinformationsblatts und der Vertragszusammenfassung sollten sie die gesetzlichen Vorgaben streng beachten. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte Anfang des Jahres noch entschieden (Urt. v. 26.2.2021, Az. 6 U 85/20), dass das Produktinformationsblatt auf die Standard-Angaben zu begrenzen ist und die Aufnahme abweichender Zusatzangaben einen Verstoß gegen § 45n TKG i.V.m. § 1 Abs. 1 TK-TransparenzV darstellt. Dies dürfte auch für die Vertragszusammenfassung gelten.

Auch wenn sich Vertragszusammenfassung und Produktinformationsblatt inhaltlich sehr ähnlich sind, hat sich nichts daran geändert, dass der Anbieter § 52 Abs. 4 TKG n.F. i.V.m. § 1 TK-Transparenzverordnung n.F. ein Produktinformationsblatt zur Verfügung stellen muss. Übrigens ist die Bereitstellung der Vertragszusammenfassung bereits seit Ende 2019 Pflicht! Wer sich ab 1.12.2021 immer noch nicht daran halten möchte, muss künftig mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro rechnen.

Ansprechpartner*innen: Axel Kafka/Johannes Nohl/Julien Wilmes-Horváth

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