Augen auf beim Grundstückskauf

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Ein Grundstück kauft man nicht mal „einfach so“, weder als Unternehmen noch als Privatperson. Sorgfältig wird selbst bei unbebauten Grundstücken geprüft, wie die Planungssituation aussieht, was sich in der Umgebung befindet, und ob unter der Erde möglicherweise Altlasten schlummern, die eines Tages wegen behördlicher Auflagen zu hohen Folgekosten führen. Sowohl die Preisbildung als auch die vertraglich vereinbarten Garantien hängen damit maßgeblich von Rechtsfragen ab.

Wie viel juristischen Sachverstand beim Grundstückskauf bisweilen nötig ist, zeigt eine kürzlich ergangene Entscheidung (Beschl. v. 24.2.2014, Az. 8 B 1011/13) des OVG Münster von Anfang dieses Jahres. Nicht nur Lage und Beschaffenheit des Grundstücks selbst, sondern auch die Rechtsstellung des Verkäufers ist ein wichtiger Faktor bei Verkaufsverhandlungen. Denn in dem im Februar entschiedenen Fall stellt der Senat klar, dass der Erwerber in die Rechtsstellung des Verkäufers einrückt, wenn es etwa darum geht, ob bestimmte Einwendungen noch erhoben werden können oder nicht.

Diese Klarstellung durch den 8. Senat hat praktisch erhebliche Auswirkungen, wenn in der Nähe eines Grundstücks, das veräußert werden soll, stark emittierende Anlagen errichtet werden sollen. Diese müssen – sofern sie in der Liste der genehmigungsbedürftigen Anlagen der 4. BImSchV auftauchen – immissionsschutzrechtlich genehmigt werden. In diesem Genehmigungsverfahren müssen gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG die Genehmigungsunterlagen öffentlich ausgelegt werden. Die Öffentlichkeit – also vor allem die möglicherweise belastete Nachbarschaft – muss ihre Einwendungen sodann bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Auslegung einbringen. Was bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgebracht wurde, darf auch später nicht mehr eingewandt werden. Selbst wenn die Einwände inhaltlich berechtigt gewesen wären, muss der belastete Nachbar die Zustände, die er nicht rechtzeitig moniert hat, hinnehmen. Handelt es sich, wie im entschiedenen Fall, um eine Massentierhaltungsanlage mit starken Geruchs-, Lärm- und Staubemissionen, dann stellt es damit einen kapitalen Rechtsnachteil dar, die Einwendungsfrist ganz oder teilweise verpasst zu haben.

Für den Grundstückskauf ist diese Konstellation ausgesprochen problematisch: Der Verkäufer hat an einer vollständigen, richtigen und rechtzeitigen Einwendung gegen das belastende Vorhaben in der Nachbarschaft kein Interesse. Denn wenn das Vorhaben realisiert wird, ist er ohnehin nicht mehr Eigentümer. Er muss ja nicht mit den negativen Auswirkungen leben. Umso interessierter ist dagegen der Käufer. Denn Wert und Nutzbarkeit seines neuen Grundstücks hängen ja maßgeblich davon ab, wie die Umgebung aussieht. Ist die Einwendungsfrist gegen das störende Vorhaben in der Nachbarschaft aber bei Erwerb schon abgelaufen, so ist er „zur Duldung verdammt“.

Zwar ist derzeit noch offen, ob sich auch im Hauptsacheverfahren und auch vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) diese sehr weitgehende Ansicht durchsetzt. Doch schon jetzt sollten die Parteien von Kaufverhandlungen über Grundstücke darauf achten, ob belastende Vorhaben in der Nachbarschaft geplant sind, und ob und wie hierzu vom Verkäufer Einwendungen eingebracht wurden. Versäumnisse an dieser Stelle mindern den Wert des Kaufgegenstands u.U. erheblich.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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