Das Regelungspaket zur Umsetzung der Industrieemissions-Richtlinie geht in die nächste Runde – das parlamentarische Verfahren

Am 23.5.2012 hat das Bundeskabinett das Regelungspaket zur Umsetzung der Industrieemissions-Richtlinie (2010/75/EU, Industrial Emissions Directive, IED, IE-Richtlinie) beschlossen (wir berichteten). Jetzt haben sich kurz vor der Sommerpause die Ausschüsse des Bundesrats dazu geäußert (BR-Drs. 314/1/12) .

Die Länder sorgen sich dabei vor allem über ihren mit den neuen Anforderungen der IED verbundenen finanziellen Mehraufwand. Sie schätzen den Erfüllungsaufwand deutlich höher ein, als vom Bundeskabinett im Gesetzesentwurf veranschlagt. Vor allem die neu begründeten Dokumentations- und Überwachungspflichten würden den Verwaltungsaufwand deutlich steigern. Ein wichtiger Hinweis, bei dem aber auch die Anlagenbetreiber nicht vergessen werden sollten. Denn auch sie werden mit Umsetzung der IED zum Teil tief in die Tasche greifen müssen.

Einigkeit besteht auf allen Seiten insoweit, als die Regelungen inhaltlich nicht über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgehen dürfen. Jedoch nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern auch darüber hinaus: Wie sonst sollte das mit der Richtlinie beabsichtigte Ziel, europaweit gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, sonst erreicht werden? Zu Recht fordern daher die Bundesratsausschüsse, ebenso wie schon zuvor die Verbände und Anlagenbetreiber, die Richtlinie 1:1 in deutsches Recht umzusetzen.

Viele Beschlüsse der Ausschüsse werden Verbände und Anlagenbetreiber deshalb begrüßen, etwa dass bislang nicht berücksichtigte Ausnahmetatbestände noch aufgenommen werden oder die Rückführungspflicht in den Ausgangszustand erst nach endgültiger Einstellung aller Tätigkeiten entstehen soll (vgl. § 5 Abs. 4 BImSchG-E). Positiv bewertet wird sicher auch die Forderung nach mehr Rechtsklarheit, beispielsweise im Hinblick auf bislang nicht ganz eindeutige Definitionen (vgl. z. B. § 3 Abs. 6c1 BImSchG-E) oder fehlende Fristen für die Ermächtigung des Bundesumweltministeriums, die nationalen Normen nach Veröffentlichung neuer BVT-Schlussfolgerungen anzupassen (vgl. z. B. § 48 Abs. 1a BImSchG-E). Änderungen, die zum Teil auch die Verbände bereits gefordert hatten.

Aber nicht in allen Punkten werden die Forderungen der Bundesratsausschüsse auf Zustimmung stoßen. Denn geht es nach ihnen, soll auch den Anlagenbetreibern einiges mehr aufgebürdet werden. So sollen nach dem Änderungsvorschlag die Landesbehörden dazu ermächtigt werden, Anlagenbetreibern zur Gewährleistung der Rückführungspflicht in den Ausgangszustand eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen (vgl. z. B. § 12 Abs. 1 Satz 3 BImSchG-E). Übersetzt bedeutet das: Anlagenbetreiber sollen bei der Errichtung von Neuanlagen bereits in Vorkasse gehen, weil die wage Vermutung besteht, dass die Anlage in 20 bis 30 Jahren eventuell stillgelegt wird und dann möglicherweise, aber auch nur möglicherweise, Rückführungen in den Ausgangszustand erforderlich sind. Derart weitreichende finanzielle Lasten können Anlagenbetreibern unmöglich aufgebürdet werden.

Verbände und Anlagenbetreiber dürften daneben auch die Forderung der Ausschüsse nach mehr Eigenüberwachung durch die Anlagenbetreiber (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 5 BImSchG-E) kritisch betrachten. Eine Selbstverständlichkeit, die aber genau aus diesem Grund schon jetzt im BImSchG im Rahmen der Grundpflichten angesiedelt ist. Weiterreichender Pflichten bedarf es nicht. Oder wollen sich die Länder hier etwa aus ihrer eigenen Überwachungsverantwortung stehlen?

Am 6.7.2012 wird der Bundesrat und – nach der Gegenäußerung der Bundesregierung – am 15.10.2012 der Bundestag über das Regelungspaket entscheiden. Einstweilen hat sich das BMU schon einmal außerhalb der Gegenäußerung der Bundesregierung gemeldet und den Ländern (genauer ihren Umweltsressorts und Staatskanzleien)  in einem Schreiben vom 27.6.2012 noch einmal seine Sicht auf die Dinge mitgeteilt. Die Nr. 13, 10, 9 der Vorschläge des Wirtschaftsausschusses sowie die Nr. 49 und 22 der Vorschläge des Umweltausschusses (BR-Drs. 314/1/12) jedenfalls möge man bitte überdenken und sich dafür einsetzen, dass sich der Bundesrat deren Inhalt nicht zu eigen macht.

Fortsetzung folgt …

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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