Die Zukunft des Verkehrssektors im internationalen Emissionshandel – Teil 1: Der Seeverkehr

(c) BBH
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Der Seeverkehr ist zurzeit für etwa 3,3 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wenn die Weltwirtschaft und die damit verbundenen Transportnachfrage dynamisch wächst, könnte dieser Wert nach Schätzungen von Experten innerhalb der nächsten 34 Jahre auf 5 Prozent steigen. Dabei ließen sich nach Angaben der Europäischen Kommission die Emissionen von Schiffen durch betriebliche Maßnahmen und den Einsatz verfügbarer Technologien um bis zu 75 Prozent senken. Trotzdem bestehen für den Seeverkehr bislang keine internationalen Vereinbarungen über verbindliche Minderungsziele und -instrumente.

Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung könnte nun aber getan sein. Auf der 70. Sitzung des Marine Environment Protection Committee (MEPC 70) der International Maritime Organization (IMO) vom 24.10.2016 bis 28.10.2016 in London haben sich Vertreter der weltweit größten Reedereien darüber ausgetauscht, wie die Treibhausgasemissionen in ihrem Sektor gemindert werden können. Im Ergebnis hat man sich auf folgende Punkte verständigt:

  1. Einführung eines verbindlichen Datenerfassungssystem für den Kraftstoffverbrauch von Schiffen
  2. Verabschiedung einer ersten, aber umfassende IMO-Strategie zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen von Schiffen im Jahr 2018
  3. Einführung einer weltweiten Begrenzung des Schwefelgehalts des Treibstoffs auf max. 0,5 Prozent zum 1.1.2020

Für die Europäische Union dürften diese Vereinbarungen ein wichtiger Baustein für die Fortentwicklung der europäischen Klimaschutzpolitik im Bereich des Schiffsverkehrs sein. Das bereits 2013 erklärte Ziel der Europäischen Union (EU) ist ein globales System zur Reduktion von CO₂-Emissionen im Seeverkehr. Die Europäische Kommission spricht sich in ihrer Mitteilung über die Einbeziehung der Seeverkehrsemissionen in die Maßnahmen der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen vom 28.6.2013 für ein globales Vorgehen unter der Schirmherrschaft der IMO aus. Gleichzeitig verzichtet sie bislang darauf, auf europäischer Ebene eigenständige Minderungsziele festzuschreiben, und betont statt dessen die Bedeutung eines schrittweisen Vorgehens hin zu einer globalen Vereinbarung. Die 2015 verabschiedete Verordnung über die Überwachung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr (VO (EU)2015/757) sieht als ersten Schritt hin zu konkreten Sektorzielen und marktbasierten Maßnahmen vor, die CO₂-Emissionen von Schiffen ab dem Jahr 2018 systematisch zu überwachen (Monitoring, Reporting, Verification – MRV) .

Betroffen sind Schiffe, die EU-Häfen anlaufen oder von dort ablegen und eine Bruttoraumzahl von über 5.000 haben. Flagge und die Eintragung ins Seeschiffregister sind unerheblich. Ausgenommen sind Fischereischiffe, Kriegsschiffe, Flottenhilfsschiffe, Schiffe einfacher Bauart aus Holz, Schiffe ohne Maschinenantrieb und staatliche Schiffe, die für nichtgewerbliche Zwecke verwendet werden. Bis zum 30.8.2017 sind die Schifffahrtsunternehmen aufgerufen, ein Monitoringkonzept für jedes Schiff zu erstellen, das anschließend durch eine akkreditierte Prüfstelle bestätigt werden muss. Am 1.1.2018 beginnt die Überwachung der Emissionen der Schiffe auf Grundlage dieser Monitoringpläne. Die Überwachung erfolgt auf Jahresbasis. Das Ergebnis der Überwachung ist jeweils zum 30.4. des Folgejahres als Emissionsbericht der Kommission und der zuständigen Flaggenstaatbehörde vorzulegen. Auch dieser Bericht ist von einer zugelassenen Prüfstelle zu bestätigen. Soweit der Emissionsbericht den Anforderungen der VO (EU)2015/757 entspricht, vergibt die Prüfstelle eine Konformitätsbescheinigung. Diese muss ab dem 30.9.2019 an Bord mitgeführt werden. Die Kommission veröffentlicht jeweils zum 30.6. eines Kalenderjahres die Emissionsberichte und weitere Angaben, wie CO₂-Emissionen pro Jahr, Kraftstoffverbrauch insgesamt pro Jahr, durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch pro Jahr und CO₂-Emissionen je zurückgelegte Strecke, insgesamt pro Jahr auf See verbrachte Zeit für Fahrten, technische Effizienz des Schiffs etc.

Das von der EU vorgeschlagene MRV-System sollte nach den Vorstellungen der Kommission als Vorbild in die IMO-Diskussionen einfließen und den IMO-Prozess vorantreiben. Sobald ein vergleichbares MRV-System auf globaler Ebene errichtet ist, soll das EU-System gegebenenfalls angeglichen werden.

Die Ergebnisse der 70. Sitzung des MEPC weisen nun in die Richtung eines solchen globalen MRV-System im Schifffahrtssektor. Genauere Details zur Ausgestaltung sind Mitte 2017 nach der 71. Sitzung des MEPC zu erwarten. Dann wird sich womöglich herauskristallisieren, ob und in welchem Zeithorizont sich auch das Ziel der Kommission realisieren lässt, den Emissionen des internationalen Schiffsverkehrs auch mit konkreten Minderungszielen und marktbasierten Instrumenten zu begegnen.

Ansprechpartner:  Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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