Mögliche Änderung der AVBFernwärmeV: Ein Sieg für Verbraucherschutz?

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In seiner Mammutsitzung vor der Sommerpause hat der Bundesrat auch eine Änderung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) auf den Weg gebracht. Die Änderungsvorschläge sollen – so der erklärte Wille in der Begründung – dem Verbraucherschutz dienen.  Doch vor allem zwei Änderungsüberlegungen sind problematisch: Sie gehen einseitig zulasten der Versorgungsunternehmen und könnten sich so negativ auf die Kunden auswirken.

Einseitiges Recht zur Leistungsreduzierung für die Kunden

Die notwendige Einführung der Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung (FFVAV) nutzte der Bundesrat, um eine aus seiner Sicht notwendige Reform der AVBFernwärmeV auf den Weg zu bringen. Der erste Vorschlag greift dabei unmittelbar in das Vertragsverhältnis ein. Künftig sollen Kunden ohne Angabe von Gründen die vertraglich bestellte Leistung einseitig um 50 Prozent reduzieren können. Dies auch sehr kurzfristig. Plant der Kunde eine Wärmeerzeugung unter Einsatz von Erneuerbaren Energien, kann er sich sogar gänzlich von dem Wärmelieferungsvertrag lösen. Wohlgemerkt sieht der Entwurf nur eine Planung vor. Ob der Kunde anschließend tatsächlich eine entsprechende Versorgung mit Erneuerbarer Energie vornimmt, ist dann nicht mehr Inhalt der Norm. Entsprechend fehlt es an einem Prüfungsrecht des Wärmeversorgers, ob der Plan auch wirklich umgesetzt wurde. 

Mit dem Vorschlag löst sich der Gesetzgeber von dem zivilrechtlichen Grundsatz pacta sunt servanda. Der Kunde kann eine Leistung bestellen und sich später entscheiden, diese nicht mehr zu wollen. Hier schützt man den Verbraucher allein vor sich selbst. 

Auf diese Möglichkeit der plötzlichen Leistungsreduzierung muss sich das Fernwärmeversorgungsunternehmen (FVU) vorbereiten. Mit der Reduktion der Leistung reduzieren sich die Fixkosten des Versorgers nicht. Diese wird er dann anders verteilen müssen: entweder durch Entwicklung neuer Preismodelle oder durch Weitergabe der Kosten auf andere Kunden.

Keine Änderung der Preisanpassungsklauseln durch öffentliche Bekanntmachung

Verbraucherschützern war es schon seit langer Zeit ein Dorn im Auge, dass FVU nach der AVBFernwärmeV Preisänderungsklauseln einseitig durch öffentliche Bekanntmachung anpassen können. Diese Möglichkeit möchte der Bundesrat beenden. Hierbei bleibt aber außer Acht, dass sich während der – weiterhin zulässigen – langen Laufzeit eines Fernwärmevertrages einiges ändern kann, was die Anpassung der Preisänderungsklausel notwendig machen kann. 

Auch hier werden sich die FVU überlegen müssen, wie sie damit umgehen sollen und wie das entstehende Risiko abgebildet werden kann. Es lässt sich bezweifeln, dass es für die Kunden günstiger wird. 

Veröffentlichungen im Internet und auf den Rechnungen 

Geplant ist weiter, dass die FVU auf der Homepage ihre Vertragsbedingungen und weitere Informationen veröffentlichen und die Rechnung deutlich umfangreicher gestalten müssen. Für die Kunden erhöht das die Transparenz und ist sicher begrüßenswert. Leider hat der Bundesrat an dieser Stelle nicht den großen Schritt gemacht und die öffentliche Bekanntmachung in Printmedien komplett zugunsten der Bekanntmachung im Internet gestrichen. 

Wie geht’s weiter?

Jetzt ist die Bundesregierung am Zug. Sie muss entscheiden, ob sie die Änderungen befürwortet. Stimmt sie nicht vollständig zu, ist das Reformvorhaben gescheitert und muss von vorne begonnen werden.

Was aber deutlich wird ist, dass die AVBFernwärmeV einen Reformprozess durchlaufen wird. Ob dies dann eine Ergänzung zu den jetzigen Änderungen sein wird oder aber ein komplett neuer Aufschlag, wird abzuwarten sein. Eine Reform kann allerdings nur dann sinnvoll durchgeführt werden, wenn das Regelwerk und die Wechselwirkungen der einzelnen Normen beachtet werden.

Ansprechpartner*innen: Stefan Wollschläger

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