Startschuss zur Destatis-Umbasierung auf Basisjahr 2020: Folgen für die Preisgleitklauseln

In der Regel alle fünf Jahre passt das Statistische Bundesamt (Destatis) seine veröffentlichten Indizes auf neue Basisjahre an die Kostenveränderungen in verschiedenen Wirtschaftsbereichen über einen bestimmten Zeitraum an. Am 28.5.2021 wurde mit der Umbasierung der Indizes für Tarifverdienste (Fachserie 16 Reihe 4.3) die Umbasierung auf das Basisjahr 2020 eingeläutet. Die turnusmäßigen Umbasierungen und Veränderungen dieser Indizes kann große Auswirkungen auf die Rechtskonformität von Wärmelieferverträgen einzelner Fernwärmeversorger haben.

Was ist die Umbasierung?

Sowohl Fernwärmeversorger als auch Contractoren nutzen sog. Preisgleitklauseln, um veränderte Kosten bei der Bereitstellung von Wärme an ihre Kunden weitergeben zu können. Diese Preisgleitklauseln beinhalten oftmals die Indizes des Statistischen Bundesamtes, wobei die turnusmäßige Umbasierung den in vielen Wirtschaftszweigen dynamischen Markt repräsentativ abbilden soll.

Die Preisindizes des Statistischen Bundesamtes werden anhand eines sog. Wägungsschemas als gewichteter Mittelwert mehrerer Teilindizes der einzelnen Güterbereiche berechnet. Dabei bilden die Wägungsschemata die Bedeutung der einzelnen Güterbereiche für die Grundgesamtheit der jeweiligen Preisindizes ab. Güterbereiche mit hohen Umsätzen haben so eine entsprechend hohe Gewichtung in den jeweiligen Preisindizes. Um die Preisentwicklung über einen bestimmten Zeitraum darstellen zu können, werden diese Gewichtungen in der Regel nur alle fünf Jahre mit den Umbasierungen der Preisindizes aktualisiert.

Zur turnusmäßigen Veröffentlichung der Ergebnisse der quartalsmäßigen Lohnindizes für das erste Quartal 2021 fand erstmals die Umstellung auf das neue Basisjahr 2020 = 100 statt. Die Umbasierung gilt dabei für die monatlichen, vierteljährlichen und jährlichen Zeitreihen der Tarifindizes. Ab sofort liegen die Indizes der Tarifverdienste mit dem Basisjahr 2015 = 100 bis zum Jahr 2019 vor. Die Indizes ab dem Jahr 2020 wurden neu berechnet und ersetzen die bis 2020 veröffentlichten Ergebnisse. Alle Indizes bis zum Jahr 2019 wurden dabei mittels sog. Verkettungsfaktoren auf das neue Basisjahr umgerechnet. Dieser Verkettungsfaktor funktioniert dabei als Faktor, mit dem die Indizes mit dem Basisjahr 2015 = 100 multipliziert werden müssen, um Indizes mit dem Basisjahr 2020 = 100 zu erhalten. Er wird durch die Division von 100 durch den Jahresdurchschnitt des Jahres 2020 auf der Basis 2015 = 100 ermittelt.

Wann die Umbasierung der für Wärmeversorger ebenso relevanten Erzeugerpreisindizes stattfindet, hat das Statistische Bundesamt bisher nicht kommuniziert. Bei der letztmaligen Umbasierung auf das Basisjahr 2015 = 100 fand die Umbasierung der Erzeugerpreisindizes im Jahr 2018 und etwa ein Jahr nach der Umbasierung der Tarifindizes statt.

Was bedeutet das für Preisgleitklauseln?

Die Indizes der Tarifverdienste spielen für Fernwärmeversorger und Contractoren dabei eine große Rolle. Oft sind sie nämlich Bestandteil von Preisgleitklauseln für den Wärmepreis, welche die Entwicklung der Kosten zur Bereitstellung von Fernwärme und die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt bei Preisanpassungen berücksichtigen. Für Fernwärmeversorger schreibt § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV dies sogar vor.

Für die Wärmelieferanten stellt sich die Frage, ob sie Anpassungen an ihren Preisbestimmungen und Preisgleitklauseln vornehmen müssen, und wie sie in solchen Fällen mit betroffenen Kunden umgehen müssen. Wird bei der Überprüfung deutlich, dass die Preisbestimmung nicht mehr den rechtlichen Vorgaben entspricht, dann empfiehlt sich deren grundsätzliche Überarbeitung – was ohnehin alle 5 Jahre geschehen sollte. Für eine rechtssichere Einschätzung ist aber eine Einzelfallprüfung der jeweiligen Vertragsgestaltung notwendig.

Ansprechpartner*innen BBHC: Roland Monjau/Felix Hoppe
Ansprechpartner*innen: BBH: Stefan Wollschläger/Ulf Jacobshagen

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