Aufgepasst! Abmahnungsgefahr bei Werbung für Leitungswasser

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„Unser Leitungswasser ist gesund und gut und liefert Mineralien wie (…)“: mit solchen Slogans beschreiben nicht wenige Wasserversorger ihr Produkt auf der eigenen Homepage oder in Werbematerialien. Wie das Produkt Wasser beworben und dargestellt wird, hat aktuell die Aufmerksamkeit eines Verbandes der Mineralwasserbrunnen dazu bewogen, einen genaueren Blick auf die Selbstdarstellung der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz zu werfen. Ist das wettbewerbsrechtlich in Ordnung, was die Wasserversorger da treiben?

Die Vorschriften, um die es dabei geht, sind nicht jedem Wasserversorger zwangsläufig geläufig. Es handelt sich um die sogenannte Health-Claims-Verordnung (HCVO), die nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben europaweit einheitlich regelt. Die Verordnung gilt im Grundsatz auch für Trinkwasser, weshalb sich jeder Wasserversorger hiermit beschäftigt haben sollte. Viele von ihnen haben aber die Einführung der HCVO und die mit dieser einhergehenden Veränderung des Regimes nicht oder nur teilweise mitbekommen. Während nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben früher grundsätzlich erlaubt und regelmäßig nur den lebensmittel- und wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen des Irreführungsverbots unterworfen waren, sind solche Angaben heute nach den Art. 8 ff. HCVO zulassungspflichtig und unterliegen einem generellen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Dementsprechend ist bei der Verwendung solcher Angaben besondere Vorsicht geboten.

Bei der HCVO geht es, wie bei vielen anderen EU-Verordnungen auch, um Verbraucherschutz. Der Gesetzgeber sieht grundsätzlich die Gefahr, dass bei der Bewerbung mit Nährstoffen und anderen Substanzen (z. B. Vitamine, Mineralstoffe, essenzielle Fettsäuren) bei Verbrauchern die Vermutung entsteht, dass diese gesünder sind als ähnliche oder andere Produkte, und der Verbraucher dadurch zu einer Entscheidung gebracht wird, für die wissenschaftlich nichts spricht. Daher darf nur mit Angaben geworben werden, die in einem Gemeinschaftsregister (EU Register of nutrition and health claims made on foods) aufgenommen wurden.

Selbst für das Lebensmittel „Trinkwasser“, das nach der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) ohnehin schon höchsten gesetzlichen Anforderungen unterliegt, gilt es die zahlreichen und mitunter nicht gleich offensichtlichen Vorgaben der HCVO zu beachten. So darf beispielsweise mit dem Vorhandensein von Mineralien nur geworben werden, wenn diese in einer ausreichenden bzw. signifikanten Konzentration vorkommen oder gesundheitliche Wirkungen haben, wobei man sich an die im Gemeinschaftsregister zugelassenen Formulierungen halten muss.

Das aktuelle Vorgehen des Verbandes macht es deutlich: Bei der Darstellung des Produktes Wasser reicht es nicht, nur die bekannten wasserrechtlichen Erfordernisse zu beachten, allen voran die Vorgaben der Trinkwasserverordnung zur Beschaffenheit des Trinkwassers. Auch auf die lebensmittel- und gesundheitsrechtlichen Erfordernisse, etwa der der HCVO, kommt es an. Wer gegen diese Pflichten verstößt, muss mit Abmahnungen von Wettbewerbern rechnen, die oftmals viel Zeit und Geld kosten.

Ansprechpartner: Daniel Schiebold/Stefan Wollschläger/Beate Kramer

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