Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren

Die neue Bundesregierung hat – auch vor dem Hintergrund der Energiekrise – alle Hände voll zu tun, um die Klimaziele doch noch zu erreichen. Ein Teil davon soll ermöglicht werden, indem die Planungs- und Genehmigungserfahren für Anlagen im Bereich Erneuerbare Energien (EE) deutlich beschleunigt werden. Derzeit dauert es noch viel zu lange, bis Windräder, Solaranlagen oder andere EE-Anlagen genehmigt werden.

Planungs- und Genehmigungsverfahren – Was plant der Bund?

Am 17.11.2022 haben sich die Chefs des Bundeskanzleramts mit den Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder in Berlin getroffen, um einen Pakt für Planungs- und Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern zu schließen. Der Bund hat einen entsprechenden Beschlussvorschlag unterbreitet, um die zentralen Voraussetzungen für die notwendigen Transformationsprozesse in Deutschland umzusetzen. Begründet wird der Beschluss damit, dass Projekte deutlich schneller realisiert werden müssen, um das Land zu transformieren und krisenfest zu machen, das Energiesystem umzubauen, Erneuerbaren Energien sowie die Stromnetze auszubauen und die Digitalisierung und Transformation der Wirtschaft voranzutreiben. Dabei sollen Bund und Länder gemeinsam das Ziel verfolgen, den formellen und materiellen Prüfungsumfang auf das erforderliche Maß zu reduzieren. Es soll auf eine frühzeitige Kommunikation zwischen den Vorhabenträgern und Behörden sowie den Bürgern und Umweltverbänden hingewirkt werden. So können frühzeitig Probleme erkannt und ggf. ausgeräumt werden. Eine weitere Zeitreduzierung soll durch Ausweitung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens und Erweiterung von bloßen Anzeige- statt umfangreichen Genehmigungsverfahren erfolgen. Verfahren und Anforderungen sollen standardisiert, Bagatellschwellen bei der UVP-Pflicht eingeführt werden, und und und. Die Pläne des Bundes und der Länder umfassen eine Vielzahl von Maßnahmen und Gesetzesänderungen, um die Anforderungen für die Vorhabenträger und die Umsetzung zu erleichtern.

Neben dem Bund-Länder-Paket wird aktuell ein weiterer „Beschleunigungshebel“ auf nationaler Ebene bedient: Am 30.11.2022 veröffentlichte die Bundesregierung einen Entwurf für ein Gesetz zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren im Infrastrukturbereich. Für Verfahren mit einer hohen wirtschaftlichen oder infrastrukturellen Bedeutung – darunter fällt insbesondere der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der entsprechend erforderlichen Stromnetze – soll die verwaltungsgerichtliche Verfahrensdauer reduziert werden, nicht zuletzt durch eine Verschärfung und Ausweitung der innerprozessualen Präklusion von Einwendungen Dritter. Ebenso sollen höhere Anforderungen an die Anordnung oder die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines gegen die Genehmigung gerichteten Rechtsbehelfs gestellt werden.

Pläne der EU

Auch auf EU-Ebene gibt es Vorschläge für die Beschleunigung des Einsatzes erneuerbarer Energiequellen. Die Kommission hat hierzu am 9.11.2022 nach Aufforderung des Europäischen Rates einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates unterbreitet, der ebenfalls darauf abzielt, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen möglichst bald zu beenden. Der Vorschlag sieht eine

„sofortige Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungserteilung für die Installation von Solaranlagen auf künstlichen Strukturen, das Repowering von Kraftwerken zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen sowie zur Erleichterung eines schnelleren Einsatzes von Wärmepumpen vor“.

Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien soll der Status eines überwiegenden Interesse zukommen, Solaranlagen auf Gebäuden und (Umwelt-)Wärmepumpen und Erdwärmepumpen sollen innerhalb kurzer Zeit (ein bzw. drei Monate) genehmigt werden. Wie, lässt die Kommission jedoch offen.

Der Vorschlag ist als befristete Notfallmaßnahme konzipiert. Er gilt zunächst für ein Jahr und deckt damit die Zeit ab, die in den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie benötigt wird. Wird der Vorschlag so vom Rat angenommen, tritt er umgehend in Kraft und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Der Rat hat schließlich am 21.11.2022 einen überarbeiteten Entwurf vorgelegt, der gravierende Änderungen am Vorschlag der Kommission vorsieht. Die Änderungen (teils positiv, teils negativ auf Erneuerbare Energien) sollen das Ergebnis einer Konsultation der Vertreter der Mitgliedstaaten am 18.11.2022 sein und z.B. vorsehen, dass die Verordnung 18 Monate statt 12 Monate gelten soll. Außerdem will der Rat einen zusätzlichen Art. 1a einfügen, der den Staaten die Möglichkeit einräumt, den Geltungsbereich der Verordnung z.B. für bestimmte Gebäude einzuschränken. Der Energieminister-Rat hat nun am 24.11.2022 den finalen Entwurf beschlossen, damit dieser ohne Zustimmung des Europäischen Parlaments direkt zum Jahreswechsel in Kraft treten kann. Der Rat hat angekündigt, dass er die Verordnung so schnell wie möglich förmlich annehmen will.

Der ITRE-Ausschuss des EU-Parlaments hat am 14.11.2022 über einen Bericht abgestimmt, der darauf abzielt, die Errichtung von Erneuerbare-Energien-Anlage durch einfachere Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Der wichtigste Punkt war dabei die Verkürzung der maximalen Genehmigungsdauer von 12 auf 9 Monate. Das Genehmigungsverfahren soll dabei alle administrativen Schritte für Bau, Repowering und Betrieb von Anlagen umfassen, außerdem die Speicherung, den Anschluss an das Netz und die Integration in Wärme- und Kältenetze.

Die kommenden Entwicklungen bleiben abzuwarten. Ein weiteres Problem stellen allerdings die anhängigen Klagen gegen Anlagen dar. In Hessen beispielsweise wird ein erheblicher Teil der Windenergieprojekte beklagt. Doch dies ist ein ganz anderes Thema.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Andreas Große/Carsten Telschow/Nelly Arnold

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