Richterhammer, Hände, Papiere

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die Gesetzesvorhaben der Ampel für den Ausbau der Erneuerbaren warten auf ihre Umsetzung 

So richtig durchgesetzt hat sich der Begriff der „Arbeitskoalition“ (Friedrich Merz) nicht. Auch der der „Einfach-mal-machen-Koalition“ (Carsten Linnemann) war schnell vergessen. Dabei wären beide Namen gar nicht so verkehrt, wenn man an die Gesetzesvorhaben denkt. Diese wollte die vorherige Regierung für den Ausbau der erneuerbaren Energien umsetzen. Allerdings wurde sie daran durch das Ampel-Aus im November letzten Jahres gehindert. Diese Entwürfe unterliegen dem Grundsatz der Diskontinuität. Das sollte die neue Regierung aber nicht am „Einfach-mal-Machen“ hindern. Also sprich daran, die Vorhaben erneut ins Gesetzgebungsverfahren zu bringen. So kann man einer einsetzenden Unsicherheit innerhalb der Erneuerbare-Energien-Branche entgegenwirken. 

Welche Gesetzesvorhaben das sein werden, deutet sich im Sofortprogramm der Bundesregierung vom 29.5.2025 an:  

Umsetzung der RED III: Die Frist ist bereits „gerissen“  

Am 21.5.2025 endete die Frist, innerhalb derer Deutschland die Vorgaben der RED III, also der aktuellen Fassung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie, hätte umsetzen müssen. 

Das Umsetzungsgesetz der Ampelkoalition hatte sich zum Ziel gesetzt, die regulatorischen Rahmenbedingungen gemäß den europäischen Vorgaben zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dies betrifft die Windenergie an Land, die Solarenergie und Energiespeicher am selben Standort. Dafür sollten insbesondere die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Prüfung naturschutzrechtlicher Verträglichkeit nach § 34 BNatSchG vereinfacht werden. Auch die artenschutzrechtliche Prüfung und die Prüfung zur Vereinbarkeit mit den wasserhaushaltsrechtlichen Bewirtschaftungszielen sollte vereinfacht werden. Dass die neue Regierung die Richtlinie noch vor der Sommerpause in deutsches Recht umsetzt, erscheint nun nicht mehr realistisch. Umso höhere Priorität sollte das Vorhaben für den frühen Herbst haben. Andernfalls drohen erhebliche Verwerfungen, vor allem in den Zulassungsverfahren für Windenergieanlagen an Land. 

BauGB Novelle: Weitere Planungs(un)sicherheit für Vorhabenträger? 

Der Gesetzentwurf zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung sollte eigentlich Anfang 2025 in Kraft treten. Ein zentrales Element der geplanten Reform war, den § 249 BauGB um einen neuen Absatz 5a zu ergänzen. Dadurch sollte verhindert werden, dass die Veränderungssperre (§ 14 BauGB) im Rahmen eines ausgewiesenen Windenergiegebiets angewandt werden können. Diese Veränderung könnte zu erheblichen Verzögerungen führen. Auch die Zurückstellung von Baugesuchen (§ 15 BauGB) wird im Rahmen eines Windenergiegebiets problematisch. Ob und in welchem Umfang die BauGB-Novelle erneut aufgegriffen wird, bleibt gegenwärtig ungewiss. Sie ist nicht im Sofortprogramm genannt. 

EnWG-Novelle: Teilerfolg im Februar 2025  

Die Ampelkoalition hatte noch vor ihrem Amtsabtritt Fragmente des ursprünglich geplanten Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts auf den Weg gebracht. Dies betrifft den Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung. Die Reformen enthalten unter anderem Regelungen im Bereich des Netzanschlusses. So wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Netz- und Anlagenbetreiber Netzanschlussvereinbarungen zur Überbauung von Netzanknüpfungspunkten treffen können. Neu ist auch, dass ein Netzverknüpfungspunkt ausgewählt werden kann. Dieser wäre entweder ohne Beschränkung der Netzanschlussleistung nicht zugänglich oder erst nach einer Netzertüchtigung. Dadurch soll der Netzanschlussprozess insgesamt beschleunigt werden.  

Es bleiben aber Aufgaben: Insbesondere ist weiterhin weder das Netzanschlussverfahren für Batteriespeicher harmonisiert noch die Privilegierung der Batteriespeicher im sog. Außenbereich geregelt. Der Koalitionsvertrag erkennt zwar die Bedeutung der Energiespeicher als überragendes öffentliches Interesse an. Er sieht vor, diese im Zusammenhang mit privilegierten Erneuerbare-Energien-Anlagen zu privilegieren. Es könnte daher auf eine „mitgezogene“ Privilegierung hinauslaufen. Dabei wären Batteriespeicher nur direkt neben Wind- und Solaranlagen im Außenbereich zulässig. Ob das reicht und dem Bedarf an einem Speicherzuwachs hinreichend Rechnung trägt, ist offen. Offen ist auch, wann der Gesetzentwurf in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden wird. 

Wärmewende mittels Geothermie, Wärmepumpen, Wärmespeicher und Wärmeleitungen 

Mit dem Entwurf des Gesetzes zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren sollen einige Maßnahmen getroffen werden. Dazu gehört die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern. Auch sollen rechtliche Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung geändert werden. Der Grundsatz des überragenden öffentlichen Interesses für Anlagen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Geothermie sowie für Wärmepumpen und Wärmespeicher soll normiert werden. Verschiedene Verfahrensvereinfachungen werden geregelt

Ein Gesetzentwurf mit ähnlicher Stoßrichtung und vermutlich weiteren Vorschlägen ist angekündigt und dürfte auf recht breite Zustimmung stoßen. 

Beschleunigung der Genehmigung von Wasserstoffinfrastruktur 

Geht es nach dem Sofortprogramm, sollen neben dem Ausbau der Geothermie etc. auch die Genehmigungsvorhaben für die Wasserstoff-Infrastruktur beschleunigt werden. Hierzu könnte ebenfalls ein Entwurf aus der vorangegangenen Legislaturperiode als Vorlage dienen. Der Entwurf des Gesetzes zur Beschleunigung der Verfügbarkeit von Wasserstoff ist besonders relevant. Es sah Verfahrenserleichterungen vor und ordnete die Erzeugung, Anlandung und Verteilung von Wasserstoff als im überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit ein. Der Anfang ist also gemacht.

Vorsichtig optimistischer Blick in die Zukunft 

Der Bruch der Ampel hat einige wichtige Gesetzesvorhaben ausgebremst. Die Entwürfe gibt es aber noch. Dies lässt trotz Diskontinuität hoffen, dass die Gesetzgebungsverfahren zügig fortgesetzt werden. So kann man der „Verantwortung für Deutschland“ (wie der Koalitionsvertrag betitelt ist) nachkommen. Möglich und vor allem nötig wäre dies.  

Ansprechpartner:innen: Andreas Große/Christine Kliem/Joshua Hansen/Julia Ludwig  

Weitere Ansprechpartner:innen: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Dr. Wieland Lehnert/Christoph Lamy

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