BGH: Technologiebonus nur noch für den durch ORC-Anlagen erzeugten Strom
Mit Urteil vom 12.11.2024 hat der BGH eine richtungsweisende Entscheidung bezüglich des sog. Technologiebonus nach § 8 Abs. 4 EEG 2004 getroffen: für Strom, der in einer in Kraft-Wärme-Kopplung betriebenen und mit einer Organic-Rankine-Anlage (ORC-Anlage) ausgestatteten Biomasseanlage produziert wird, muss der Technologiebonus laut BGH ausschließlich für den unmittelbar in der ORC-Anlage erzeugten Stromanteil gewährt werden.
Hintergrund der Entscheidung
Der BGH entschied über die Klage einer Betreiberin einer mit einer ORC-Anlage ausgestatteten Biogasanlage gegen eine Netzbetreiberin. Die Anlagenbetreiberin forderte, dass der Technologiebonus für den gesamten Strom, den ihre Biogasanlage produziert, gezahlt werden solle. Diesem Anliegen erteilte der BGH mit seiner Entscheidung nun eine Absage. Er hat damit die in den letzten Jahren in Wissenschaft und Rechtsprechung geführte Diskussion um diese Frage beendet.
Zur Erläuterung: Eine ORC-Anlage nutzt die Abgaswärme von Blockheizkraftwerken, um Strom zu produzieren. Der Technologiebonus nach § 8 Abs. 4 EEG 2004 sieht eine erhöhte Vergütung von 2 Cent pro Kilowattstunde vor, wenn für die Stromerzeugung innovative Technologien wie die ORC-Technologie eingesetzt werden.
Kern der Entscheidung
Zunächst stellt der BGH klar, dass sich die Vergütung einer Anlage stets nach denjenigen Regelungen richtet, die zum Zeitpunkt gegolten haben, zu dem die Anlage in Betrieb genommen wurde. Spätere Veränderungen an der Anlage sind für die Vergütung insofern unbeachtlich.
In Hinblick auf den Wortlaut von § 8 Abs. 4 EEG 2004 führt der Senat aus, dass zwischen den beiden Voraussetzungen der Vorschrift zu unterscheiden ist. Zwar lasse die erste Voraussetzung – die Produktion des Stroms in einer Anlage, in der die eingesetzte Energie sowohl in elektrische Energie als auch in Nutzwärme umgewandelt wird – nicht klar erkennen, ob der Technologiebonus für den gesamten oder nur für den durch die ORC-Anlage erzeugen Strom anfällt. Bereits mit Blick auf die Formulierung der zweiten Voraussetzung, nach der „der Strom“ „mittels“ einer ORC-Anlage gewonnen werden muss, werde aber deutlich, dass die Vorschrift differenziere. Zum einen beziehe sie sich auf Strom, der durch die gesamte Anlage produziert wird und zum anderen auf Strom, der nur durch die ORC-Anlage erzeugt wird. Bereits diese Differenzierung legt nahe, dass der Technologiebonus lediglich für den mittels innovativer Technologien erzeugten Strom gezahlt werden muss.
Weder aus der Systematik der Regelung noch den Gesetzesmaterialien ergebe sich zweifelsfrei, welche Strommengen durch den Technologiebonus gefördert werden sollen. Dass der Bonus beschränkt werden müsse, könne jedoch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift abgeleitet werden, der sich wiederum aus den Gesetzesmaterialen ergebe. Mit dem § 8 Abs. 4 EEG 2004 wollte der Gesetzgeber innovative Technologien bei der Verstromung von Biomasse fördern. Durch den Technologiebonus sollte ein spezifischer Anreiz für die Verwendung solcher Technologien gesetzt werden, die damals mit höheren Kosten verbunden waren und zudem deutlich weniger genutzt wurden als herkömmliche Verbrennungstechniken (BT-Drs. 15/2327, S. 17, 30). Gleichzeitig sollten aber keine Mitnahmeeffekte ausgelöst werden (BT-Drs. 15/2327, S. 29).
Dass der so geschaffene Anreiz geringer ist als bei der Förderung des gesamten in der Anlage produzierten Stroms, ist dem Senat zufolge hinzunehmen. Dafür spreche bereits, dass die Gesetzesbegründung keine Angaben enthält, wie stark der Anreiz sein soll.
Zusatzvergütung als genereller Ansatz für die Verwendung innovativer Technologien
Ein weites Verständnis der Vorschrift, also eine Bonuszahlung für den in der gesamten Anlage erzeugten Strom, widerspräche demnach dem Zweck des Gesetzes. Das wird einerseits dadurch deutlich, dass eine „spezifische“ Förderung innovativer Technologien erreicht und andererseits Mitnahmeeffekte vermieden werden sollten. Im Hinblick auf die installierte Leistung von ORC-Anlagen, die regelmäßig maximal 10 bis 15 Prozent von der gesamten Anlage beträgt, würde ansonsten ganz überwiegend der mit herkömmlichen Technologien produzierte Strom gefördert werden – und eben nicht jener Strom, der durch innovative Technologien produziert wird. Darüber hinaus spricht auch eine Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf gegen ein weites Verständnis der Vorschrift. So sollte die Zusatzvergütung einen generellen Anreiz für die Verwendung innovativer Technologien schaffen. Eine Garantie für eine in jedem Fall kostendeckende Stromerzeugung mit innovativen Technologien sei aber durch den Technologiebonus allein nicht möglich (BT-Drs. 15/2593, S. 3). Daraus folgert der Senat, dass zwar ein finanzieller Anreiz geschaffen werden sollte, es aber nicht darum ging, Anlagenbetreibern die wirtschaftlichen Risiken des Einsatzes innovativer Technologien vollumfänglich abzunehmen. Auch das spricht dagegen, dass der Technologiebonus für den gesamten in der Anlage produzierten Strom gezahlt werden soll.
Darüber hinaus nimmt der Senat richtigerweise die Nachfolgerregelung des § 27 Abs. 4 EEG 2009 in den Blick. Aus dessen Gesetzesbegründung geht klar hervor, dass der Technologiebonus nur für Strom gezahlt wird, der mittels der dort genannten innovativen Technologien, insbesondere nachgeschalteten ORC-Anlagen, produziert wird (BT-Drs. 16/8148, S. 79).
Ausblick
Nach der Entscheidung des BGH können keine Zweifel daran bestehen, dass der Technologiebonus lediglich für den unmittelbar in der ORC-Anlage produzierten Strom gezahlt werden muss. Betreiber entsprechender Anlagen können demnach von den Netzbetreibern keine darüberhinausgehende Vergütung verlangen. Gleichzeitig besteht auf Seiten der Netzbetreiber konsequenterweise ein Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Vergütungen gegenüber den entsprechenden Anlagenbetreibern, soweit die jeweiligen Ansprüche nicht verjährt sind.
Ansprechpartner:innen: Jens Vollprecht/Christoph Lamy/Jochen Gerber