BNetzA schafft Sondernetzentgelte für singulär genutzte Betriebsmittel zum 1.1. 2026 ab: Teil 1 – Entscheidung der BNetzA, Regelungsinhalt und Kritikpunkte
Am 16.9. 2025 (Az. BK8-25-003-A) hat die Beschlusskammer 8 der Bundesnetzagentur (BNetzA) eine wichtige Festlegung zu den Entgelten für singulär genutzte Betriebsmittel nach § 19 Abs. 3 StromNEV beschlossen. Die Veröffentlichung erfolgte am 24.9. 2025 im Amtsblatt der Behörde.
Damit bestätigt die Behörde ihre bereits im Juni 2025 mittels Festlegungsentwurf zur Konsultation gestellte Position und setzt diese trotz erheblicher Kritik aus der Branche nahezu unverändert um. Zahlreiche Beschwerdeverfahren sind die Folge. Letztlich jeder nachgelagerte Netzbetreiber, der bislang von der verursachungsgerechten Kostenzuordnung nach § 19 Abs. 3 StromNEV profitierte, ist im Interesse seiner Netzkunden zu Rechtsmitteln gezwungen.
Regelungsinhalt
- Abschaffung des Sondernetzentgelts:
Ab dem 1.1. 2026 entfällt das Sonderentgelt nach § 19 Abs. 3 StromNEV für nachgelagerte Netzbetreiber der allgemeinen Versorgung vollständig. Damit verlieren diese Netzbetreiber den Anspruch, die Kosten für ausschließlich von ihnen genutzte Betriebsmittel verursachungsgerecht abgerechnet zu bekommen.
Die BNetzA beendet damit extrem kurzfristig eine oft seit Jahrzehnten etablierte Praxis.
- Übergangsfristen für bestimmte Gruppen:
Ursprünglich sollte die Übergangsregelung nur für Letztverbraucher bis zum 31. 12.2028 gelten. In der finalen Festlegung wurden jedoch auch Betreiber geschlossener Verteilernetze einbezogen. Für beide Gruppen gilt § 19 Abs. 3 StromNEV also bis zum Außerkrafttreten der gesamten StromNEV Ende 2028.
Kritikpunkte der Branche
Die Entscheidung stößt mit Ausnahme einzelner bevorteilter Regionalnetzbetreiber auf breite Ablehnung. Besonders häufig nennen Kritiker folgende Punkte:
- Systembruch in der Netzentgeltlogik
Die Abschaffung des Sondernetzentgelts greift tief in die bisherige Systematik ein. Grundprinzipien wie die notwendige Verursachungsgerechtigkeit von Netzentgelten verlieren an Bedeutung. Netzbetreiber, die nur einzelne Betriebsmittel nutzen, müssen künftig die gesamte vorgelagerte Infrastruktur mitfinanzieren, statt die Kosten genau der von ihnen und von niemand sonst genutzten Betriebsmittel zu tragen.
- Unverhältnismäßigkeit und fehlende Differenzierung
Die BNetzA begründet die Änderung vor allem mit Fehlentwicklungen zwischen Übertragungs- und Regionalnetzbetreibern. Auf örtliche Verteilnetzbetreiber treffen diese Probleme jedoch kaum zu. Trotzdem unterwirft die Behörde auch sie der neuen Regelung, statt die Anwendung gezielt dort zu untersagen, wo sie zu den unterstellten Verwerfungen geführt haben soll.
- Praxistauglichkeit der Alternativen
Die Vorschläge der Behörde, Eigentumsgrenzen neu zu verhandeln oder Parallelleitungen zu bauen, halten Kritiker für wirtschaftlich unsinnig und strukturell unnötig. Auch der Verweis auf mögliche Sonderlösungen beim Pancaking-Effekt ist nicht zielführend: Was soll der Verweis auf aufwändig zu verhandelnde Alternativen, die genau wieder zu der Abrechnung führen, die durch die Festlegung verboten wird?
- Wettbewerbsverzerrungen
Die Umverteilung verschafft allein Regionalnetzbetreibern Vorteile, während kommunale und kleinere Netzbetreiber nur Nachteile erleiden. Dadurch verlieren sie an Wettbewerbsfähigkeit im Konzessionswettbewerb. Zwar erkennt die BNetzA diesen Effekt an, sie stuft ihn aber als rechtlich irrelevant ein.
- Fehlende Alternativlösung
Die BNetzA streicht die gesamte Sonderregelung, statt gezielt gegen angeblich erkannte Missbrauchsfälle vorzugehen. Wenn der Behörde die Berechnung problematisch erscheint, sind Vorgaben zur Berechnung naheliegender als ein Verbot der Kostenzuordnung. Wenn die Behörde eine Intransparenz meint rügen zu müssen, wäre es naheliegender, Transparenzvorgaben zu erlassen, als insgesamt zu verbieten. Wenn die Behörde im Wahlrecht ein Missbrauchspotential erkennt, kann das Wahlrecht eingeschränkt werden.
Zwischenfazit
Die Festlegung der BNetzA greift massiv in die Kalkulationspraxis vieler Verteilnetzbetreiber ein. Besonders problematisch ist, dass nicht nach Netzkonstellationen differenziert wird und kleinere Akteure überproportional belastet werden. Die Festlegung dürfte einer gerichtlichen Kontrolle nicht standhalten.
Ansprechpartner:innen: Stefan Missling/Dr. Thies Christian Hartmann/Rosalie Wilde/Rosa Křeček/Philip Erdmann
Weitere Ansprechpartner:innen: Dr. Tigran Heymann/Jens Panknin