CO₂-Abscheidungs- und Speicherungstechnologien (CCS) und Nutzungstechnologien (CCU) nach dem Koalitionsvertrag 2025 – same same but different?
Der Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode (Koalitionsvertrag 2025) enthält ein klares Bekenntnis zur Speicherung und Nutzung von abgeschiedenem CO₂ – Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) – für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke. Diese werden als wichtige Instrumente zur Erreichung des Ziels der Treibhausgasneutralität angesehen. Die Vorarbeiten der Vorgängerregierung in Sachen Carbon Management Strategie und Verabschiedung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) werden im Koalitionsvertrag zwar nicht ausdrücklich erwähnt, doch lassen wesentliche Aussagen zumindest auf eine Fortführung des bereits eingeschlagenen Weges schließen.
Recap – CCS/CCU, was war das nochmal?
CCS und CCU bezeichnet Technologien, mit denen klimaschädliches CO₂ noch vor dem Austritt in die Atmosphäre aus dem Herstellungsprozess abgeschieden wird. Bei CCS wird das abgeschiedene CO₂ typischerweise verflüssigt und anschließend zur dauerhaften unterirdischen Speicherung abtransportiert. Beim CCU wird das abgeschiedene CO₂ hingegen als Rohstoff genutzt, wobei auch hier eine dauerhafte Speicherung des Moleküls in dem Produkt sichergestellt sein muss.
Zugleich soll durch den Einsatz dieser Technologien das eigentliche klimapolitisch gewollte Ziel der CO₂-Vermeidung nicht konterkariert werden. Deshalb gilt der Grundsatz „Vermeiden vor Abscheiden“, sodass die CO₂-Abscheidung und Speicherung auf Sektoren mit nicht oder schwer vermeidbaren CO₂-Emissionen beschränkt werden soll. Gemeint sind Sektoren, in denen die CO₂-Vermeidung bereits wegen des Herstellungsprozesses – wie etwa in der Kalk- und, Zementproduktion, im Chemiesektor oder bei thermischen Abfallbehandlungsanlagen – nicht möglich ist oder aber, weil technologische Lösungen (noch) unwirtschaftlich sind, wie es etwa bei der Umstellung auf Wasserstoff in der Stahlindustrie diskutiert wird. Hier zeigt sich bereits, dass der Begriff der „schwer vermeidbaren Emissionen“ keine fixe Größe ist. Er hängt vielmehr vom Stand der Technik und letztlich auch von einer politischen Festlegung ab. Die neue Regierung wird hier zum Teil andere Schwerpunkte setzen als noch die Ampelkoalition.
Plan der neuen Bundesregierung im Koalitionsvertrag – CCS/CCU
CCS und CCU-Technologien werden im Koalitionsvertrag ausdrücklich als „unerlässliche Instrumente“ für das Ziel der Klimaneutralität, aber auch als Ergänzung für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien anerkannt. Damit ist zugleich gesagt, dass CCS/CCU nicht auf den Einsatz in der Industrie beschränkt wird, sondern auch im Energiesektor eingesetzt werden kann. Letzteres war auch von der Ampel-Koalition avisiert worden, jedoch mit einem differenzierten Ansatz. Eine staatliche Förderung für den Einsatz von CCS bei Stromerzeugungsanlagen, die mit gasförmigen fossilen Energieträgern betrieben werden, wurde ausgeschlossen. Die noch im August 2024 im Kabinett beschlossenen Eckpunkte einer Carbon Management Strategie (CMS) der alten Bundesregierung werden im Koalitionsvertrag jedoch nicht erwähnt. Dies überrascht nicht nur hinsichtlich des nunmehr dem Wortlaut nach möglichen CCS-Einsatzes an Gaskraftwerken, sondern auch weil die CMS die förderfähigen Einsatzbereich für CCS/CCU ausbuchstabierte.
CS/CCU-Einsatz für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke
Der Koalitionsvertrag kündigt ein Gesetzespaket an, mit dem der CCS/CCU-Einsatz für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke ermöglicht werden soll. Beabsichtigt wird dabei auch eine genehmigungsrechtliche Erleichterung und Beschleunigung dadurch, dass die Errichtung von CCS/CCU-Anlagen und -Leitungen als im überragenden öffentlichen Interesse stehend eingestuft werden soll. Um auch seevölkerrechtlich die Ausfuhr und unterirdische Speicherung von CO₂ zu ermöglichen, soll schließlich – wie von der alten Bundesregierung geplant – auch das London Protokoll ratifiziert werden. Dies ermöglicht den Abschluss bilateraler Abkommen mit Nachbarländern, wie z.B. Norwegen, Dänemark, zum Zwecke der geologischen Speicherung von CO₂ und hat für die Koalitionäre höchste Priorität. Neben der CO₂-Speicherung offshore, sollen auch an Land – dort, wo es geologisch geeignet und akzeptiert ist – CCS/CCU-Vorhaben ermöglicht werden. Ob und in welchem Umfang CO₂ im Bundesgebiet gespeichert werden soll, wird jedoch den jeweiligen Bundesländern überlassen („Opt-In“).
Das direkte Abscheiden von CO₂ aus der Umgebungsluft (Direct Air Capture (DAC)), mit dem Negativemissionen geschaffen werden sollen, wird als mögliche Zukunftstechnologie angesehen. Das ist angesichts des noch ausstehenden Rechtsrahmens insbesondere im Europäischen Emissionshandel nachvollziehbar, obwohl Negativemissionen von der EU-Kommission bereits für die Erreichung des avisierten 90%-Minderungsziels bis 2040 gegenüber dem Emissionsniveau des Jahres 1990 als ein wichtiger Baustein des europäischen Klimaneutralitätspfades angesehen werden (S. 21 der Mitteilung der EU-Kommission zum 2040-Ziel).
Ausblick
Das Bekenntnis zum CCS/CCU-Einsatz schafft zunächst nur eine Aussicht auf einen potenziell planungs- und rechtssicheren Rechtsrahmen für den Einsatz von CCS/CCU-Technologien in Deutschland. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Bundesregierung die klar abgesteckte Differenzierung der Carbon Management Strategie ihrer Vorgänger zu den Einsatzbereichen für CCS/CCU und des staatlichen Förderungsrahmens beibehalten wird. Letzteres ist angesichts der anstehenden Investitionsentscheidungen und auch der Förderrunden im Rahmen des Förderprogramms für Klimaschutzverträge und der Bundesförderung Industrie und Klimaschutz wünschenswert.
Ansprechpartner:innen: Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow/Frederik Braun/Vera Grebe