In Bayern künftig verpflichtend: Photovoltaikanlagen auf Wohngebäuden

Für den Ausbau der Solarenergie werden nicht nur Freiflächen-Photovoltaikanlagen gebraucht, sondern auch Photovoltaikanlagen auf Dächern. Da Dachanlagen pro kWp teurer sind als Freiflächenanlagen, sieht das EEG dafür auch eine höhere Förderung vor. Diskutiert wird jedoch, ob die Förderung ausreicht, um das Potential von Dachanlagen voll auszunutzen oder ob Eigentümer von geeigneten Gebäuden auch verpflichtet werden müssen, Photovoltaikanlagen zu installieren.

Eine bundesrechtliche Regelung zu einer Photovoltaikpflicht (PV-Pflicht) gibt es derzeit nicht. Das Gebäudeenergiegesetz spart den Bereich der Stromerzeugung aus. Nur bei Nichtwohngebäuden der öffentlichen Hand müssen die Eigentümer nach § 4 GEG prüfen, ob Photovoltaikanlagen gebaut werden können. Damit soll die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion erfüllen.

Einige Bundesländer haben jedoch darüberhinausgehende Verpflichtungen zur Nutzung von Photovoltaik beschlossen. So auch Bayern, wo für Wohngebäude ab dem 01.01.2025 eine umfassende Solarpflicht gilt.

Was bisher geschah: PV-Pflicht für Eigentümer von Nichtwohngebäuden

Der bayerische Landesgesetzgeber hat die PV-Pflicht in der Bauordnung geregelt. Verpflichtet werden somit Bauherren, die Baugenehmigungen entweder zur Neuerrichtung eines Gebäudes oder für spätere Änderungen an einem bestehenden Gebäude beantragen.

Die PV-Pflicht für Eigentümer von ausschließlich gewerblich oder industriell genutzten Nichtwohngebäuden gilt bereits seit dem 01.03.2023. Für Eigentümer sonstiger Nichtwohngebäude gilt sie seit dem 01.07.2023. Es kommt dabei auf den Zeitpunkt an, zu dem der Antrag auf Baugenehmigung gestellt worden ist oder zu dem die vollständigen Bauvorlagen eingereicht worden sind. Zudem gilt die Pflicht, wenn der Bauherr ab dem 01.01.2025 beginnt, die Dachhaut seines Gebäudes vollständig zu erneuern.

Der Begriff des „Nichtwohngebäudes“ ist im Gesetz nicht definiert. Aus der BayBO kann jedoch abgeleitet werden, dass es sich bei einem Wohngebäude um ein Gebäude handelt, das ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dient. Ein Nichtwohngebäude ist dementsprechend ein Gebäude, das überwiegend anderen Zwecken als dem Wohnen dient.

Die Eigentümer müssen sicherstellen, dass PV-Anlagen in angemessener Auslegung auf den hierfür geeigneten Dachflächen ihrer Gebäude errichtet und betrieben werden. Wann Dachflächen für PV-Anlagen geeignet sind, wird nicht im Einzelnen geregelt. Das Gesetz definiert lediglich, dass Dachflächen ungeeignet sind, wenn sie der Belichtung oder Be- und Entlüftung dienen. Der Gesetzgeber geht also von dem Regelfall aus, dass Dachflächen für PV-Anlagen geeignet sind.

Für wen besteht die PV-Pflicht?

Private Eigentümer, die von der PV-Pflicht betroffen sind, können nach der Gesetzesbegründung auch Dritte beauftragen, um die Pflicht zu erfüllen. Die Dachflächen können beispielsweise auch an Dritte verpachtet werden, die dann ihrerseits PV-Anlagen anbringen. Wie der Strom verwendet werden soll, regelt der Gesetzgeber nicht. Es sind also sowohl Eigenversorgung als auch Mieterstrommodelle oder Einspeisung ins Netz zulässig.

Die Verpflichtung besteht nicht für bestimmte kleinere Gebäude (z.B. Garagen, Carports, Schuppen und Gewächshäuser).

Zudem entfällt die Pflicht, soweit ihre Erfüllung anderen öffentlich-rechtlichen Pflichten widerspricht oder im Einzelfall technisch unmöglich ist. Eine weitere Ausnahme gilt für Fälle, in denen die Erfüllung aufgrund besonderer Umstände zu einer unbilligen Härte führen würde. Das gilt insbesondere, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer nicht erwirtschaftet werden können.

Neu ab 2025: PV-Pflicht für Eigentümer von Wohngebäuden

Eigentümer von Wohngebäuden waren bisher noch von der PV-Pflicht verschont. Das ändert sich jetzt. Wenn Anträge auf Baugenehmigung oder vollständige Bauvorlagen ab dem 01.01.2025 eingehen, sollen die Eigentümer sicherstellen, dass Photovoltaikanlagen auf den hierfür geeigneten Dachflächen errichtet und betrieben werden. Dies gilt auch bei vollständiger Erneuerung der Dachhaut eines Gebäudes, die ab dem 01.01.2025 begonnen wird.

Anders als bei Nichtwohngebäuden handelt es sich bei der Pflicht für Wohngebäude nur um eine sogenannte Soll-Vorschrift. Aber was bedeutet das und wie wirkt sich das für den Bauherren aus? Grundsätzlich haben Behörden bei „Soll-Vorschriften“ einen gewissen Ermessenspielraum. Der Gesetzgeber hat der Behörde jedoch einen Regelfall vorgegeben – hier die PV-Pflicht. Nur in Ausnahmefällen kann die Behörde aus wichtigen Gründen oder in atypischen Einzelfällen von dieser Rechtsfolge abweichen. Solche atypischen Fälle hat der Gesetzgeber durch Ausnahmen und Härtefallregelungen aber bereits umfangreich geregelt.  Falls ein solcher Härtefall nicht vorliegt, ist kaum Spielraum für die Behörde im Rahmen ihres Ermessens weitere Ausnahmen zu gewähren.

Verfahren bei der PV-Pflicht

Gebäude können grundsätzlich erst errichtet oder geändert werden, wenn die Bauaufsichtsbehörde die Rechtmäßigkeit der baulichen Maßnahme überprüft hat. Das klassische Verfahren ist das Baugenehmigungsverfahren. Dafür gibt es in der Bauordnung verschiedene Möglichkeiten. Es ist zu unterscheiden zwischen dem vereinfachten Genehmigungsverfahren und dem normalen Baugenehmigungsverfahren. Welches der beiden Verfahren durchzuführen ist, richtet sich danach, ob ein sog. Sonderbau vorliegt oder nicht.

Was gilt für Sonderbauten?

Sonderbauten sind beispielsweise Verkaufsgebäude mit mehr als 800 m2 Fläche für Verkaufsräume, Gebäude für die Büro- und Verwaltungsnutzung mit mehr als 400 m2 oder Gaststätten mit mehr als 40 Gastplätzen in Gebäuden oder 1000 Gastplätzen im Freien. Wohngebäude sind in der Regel keine Sonderbauten, es sei denn, es handelt sich um Hochhäuser.

Bei Sonderbauten prüft die Baugenehmigungsbehörde im Baugenehmigungsverfahren die Vorschriften der BayBO und damit auch die PV-Pflicht in Art. 44a BayBO. Die Einhaltung der PV-Pflicht wird also von der Legalisierungswirkung der Baugenehmigung umfasst. Sobald die Baugenehmigung bestandskräftig geworden ist, ist somit abschließend auch darüber entschieden, ob die Pflicht aus Art. 44a BayBO eingehalten wird. Die Bauaufsichtsbehörde kann dann wegen einem Verstoß gegen die PV-Pflicht keine bauaufsichtlichen Maßnahmen ergreifen, solange das Gebäude entsprechend der Baugenehmigung errichtet wurde.

Liegt kein Sonderbau vor, ist das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchzuführen. Hier prüft die Bauaufsichtsbehörde nicht, ob die PV-Pflicht aus Art. 44a BayBO eingehalten wird. Die Genehmigung enthält somit für den Bauherrn auch nicht die Absicherung, dass die PV-Pflicht eingehalten wird. Er muss die PV-Pflicht als öffentlich-rechtliche Vorschrift dennoch einhalten. Daher kann die Bauaufsichtsbehörde nachträglich bauaufsichtliche Maßnahmen ergreifen, um die PV-Pflicht durchzusetzen.

Genehmigungsfreistellungsverfahren und PV-Pflicht

Für Gebäude, die kein Sonderbau sind, kann der Bauherr ein Genehmigungsfreistellungsverfahren durchführen. Wenn dieses Verfahren erfolgreich abgeschlossen wird, darf der Bauherr ohne Baugenehmigung bauen. Das Vorhaben muss hierfür im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen und muss den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen. Für Wohngebäude in Neubaugebieten wird daher fast immer das Genehmigungsfreistellungsverfahren durchgeführt. Da eine Genehmigung gerade nicht erteilt wird, kann sie auch nicht verbriefen, dass die PV-Pflicht eingehalten wird. Damit kann die Bauaufsichtsbehörde auch in diesem Fall nachträglich bauaufsichtliche Maßnahmen ergreifen, um die PV-Pflicht durchzusetzen.

Bei Hochhäusern ist dagegen das Baugenehmigungsverfahren durchzuführen; die Behörde prüft somit abschließend, ob der Bauherr die PV-Pflicht einhält.

Bei allen anderen Wohngebäuden ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren durchzuführen und die Einhaltung der PV-Pflicht wird von der Bauaufsichtsbehörde zunächst nicht geprüft. Der Bauherr muss sie trotzdem einhalten. Sonst muss er mit nachträglichen bauaufsichtlichen Maßnahmen rechnen.

Ansprechpartner:innen: Matthias Albrecht/Micha Klewar/Lena Doulat

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