Interviewreihe: Dr. Holger Hoch, Rechtsanwalt, Partner Counsel Becker Büttner Held
Am 12.11.2025 findet die Vierte KlimAKonferenz auf dem EUREF-Campus in Berlin statt. Auf der Konferenz unter dem Titel „Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz geglückt? Erste Einschätzungen aus Perspektive der Stadtwerke“ diskutieren wir Fragen rund um die Wirtschaftlichkeit und die Herausforderungen bei der Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte.
Mit den Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden, die an der Konferenz teilnehmen, haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen – heute mit Dr. Holger Hoch, Rechtsanwalt und Partner Counsel Becker Büttner Held.
BBH-Blog: Im Mittelpunkt unserer diesjährigen KlimAKonferenz steht die Frage, wie Kommunen und Unternehmen klimaneutral und zugleich wirtschaftlich erfolgreich sein können. Was ist aus Ihrer Sicht der entscheidende Erfolgsfaktor für diesen Spagat?
Dr. Holger Hoch: Welches Unternehmen mit welcher Transformationsstrategie im Jahr 2045 klimaneutral wirtschaftlich am erfolgreichsten sein wird, ist heute und erst recht für einen Juristen schwer vorauszusagen. Viel hängt davon ab, wie sich bis die Märkte und die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Zeitablauf entwickeln. Der entscheidende Erfolgsfaktor wird dann ggf. nur rückblickend erkennbar sein. Bezogen auf den Energieversorgungsbereich habe ich aus der Begleitung aktueller Dekarbonisierungsprojekte jedoch erfahren, dass eine 360-Grad-Betrachtung aller wesentlichen Geschäftsfelder in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht nutzbringend sein kann. Zwischen den Versorgungsmedien Wärme, Elektrizität und Gase einschließlich der eingesetzten Erzeugungs- und Verteilerinfrastruktur gibt es viele Wechselwirkungen. Eine isolierte Betrachtung beispielsweise der Stilllegung von Gasleitungen oder des Stromnetzausbaus ohne die Entwicklung der Wärmenetze einzubeziehen ist für ein in allen Geschäftsfeldern aktives Versorgungsunternehmen nicht zweckmäßig. Die Projektabläufe müssen abgestimmt, auf die Förderkulisse und gesetzliche Fristen ausgerichtet werden und vor allem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens im Transformationsprozess erhalten bleiben. Möglicherweise sind hier gerade solche Akteure, die die Produktvielfalt im Unternehmen gut abbilden und auf die örtlichen Bedarfe ausrichten kann, gegenüber Einspartenunternehmen im Vorteil.
BBH-Blog: Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Wirtschaft und Politik sind aus Ihrer Sicht entscheidend damit die Energiewende gelingt?
Dr. Holger Hoch: Die Energiewende beschränkt sich nicht auf wenige Großprojekte. In den Kommunen gibt es mannigfaltige Lösungen für einzelne Gewerbe, öffentliche Räume oder Quartiere. Die in den Bundes- und Landeswärmeplanungsgesetzes geregelte kommunale Wärmeplanung ist gerade für kleinere Kommunen als Pflichtaufgabe eine Herausforderung und hat auch konzeptionelle Unzulänglichkeiten bei der notwendigen Datenerhebung, der Aussagekraft oder bei der Umsetzung der erdachten Maßnahmen. Es gibt jedoch auch optimistisch stimmende Beispiele, wie anlässlich der Wärmeplanung vor Ort ein ernsthafter und konstruktiver Dialog zwischen Bürgerschaft, privater und kommunaler Wirtschaft und Politik geführt wird. Wenn auf diesem Weg etwas Aufbruchstimmung entsteht und Sorgen der Akteure zum Teil genommen werden können, wäre das gewiss ein wichtiger Beitrag. Gerade Stadtwerke können hier als beteiligter Akteur oder als kompetenter, ortverbundener Moderator und Dienstleister nach unseren Beobachtungen bei der Wärmeplanung eine wichtige Rolle spielen.
BBH-Blog: Investitionen gelten als Schlüssel für den Erfolg der Transformation. Welche Rahmenbedingungen sind nötig, damit mehr Kapital in nachhaltige Energielösungen fließt?
Dr. Holger Hoch: Da die erzielbaren Renditen im Energiebereich – abgesehen von der Rohstoffexploration – regulatorische, rechtliche und gesellschaftliche Grenzen haben, würde ich erwarten, dass eine gewisse Beständigkeit und Vorhersagbarkeit der Rahmenbedingungen wichtig sind, um in den relevanten Märkten Investoren anzuziehen. Aus juristischer Sicht fällt auf, dass hier zu wesentlichen Themen in Deutschland noch gesetzgeberische Großbaustellen bestehen bzw., um im Bild zu bleiben, die Straßen mehrfach aufgegraben werden. So z.B. im Wärmemarkt: bleibt es bei der integrierten Versorgungsrolle oder kommt eine Regulierung oder gar eine Entflechtung und wenn ja, in welcher Form? Wann erfolgt die Reform der Wärmelieferverordnung und der AVBFernwärmeV? Welche Erfordernisse gelten für die Vergabe von Wegerechten? Wie erfolgt die Umsetzung der Gasrichtline? Wird das Gebäudeenergiegesetz moderat novelliert oder auf den Kopf gestellt? Auch eine wünschenswerte wettbewerbliche Entwicklung von Märkten benötigt einen klaren Rechtsrahmen.
BBH-Blog: Mit Blick auf die kommenden Jahre: Welche Prioritäten sollte Deutschland setzen, um die Klimaziele zu erreichen und zugleich seine wirtschaftliche Stärke zu sichern?
Dr. Holger Hoch: Die Richtung beibehalten, den Rahmen verbessern und gute wettbewerbliche Investitionsbedingungen schaffen. Dabei müssen im Versorgungsbereich dringend auch soziale Fragestellung mitbedacht und gelöst werden. Dies jedoch mit den dafür geeigneten möglichst zielgenauen Mitteln.
BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Dr. Hoch, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer KlimAKonferenz am 12.11.2025.
Hier finden Sie den Link zum Programm und hier geht es zur Anmeldung.