Interviewreihe: Dr. Kai Roger Lobo, Stv. Hauptgeschäftsführer Verband kommunaler Unternehmen e.V.

Am 12.11.2025 findet die Vierte KlimAKonferenz auf dem EUREF-Campus in Berlin statt. Auf der Konferenz unter dem Titel „Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz geglückt? Erste Einschätzungen aus Perspektive der Stadtwerke“ diskutieren wir Fragen rund um die Wirtschaftlichkeit und die Herausforderungen bei der Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte.

Mit den Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden, die an der Konferenz teilnehmen, haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen – heute mit Dr. Kai Roger Lobo, Stv. Hauptgeschäftsführer Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU).

BBH-Blog: Im Mittelpunkt unserer diesjährigen KlimAKonferenz steht die Frage, wie Kommunen und Unternehmen klimaneutral und zugleich wirtschaftlich erfolgreich sein können. Was ist aus Ihrer Sicht der entscheidende Erfolgsfaktor für diesen Spagat?

Dr. Kai Roger Lobo: Wenn es nur diesen einen entscheidenden Erfolgsfaktor für Klimaneutralität gäbe, wäre der Weg ja bereits vorgezeichnet… Ist er aber nicht. Für mich ist der entscheidende Erfolgsfaktor daher Zukunftsoffenheit: Viele Technologien für die Klimaneutralität entwickeln sich mit atemberaubender Geschwindigkeit weiter. Denken wir etwa an Batterien zur Glättung der EE-Erzeugung aus Wind und Sonne, was wiederum sehr viel Netzausbau einsparen kann. Oder aber neue Verfahren zur Nutzung der Geothermie. Oder die Potenziale für Flexibilität auf der Nachfrageseite. Haben wir also bereits ein vollständiges Bild über alles, was in den nächsten 20 Jahren zum Einsatz kommen wird? Nein. Daher müssen wir z.B. ein Energiewende-Monitoring nicht als etwas Einmaliges ansehen, sondern wir werden so etwas alle paar Jahre wieder brauchen. Klar ist aber: Kommunale Unternehmen werden bei der Umsetzung vor Ort weiterhin eine zentrale Rolle spielen und spielen müssen.  

BBH-Blog: Die Energiewende wird weltweit vorangetrieben. Von welchen internationalen Beispielen kann Deutschland besonders profitieren und wo können wir selbst Impulse setzen?

Dr. Kai Roger Lobo: Ein Beispiel sollten wir uns an Debatten zur Energiewende in anderen Ländern nehmen, die deutlich weniger emotionalisiert und konfrontativ ablaufen. Gleichzeitig müssen wir uns in Deutschland fragen, wie viele Gesetze und ordnungsrechtliche Vorgaben eigentlich zum Erfolg führen. In der EU und Deutschland gibt es ein umfassendes Regulierungsregime, um insbesondere die Elektrifizierung in allen Sektoren voranzutreiben. Dennoch kommen andere Länder außerhalb Europas teilweise deutlich schneller voran. Das sollte uns zu denken geben.  

BBH-Blog: Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Wirtschaft und Politik sind aus Ihrer Sicht entscheidend damit die Energiewende gelingt? 

Dr. Kai Roger Lobo: Es geht um einen stetigen Dialog auf Augenhöhe. Lösungsansätze müssen gemeinsam erarbeitet und immer wieder gemeinsam überprüft werden. Eine ganz wesentliche Rolle als Vermittler spielen dabei Verbände – gerade auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) inkl. seiner Landesgruppen.  

BBH-Blog: Investitionen gelten als Schlüssel für den Erfolg der Transformation. Welche Rahmenbedingungen sind nötig, damit mehr Kapital in nachhaltige Energielösungen fließt?  

Dr. Kai Roger Lobo: Für mich sind Klimaziele eben auch Investitionsziele. Werden diese nicht getätigt, bleibt nur die Suffizienz, was sicherlich kein Erfolgsmodell für ein Industrieland und erst recht kein Vorbild für aufstrebende Länder weltweit ist. Der Staat sollte also gezielt Investitionen über einen intelligenten Mix aus gesetzlichen Rahmenbedingungen, Förderprogrammen und Bürgschaften anreizen. Dazu haben wir auch einen Energiewendefonds vorgeschlagen.  

BBH-Blog: Mit Blick auf die kommenden Jahre: Welche Prioritäten sollte Deutschland setzen, um die Klimaziele zu erreichen und zugleich seine wirtschaftliche Stärke zu sichern? 

Dr. Kai Roger Lobo: Priorität sollte die Vorfahrt für Investitionen auf allen Ebenen haben. Priorität sollte darüber hinaus die Konzentration auf einen möglichst systemkosteneffizienten weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien haben, damit der Strompreis nicht außer Kontrolle gerät. Hier haben sich PV-Freiflächenanlagen und Wind an Land, jeweils in Kombination mit Batteriespeichern, als mit Abstand kostengünstigste Technologien erwiesen. Hier sollte der Fokus für den weiteren Ausbau liegen. Daneben muss ein Strommarktdesign gefunden werden, dass dezentrale Flexibilität auf der Angebots- insbesondere aber auf der Nachfrageseite sowie die Digitalisierung in den Mittelpunkt stellt. Dann kann es uns gelingen, in das Deutschland das innovativste Stromsystem der Welt zu bauen.  

BBH-Blog: Sehr geehrter Herr Dr. Lobo, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer KlimAKonferenz am 12.11.2025.

Hier finden Sie den Link zum Programm und hier geht es zur Anmeldung.

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