Janice Kaiser; Frau in Anzug

Interviewreihe: Janice Kaiser, Geschäftsführerin Stadtwerke Schneeberg GmbH

Am 12.11.2025 findet die Vierte KlimAKonferenz auf dem EUREF-Campus in Berlin statt. Auf der Konferenz unter dem Titel „Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz geglückt? Erste Einschätzungen aus Perspektive der Stadtwerke“ diskutieren wir Fragen rund um die Wirtschaftlichkeit und die Herausforderungen bei der Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte.

Mit den Entscheider:innen aus Politik, Wirtschaft und Verbänden, die an der Konferenz teilnehmen, haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen – heute mit Janice Kaiser, Geschäftsführerin Stadtwerke Schneeberg GmbH.

BBH-Blog: Im Mittelpunkt unserer diesjährigen KlimAKonferenz steht die Frage, wie Kommunen und Unternehmen klimaneutral und zugleich wirtschaftlich erfolgreich sein können. Was ist aus Ihrer Sicht der entscheidende Erfolgsfaktor für diesen Spagat?

Janice Kaiser: Die Beantwortung dieser Frage ist sprichwörtlich des Pudels Kern. Wie gelingt Klimaneutralität, ohne die Wirtschaftskraft zu verlieren? Deutschland befindet sich im dritten Jahr der Rezession, es wird also höchste Zeit, dass wir eine Antwort finden. Für mich steht die Definition verbindlicher und insbesondere gemeinsamer Ziele von Politik, Wirtschaft und Kommunen ganz oben auf der To Do-Liste. Die Politik liefert daraufhin verlässliche und stabile Rahmenbedingungen, die Wirtschaft mutige Entscheider sowie Innovationsfähigkeit und die Kommunen setzen vor Ort im Einklang mit den Bürgerinnen und Bürgern um. Die Energiewende lebt von Kooperation, Kommunikation und strategischen Partnerschaften.  

BBH-Blog: Die Energiewende wird weltweit vorangetrieben. Von welchen internationalen Beispielen kann Deutschland besonders profitieren und wo können wir selbst Impulse setzen? 

Janice Kaiser: So weit müssen wir gar nicht schauen. Dänemark und Norwegen sind für mich persönlich die Vorreiter in Europa. Die Kombination aus Wind- oder Wasserkraft mit Speichern sowie einer technisch durchdachten Systemintegration benötigen wir auch in Deutschland. Dies ermöglicht uns Sektorenkopplung und pusht ebenso die Wärmewende – zum Beispiel durch den Betrieb von Groß-Luftwärmepumpen oder Power-to-heat-Anlagen. Beide Länder zeichnen sich zudem durch ihre Geothermieprojekte aus, eine erneuerbare und grundlastfähige Technologie mit beeindruckendem Potenzial.  

Bei Technologieoffenheit sind uns China oder die USA deutlich voraus. Die intensive finanzielle Förderung neuer Technologien muss verlässlich bereit stehen. Läuft die Technik, trägt sie sich über den Markt und liefert ihren volkswirtschaftlichen Beitrag.  

Deutschland punktet bei digitaler Netzführung, Lastmanagement und Redispatch. Zudem halten wir viel Knowhow bei Energieeffizienz. Trotzdem finde ich, dass unsere Lernkurve Potenzial hat.    

BBH-Blog: Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Wirtschaft und Politik sind aus Ihrer Sicht entscheidend damit die Energiewende gelingt? 

Janice Kaiser: Die Kommunen realisieren die Energiewende vor Ort, die Wirtschaft bringt Innovation und Wachstum ein und die Politik schafft die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. Es liegt auf der Hand, der Schlüssel liegt in der Kooperation. Das heißt, Energiewende muss gemeinschaftlich gedacht werden. In umgekehrter und richtiger Reihenfolge bedeutet das: Die Politik muss verbindliche Ziele setzen und Fördermittel bereitstellen, die Wirtschaft muss Technologie, Innovation und Kapital liefern und die Kommunen sowie die kommunalen Unternehmen müssen die Energiewende vor Ort planen sowie die Bürgernähe, Akzeptanz und das Bewusstsein schaffen. 

BBH-Blog: Investitionen gelten als Schlüssel für den Erfolg der Transformation. Welche Rahmenbedingungen sind nötig, damit mehr Kapital in nachhaltige Energielösungen fließt?  

Janice Kaiser: Die zentrale Frage lautet doch: Woher kommt das Kapital? Nachhaltige und flächendeckende Energielösungen erfordern enorme Kapitalsummen. Das bedeutet, dass ausreichend privates und kommunales Kapital bereit gestellt werden muss. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage auf Bundes- und Landes- sowie kommunaler Ebene erkenne ich Hürden. Weitere grundsätzliche Rahmenbedingungen sind die so oft genannten Punkte wie Planungssicherheit und stabile Renditen, attraktive Finanzierungsinstrumente, vereinfachte Genehmigungsverfahren und Bürokratieabbau, eine konsistente Energiepolitik, die klare und verlässliche Regulierung von Netzen, Anlagen und Speichern sowie zielgerichtete Forschungs- und Innovationsprogramme.  

BBH-Blog: Mit Blick auf die kommenden Jahre: Welche Prioritäten sollte Deutschland setzen, um die Klimaziele zu erreichen und zugleich seine wirtschaftliche Stärke zu sichern? 

Janice Kaiser: Ich unterstütze den 1o-Punkte-Plan von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche ausdrücklich. Eine ehrliche Bedarfsermittlung sowie zugehöriger Planungsrealismus sind die absolut notwendige Grundlage für alle darauf aufbauenden Energiewende-Entscheidungen. Der synchrone Ausbau von Netzen, Anlagen und Flexibilitäten, z.B. Speichern, schafft die notwendige Effizienz. Ebenso benötigen wir die Technologieoffenheit sowie einen einheitlichen Kapazitätsmarkt. Dezentrale KWK-Anlagen sind im Energiewendeprozess sehr wertvoll und sollten zwingend einbezogen werden. Das Überdenken des Förderregimes für Photovoltaikanlagen ist für mich mit Blick auf die Branche ein verständlicher Pain Point. Dennoch finde ich, dass etablierte und ausgereifte Techniken ihren Platz im Markt verdient haben und diesen aus eigener Kraft verteidigen sollten. Dies hilft, finanzielle Mittel für die Entwicklung neuer Energiesysteme zu generieren. 

BBH-Blog: Sehr geehrte Frau Kaiser, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer KlimAKonferenz am 12.11.2025.

Hier finden Sie den Link zum Programm und hier geht es zur Anmeldung.

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