lächelnde Frau, blaues Jackett,

Interviewreihe: Prof. Dr. Ines Zenke, Partnerin Becker Büttner Held 

Am 21.5.2025 findet die BBH-Jahreskonferenz in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin statt. Im Mittelpunkt steht das Thema „Standortfaktor Energie“, welches auch Fragen nach Energiekosten, Energieversorgung, die Energieinfrastruktur, aber auch die damit verbundene Bürokratie beinhaltet. Die BBH-Jahreskonferenz zum Thema „Standortfaktor Energie“ verspricht spannende Einblicke und greift diese Themen auf. 

Zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehören Entscheiderinnen und Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Verbänden – und mit eben diesen Impulsgeberinnen und Impulsgeber haben wir im Vorfeld Interviews geführt, die wir an dieser Stelle veröffentlichen werden. Die Interviewreihe schließen wir mit Prof. Dr. Ines Zenke, Partnerin der BBH-Gruppe.

BBH-Blog: Im Titel unserer Konferenz verknüpfen wir ganz selbstverständlich das Thema Energie mit der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Wie stellt sich die Energiefrage für Sie ganz direkt? 

 Prof. Dr. Ines Zenke: Grob geschätzt nehmen Gedanken und Diskussionen mit Energiebezug wahrscheinlich drei Viertel meines Tages in Anspruch. Wenn mich Mandant:innen anrufen, sind es meistens Energiefragen. Als Präsidentin eines Wirtschaftsverbandes* merke ich, wie wichtig Energie auf jeder Wertschöpfungsstufe für Unternehmen ist. Als Aufsichtsrätin geht es um Energie und Energieverbrauch.

BBH-Blog: Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Maßnahme, die die nächste Regierung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ergreifen muss? 

 Prof. Dr. Ines Zenke: Die Frage zielt auf 100-Tage-Maßnahmen und Sofortprogramme ab. Am meisten drückt die Wirtschaft nach meiner Wahrnehmung der Wunsch nach weniger Bürokratie und einer Ermöglichens-Haltung in allen Ebenen der Verwaltung. Dann sind wir sehr schnell bei Entlastungen im Zusammenhang mit den nicht mehr konkurrenzfähigen Energiepreisen. Den Industriestrompreis und die Entlastungen in Sachen Energiesteuer und Netzentgelte finde ich richtig.  Wir müssen die Energiefrage aber endlich auch systemisch angehen. Subventionen müssen Brücken schlagen, können umgekehrt aber auch nicht zum Dauerzustand werden. Wir brauchen ein holistisches Marktdesign, dass Energieerzeugung und -import genauso anreizt wie Verbrauchsflexibilität und Netzoptimierung. Und wir können es uns nicht leisten, eine weitere Kommission dafür einzuberufen, deren Ergebnisse aufgrund des (vorzeitigen) Ablaufs der Legislaturperiode nicht mehr in Politik umgesetzt werden können.

BBH-Blog: Wie können und sollen wir die finanziellen Mittel aktivieren, die für die dringenden Investitionen in die Energie- und sonstige Infrastruktur nötig sind? 

Prof. Dr. Ines Zenke: Hier müssen drei Säulen gedacht werden. Die erste ist die öffentliche Hand, also „der Staat“, der auf allen Ebenen Geld für die Transformation zur Verfügung stellt. Über klassische Förderinstrumente, die von Forschungszuschüssen über Klimaschutzverträge bis Steuererleichterungen wie Superabschreibungen reichen. Weiter tritt der Staat direkt als Bereitsteller der Infrastruktur auf, etwa als Mehrheitseigentümer der Deutschen Bahn. Und dazu zählen auch die Stadtwerke mit ihren Leistungen der Daseinsvorsorge in den Kommunen. Die gerade umgesetzte Modernisierung der Schuldenbremse, das Infrastrukturpaket und hoffentlich noch eine Vereinfachung des europäischen Beihilferechts geben ermutigende Rahmenbedingungen für ein erhebliches staatliches Engagement.

Typischerweise sind weiter die Banken und andere des Finanzmarktes diejenigen, die Kapital für Investitionen zur Verfügung stellen. Sie sind sowohl den Interessen ihrer Shareholders als auch rechtlichen Regeln unterworfen. Projekte müssen daher „bankable“ sein, was bei Investitionen mit einer Amortisation in Jahrzehnten und technologischen Unsicherheiten schwierig ist. Nicht umsonst gibt es etwa das staatlich abgesicherte „Amortisationskonto“ für den H2-Netzausbau. Zum anderen müssen Banken (anteilig) Eigenkapital für ihre übernommenen Risiken vorhalten. Es gibt zwar Wege, das Risiko bei der Bank zu verringern und über Anlageprodukte wie Verbriefungen aufzuteilen und zu streuen. Nach der Finanzkrise wurden diese Instrumente allerdings stark eingeschränkt. Eine Bank, die heute z. B. Kredite an Netzbetreiber für den Netzausbau bündeln und verbrieft weiterveräußern will, muss hierfür – je nach Komplexität – 10% oder 15% Eigenkapital vorhalten. Der Nachbesserungsbedarf liegt auf der Hand und wurde auch bereits platziert.

Schließlich gibt es die dritte Säule. Die privaten Investoren, also die Bürgerinnen und Bürger sowie die institutionellen Investoren wie Versicherungen, Krankenkassen und Pensionsfonds. Sie haben in der Summe gewaltige Geldsummen zur Verfügung, für die sie sichere und ertragreiche Anlageformen suchen. Aber auch hier finden diese Mittel nicht unbedingt den Weg zu uns. Ohne attraktive Eigenkapitalverzinsung investieren langfristige institutionelle Investoren wie Pensionsfonds nicht in deutsche Infrastrukturen. Und ohne Vereinfachungen bei Bürgerbeteiligungen, die heute schnell unter das komplexe Bankenrecht mit Prospektpflicht fallen, lassen viele private Geldgeber auch hier lieber die Hand von. Eine Kombination aus attraktiver Verzinsung und ausreichend abstrakten Vehikeln, die es den Investoren abnehmen, jedes Investitionsobjekt, jedes Netz, jedes Windrad, jede Effizienzmaßnahme selbst bewerten zu müssen, würden zusammen mit staatlichem Anschub sehr weiterhelfen.

*Gemeint ist hier das Wirtschaftsforum der SPD e.V.

BBH-Blog: Sehr geehrte Frau Zenke, herzlichen Dank für das Gespräch. Wir freuen uns auf die weitere Diskussion im Rahmen unserer Jahreskonferenz am 21. Mai 2025

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