Koalitionsvertrag 2025: Neue Impulse für die Finanzierung der Energiewende
Die Energiewende erfordert gewaltige Investitionen – in Netze, Speicher, Wasserstoffinfrastruktur und neue Technologien. Für Stadtwerke stellt sich daher die Frage: Wie lassen sich diese enormen Investitionen finanzieren?
Das Kapital ist am Kapitalmarkt vorhanden, aber insbesondere für kleinere und mittlere Stadtwerke ist der Zugang zum Kapitalmarkt voraussetzungsvoll und herausfordernd. Neben den Voraussetzungen für den Kapitalmarktzugang stellt sich die Frage, ob die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für Investoren attraktiv sind.
Der neue Koalitionsvertrag (KoaV) von CDU, CSU und SPD setzt auf eine Investitionsoffensive und zusätzliche Fördermittel, schnellere Genehmigungsverfahren und gezielte Anreize zur Förderung der Klimainvestitionen. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 bleibt bestehen. Dabei sollen Klimaschutz, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Ausgewogenheit zusammengebracht und es sollte auf Innovationen gesetzt werden.
Investitionsoffensive und Sondervermögen Infrastruktur
Die Bundesregierung möchte einen Deutschlandfonds einrichten. Dieser soll die Kraft der privaten Finanzmärkte mit dem langfristig strategischen Vorgehen des Staates verbinden. Mithilfe von privatem Kapital und Garantien sollen die Mittel des Fonds auf mindestens 100 Milliarden Euro gehebelt werden.
Mit dem Einsatz für eine Solvency II-Novelle sollen weitere Milliarden Euro aktiviert werden, indem die Eigenkapitalanforderungen unter anderem für Infrastrukturprojekte und Wagniskapital gesenkt werden.
Um Deutschland zukunftsfähig zu machen, hat die Bundesregierung ein 500 Milliarden Euro starkes Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität geschaffen. Mit dem Errichtungsgesetz zum Sondervermögen sollen klare Ziele und Investitionsfelder definiert und mit einer Erfolgskontrolle verknüpft werden. Wenn möglich, soll zusätzlich privates Kapital gehebelt werden.
Klima und Energie
Laut KoaV seien für den Erfolg der Energiewende die Entbürokratisierung sowie schnellere und bessere Planungs- und Genehmigungsverfahren entscheidend. Mittels Transparenz, Planbarkeit und Pragmatismus soll die Energiewende zum Erfolg gebracht werden.
Der Klima- und Transformationsfonds soll auf die zentralen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität konzentriert werden. Damit soll einerseits einhergehen, dass Mittel künftig effizienter vergeben werden. Andererseits will die Bundesregierung den Haushalt konsolidieren – etwa indem Förderprogramme gekürzt werden.
Finanzierung strategischer Beteiligungen
Um mehr Eigen- und Fremdkapital zu akquirieren, soll mithilfe öffentlicher Garantien und privatem Kapital ein Investitionsfonds für die Energieinfrastruktur aufgelegt werden.
Das Beteiligungsportfolio des Bundes soll strategisch weiterentwickelt werden. So will die Bundesregierung prüfen lassen, ob sich der Bund im Energiesektor oder bei Netzbetreibern strategisch beteiligen kann.
Erkenntnisse aus dem KoaV für die Finanzierung der Energiewende
Der KoaV 2025 enthält zahlreiche ambitionierte Ziele hinsichtlich Umfang und Geschwindigkeit der Transformation.
Positiv hervorzuheben ist das Ziel, privates Kapital gezielt zu aktivieren. Die weitverbreitete Annahme, dass der Investor Staat mit Sondervermögen, Förderungen und anderen Subventionen die Finanzierung der Energiewende allein lösen kann, ist zu kurz gedacht. Fördermittel und andere staatliche Subventionen sind wirtschaftspolitische Instrumente, um anfängliche Wettbewerbsnachteile zu kompensieren. Langfristig müssen sich Investitionen in die Transformation selbstständig tragen.
Der tatsächliche Investitionsbedarf übersteigt das im KoaV angelegte Volumen deutlich. Angesichts dieser Lücke können private Investoren an Kapitalmärkten für die Finanzierung von Energiewendeprojekte eine wichtige Rolle einnehmen.
Der Kapitalmarkt bietet zwar grundsätzlich die Möglichkeit, mittel- und langfristig Kapital für Investitionen zu beschaffen. Jedoch steht das notwendige Kapital nur zur Verfügung, wenn sich Kapitalgeber und -nehmer über Angebot und Nachfrage am Kapitalmarkt verständigen. Infrastruktur- und Energiewendeinvestitionen stehen in einem Wettbewerb (um das Investorenkapital) mit allen anderen Investitionsmöglichkeiten am Kapitalmarkt.
Hürden für Investitionen in die Energiewende
Aus der Sicht von institutionellen und strategischen Kapitalgebern gibt es für Investitionen in die Energiewende erhebliche Hürden: Solche Investitionen sind langfristig, kapitalintensiv, oft mit regulatorischen Risiken verbunden, bieten aber gleichzeitig keine oder nur eine eingeschränkte wettbewerbsfähige Ertragskraft (Rendite). Das heißt die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen eine tragfähige Ertragserwartung ermöglichen, um Investoren und das notwendige Kapital für sich zu gewinnen.
Für Stadtwerke ist der Zugang zum Kapitalmarkt zusätzlich erschwert: Dieser setzt grundsätzlich die Kapitaldienstfähigkeit und gegebenenfalls zusätzlich die Kapitalmarktfähig voraus. Dazu zählen bspw. eine gesellschaftsrechtliche und wirtschaftliche Aufstellung, die den Kapitalmarkterwartungen hinsichtlich Ertragskraft, Steuerung und Risiko entspricht – und so ein wettbewerbsfähiges Risiko-Rendite-Profil darstellt. Auch Stadtwerke-Konsortien oder interkommunale Kooperationen können helfen, Skaleneffekte zu heben und Investitionen gemeinsam zu stemmen.
Ausblick
Der KoaV enthält wichtige Impulse für die Finanzierung der Energiewende. Doch viele Fragen bleiben offen: Wie wird das zukünftige Förderregime im Detail ausgestaltet sein und gelingt der Zugang zu Fördermitteln auch für kleinere und mittelgroße Stadtwerke? Wird der Regulierungsrahmen investorenfreundlich und stabil ausgestaltet? Wird es gelingen, Fördermittel mit tragfähigen Geschäftsmodellen zu verknüpfen?
Stadtwerke sind gut beraten, dies als Gestaltungsanstoß zu nutzen und sich frühzeitig so aufzustellen, dass sie von den angekündigten Mitteln profitieren und gleichzeitig als Investitionspartner überzeugen können.
Ansprechpartner:innen: Thomas Straßer/Tobias Sengenberger/Viktor Lang