Nach Preissturz und Betrugsvorwürfen: Neue Entwicklungen im THG-Quotenhandel und warum die THG-Quote für Stadtwerke weiterhin relevant bleibt
Der Markt für Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quote) war ein lukratives Feld – auch für Stadtwerke. Mit öffentlichen Ladepunkten und Biomethantankstellen konnten sie eigene THG-Quoten generieren oder THG-Quoten bei Endkunden, die ein E-Fahrzeug besitzen, einwerben und vermarkten.
Der Preisverfall auf dem THG-Quotenmarkt in den vergangenen zwei Jahren hat das Geschäftsmodell jedoch geschädigt. Auch haben die jüngsten Ereignisse rund um die Insolvenz der Landwärme GmbH gezeigt, dass der Dienstleister für die Quotenvermarktung sorgfältig ausgewählt werden muss.
Nun hat der Gesetzgeber kurzfristig die 38. BImSchV geändert, um den Quotenmarkt zu stabilisieren.
Hintergrund
Mit der THG-Quote werden Mineralölunternehmen dazu verpflichtet, die CO2-Emissionen der von ihnen vertriebenen Kraftstoffe kontinuierlich zu senken, beispielsweise durch den Vertrieb von Biokraftstoffen oder Ladestrom. Da sie diese Verpflichtung meist nicht allein erfüllen können, steht ihnen offen, diese THG-Minderungsverpflichtung (teilweise) durch Dritte erfüllen zu lassen. Dafür vergütet das Mineralölunternehmen den Dritten pro eingesparter Tonne CO2 (den sogenannten Quotenpreis).
Durch eine Gesetzesnovelle im Jahr 2021 erreichten die Quotenpreise für eine reduzierte Tonne CO2 im Jahr 2022 Spitzenwerte von teilweise über 450 EUR. Dies lag unter anderem darin begründet, dass die betroffenen Unternehmen etwa fortschrittliche Biokraftstoffe oder Ladestrom seitdem nicht nur einfach, sondern mehrfach auf die Minderungspflicht anrechnen konnten.
Im Jahr 2023 hat sich die Preisentwicklung jedoch umgekehrt. Dies lag an einem Überangebot an Erfüllungsoptionen für die Quotenverpflichteten. Die Preise sanken seitdem kontinuierlich auf unter 100 EUR. Das Überangebot hat verschiedene Ursachen, ganz wesentlich macht die Branche die Anerkennung von günstig angebotenem, aber mutmaßlich falsch deklariertem fortschrittlichen Biodiesel aus Asien dafür verantwortlich. Dazu kommen Upstream-Emissionsminderungen (UER Zertifikate) aus Projekten, die sich im Nachhinein jedoch als Betrug herausstellten oder als solcher in Verdacht stehen. Die rechtliche Möglichkeit für Quotenverpflichtete sich Erfüllungsoptionen, die sie im Vorjahr eingekauft, aber nicht benötigt haben, im Folgejahr auf die Minderungspflicht anrechnen zu lassen, haben die Nachfrage zudem weiter sinken lassen.
Diese Dynamik, verbunden mit garantierten Festpreisen für vermarktete Ladestrommengen, hat viele Marktteilnehmer in Schwierigkeiten gebracht. Seit dem Insolvenzantrag der Landwärme GmbH im August 2024 ist klar, dass Spekulationen auf steigende THG-Quotenpreise ein erhebliches Risiko bergen. Stadtwerke, die weiterhin auf den Quotenmarkt setzen, benötigen daher verlässliche Partner.
Warum ist der THG-Quotenmarkt für Stadtwerke wichtig?
Der THG-Quotenmarkt im Bereich Ladestrom bleibt für Stadtwerke eine bedeutende Einnahmequelle. Mit der steigenden Zahl von Elektrofahrzeugen in Deutschland kann die THG-Quote, die durch die Bereitstellung von Ladestrom entsteht, sicherstellen, dass öffentliche Ladepunkte wirtschaftlich betrieben werden können. Zusätzlich dient das Angebot zur THG-Quotenvermarktung bei E-Fahrzeug-Besitzern als effektives Mittel zur Kundenbindung. Viele Drittanbieter von THG-Quotenvermarktung bieten oft auch Strom- oder Gastarife an, sodass es sich für Stadtwerke lohnt, mit eigenen Angeboten diese Kunden zu binden. Da der Anteil an E-Fahrzeugen voraussichtlich weiter steigen wird, wird auch das Potenzial für THG-Quotenvermarktung im Endkundenbereich wachsen.
Politische Maßnahmen zur Stabilisierung des Quotenmarktes
Die Bundesregierung hat Maßnahmen ergriffen, um den Quotenmarkt zu stabilisieren. So hat das Bundeskabinett am 13.11.2024 beschlossen, die 38. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) zu reformieren, die die Modalitäten zur Erfüllung der THG-Minderungsverpflichtungen nach § 37a Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) regelt. Diese Verordnungsänderung ist am 28.11.2024 in Kraft getreten.
Für die Jahre 2025 und 2026 können sich Quotenverpflichtete nun nicht mehr eine Übererfüllung der THG-Minderungspflicht im Folgejahr anrechnen lassen. Vielmehr darf der Quotenverpflichtete seine Minderungspflicht in diesen Jahren nur mit Erfüllungsoptionen erfüllen, die auch tatsächlich in diesen Jahren in Verkehr gebracht wurden. Damit will die Bundesregierung die Nachfrage im Quotenmarkt wieder erhöhen.
Neben diesen Sofortmaßnahmen zielt die Bundesregierung darauf ab, die Betrugsprävention bei der noch ausstehenden Umsetzung der überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III), die neue Maßgaben zur Treibhausgasminderungsquote enthält, zu verschärfen.
Preisstabilisierung durch mehr „sauberen“ Strom?
Bei den Ladestromquoten verbessert sich der THG-Quotenpreises pro kWh Ladestrom zukünftig durch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das Umweltbundesamt hat kürzlich die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen pro Energieeinheit des deutschen Strommixes für das Verpflichtungsjahr 2025 veröffentlicht: Mit 124 kg CO2-Äquivalent pro Gigajoule liegt der Strommix etwa 10 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Es ist daher zu erwarten, dass die THG-Quotenpreise je kWh Ladestrom wieder ansteigen werden.
Insgesamt dürften die politischen Maßnahmen, die schärferen Anforderungen an die Minderungspflicht und der sauberere Strommix in Deutschland den THG-Quotenmarkt stabilisieren und das Preisniveau langfristig heben.
Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Dr. Erik Ahnis/Matthias Puffe/Christine Kliem