Nachhaltigkeitsbericht, Hände, Kugelschreiber, Unterlagen

Neuigkeiten aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung: Reformvorschläge von EU-Rat und EFRAG

Die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) im Jahr 2023 war ein Meilenstein. Erstmals sind Unternehmen verpflichtet, nach einheitlichen europäischen Standards (ESRS) umfassend über Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen zu berichten. Diese erhöhte Transparenz soll das Vertrauen von Investoren, Kunden und der Öffentlichkeit in die nachhaltige Ausrichtung von Unternehmen stärken. Allerdings geht diese Veränderung mit erheblichem Umsetzungsaufwand einher. Zur Entlastung der Unternehmen hat die Europäische Kommission im Februar 2025 das sogenannte Omnibus-I-Paket vorgelegt. Die Initiative umfasst drei zentrale Maßnahmen. Die Verschiebung von Anwendungsfristen, die Anpassung des Anwenderkreises und die inhaltliche Überarbeitung der Regelwerke. Während die erste Maßnahme zur Verschiebung der Anwendungspflichten (Stop the Clock) bereits im April in einem Eilverfahren verabschiedet wurde, gibt es neue Entwicklungen zu den beiden anderen Punkten.

Anpassung des Anwenderkreises – Position des EU-Rats zu CSRD und CSDDD

Am 26. Juni 2025 veröffentlichte der EU-Rat seine Position zur Anpassung der Anwenderkreise der CSRD sowie der geplanten Sorgfaltspflichtenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD).

Mit Blick auf die CSRD schlägt der Rat substanzielle Erleichterungen vor. Die Berichtspflichten sollen erst ab einer Unternehmensgröße von 1.000 Beschäftigten greifen. Zudem sollen börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem Anwendungsbereich herausgenommen werden. Darüber hinaus soll eine neue Umsatzgrenze von über 450 Millionen Euro die Berichtspflichten gezielter auf besonders große Unternehmen konzentrieren. Eine neue Überprüfungsklausel soll künftig prüfen, ob eine Ausweitung des Anwendungsbereichs erforderlich ist. Dies soll eine ausreichende Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen gewährleisten. Ziel ist es, die Berichtspflichten spürbar zu reduzieren. Dabei soll das übergeordnete Ziel der Transparenz jedoch nicht gefährdet werden.

Für die CSDDD schlägt der Rat insbesondere vor, den Anwendungsbereich auf Unternehmen mit über 5.000 Mitarbeitenden und 1,5 Mrd. Euro Umsatz zu beschränken. Er möchte die Sorgfaltspflichten auf direkte Geschäftspartner beschränken und risikobasierte Prüfungen vorschreiben. Auch die Pflicht zur Erstellung von Klimatransformationsplänen wird abgeschwächt und zeitlich aufgeschoben.

Ausblick: Die vom EU-Rat vorgeschlagenen Schwellenwerte würden den Anwenderkreis im Vergleich zum ursprünglichen Omnibus-Vorschlag nochmals deutlich verkleinern. Dies würde die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen erheblich reduzieren. Ob diese Einschränkung im Einklang mit den klima- und umweltpolitischen Zielsetzungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten steht, ist jedoch fraglich. Mit den Positionen der EU-Kommission und des EU-Rats liegen nun zwei wesentliche Standpunkte vor. Als nächstes wird die Position des Europäischen Parlaments erwartet. Erst danach kann der Trilog-Prozess beginnen. In diesem Prozess handeln alle drei Institutionen einen finalen Kompromiss aus. Wichtig: Die Veröffentlichung der Ratsposition stellt noch keine endgültige Entscheidung über den künftigen Anwenderkreis der CSRD dar. Entscheidend wird der Ausgang der Trilog-Verhandlungen sein.

Inhaltliche Überarbeitung der Regelwerke – Fortschrittsbericht der EFRAG zur Überarbeitung der ESRS

Am 20. Juni 2025 veröffentlichte die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) einen Fortschrittsbericht. In diesem Bericht wurden sechs zentrale „Hebel“ genannt, die die Standards künftig anwenderfreundlicher gestalten sollen.

Vereinfachung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse (DWA) bleibt als zentraler Bestandteil der ESRS bestehen. Sie soll jedoch auf die allgemeinen Angaben (ESRS 2) ausgeweitet werden. Das bedeutet, Unternehmen könnten auch die übergreifenden bisher zwingend offenzulegenden Informationen mit Hilfe der DWA einschränken. Ergänzend soll die DWA künftig strukturierter und effizienter ausgestaltet werden. Dabei wird die Analyse des Geschäftsmodells als klarer Ausgangspunkt definiert. Zudem wird der Nachweisaufwand für offensichtliche Themen verhältnismäßig begrenzt. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die methodische Komplexität zu verringern. Gleichzeitig sollen die inhaltliche Qualität und Aussagekraft der Nachhaltigkeitsberichte gestärkt werden.

Bessere Lesbarkeit und Integration in die gesamte Unternehmensberichterstattung

Unternehmen sollen ihre Nachhaltigkeitsbotschaften klarer und strukturierter kommunizieren können. Die EFRAG will künftig eine Zusammenfassung zentraler Inhalte zu Beginn des Berichts ermöglichen. Detaillierte Informationen – etwa zu Kennzahlen oder Taxonomieanforderungen – dürfen dann in Anhänge ausgelagert werden, um Wiederholungen und überladene Abschnitte zu vermeiden.

Überarbeitung der Mindestangabepflichten (MDR) und Angaben zu Konzepten, Maßnahmen und Zielen (PAT)

Die Rückmeldungen aus der ersten Anwendungsphase zeigen, dass insbesondere die Überschneidungen der MDR- und PAT-Anforderungen in ESRS 2 und den themenspezifischen Standards die Umsetzung deutlich erschweren. Künftig sollen MDR- und PAT-Angaben nur offengelegt werden, wenn sie im Unternehmen vorliegen und relevant sind. Die Anzahl verpflichtender Datenpunkte soll deutlich reduziert werden. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Berichtspflichten – insbesondere die ESG-Standards – erheblich zu verringern. Sie sollen auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnanter, weniger redundant und wirkungsvoller gestalten.

Mehr Struktur und Verständlichkeit

Verpflichtende und freiwillige Inhalte sollen künftig getrennt werden. Dies soll mit einem klaren Fokus auf den Pflichtangaben den Aufwand für Umsetzung und Prüfung senken.

Weitere Entlastungen

Die EFRAG adressiert darüber hinaus eine Vielzahl praktischer Herausforderungen, die in der Überarbeitung der ESRS berücksichtigt werden sollen. Dazu zählen Vereinfachungen bei qualitativen Angaben, präzisierte Definitionen für Scope und Wertschöpfungskette, Erleichterungen bei fehlenden Daten und sektorbezogene Ergänzungen. Diese Ergänzungen betreffen etwa Finanzinstitute. Auch für die Darstellung finanzieller Auswirkungen sind neue Übergangsregelungen geplant.

Verbesserte Interoperabilität

Ein weiterer zentraler Reformansatz zielt darauf ab, die ESRS mit internationalen Berichtsstandards besser abzustimmen. Insbesondere mit den IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS S1 und S2) des ISSB. Die EFRAG will unnötige Abweichungen vermeiden und eine einheitlichere Anwendung erleichtern. Dies soll etwa durch die Angleichung der Berichtsgrenzen für Treibhausgasemissionen geschehen. Diese Grenzen sollen künftig auf dem finanziellen Konsolidierungskreis des Unternehmens basieren. Dieses Vorgehen entspricht den Standards in IFRS S2 sowie dem Greenhouse Gas Protocol. Auch sprachlich soll vereinheitlicht werden. Wenn möglich, soll künftig die gleiche Terminologie wie in den IFRS-Standards verwendet werden. Diese Anpassungen sollen nicht nur die Vergleichbarkeit und Verständlichkeit für internationale Stakeholder verbessern. Sie sollen auch den Umsetzungsaufwand für global tätige Unternehmen reduzieren.

Ausblick

Bis zum 2. Juli 2025 wird die EFRAG eine überarbeitete Version der Vorschläge vorlegen. Danach folgt eine öffentliche Präsentation und Diskussion. Die formale Genehmigung der überarbeiteten Version ist für Mitte Juli vorgesehen – mit einer ergänzenden Sitzung am 25. Juli, falls notwendig. Anschließend startet die öffentliche Konsultation, unterstützt durch eine strukturierte Online-Umfrage. Sofern der Zeitplan nicht verlängert wird, sollen die überarbeiteten Standards bis Ende Oktober 2025 an die EU-Kommission übermittelt werden.

Fazit

Die von EFRAG vorgestellten Reformvorschläge lassen einen insgesamt pragmatischen und lösungsorientierten Ansatz erkennen. Diese sollen zentrale Kritikpunkte an Set 1 der ESRS aufgreifen und die Standards gezielt weiterentwickeln. Insbesondere die geplanten Vereinfachungen und Präzisierungen versprechen eine praxisnähere und anwenderfreundlichere Umsetzung der Berichterstattungspflichten.

Kritisch bleibt jedoch die vorgesehene Ausweitung der Wesentlichkeit auf ESRS 2. Dies könnte potenziell die Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsberichten beeinträchtigen. Dies betrifft eines der erklärten Kernziele eines einheitlichen europäischen Berichtsrahmens.

Welche konkreten Anpassungen tatsächlich umgesetzt werden, lässt sich allerdings erst abschließend beurteilen, wenn der überarbeitete Entwurf der ESRS vorliegt.

Ansprechpartner:innen: Tobias Sengenberger/Carolin Mießen/Vera Illini

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