Referentenentwurf Messstellenbetriebsgesetz: Entscheidende Anpassungen und straffer Zeitplan
Am 24.10.2024 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen erweiterten Referentenentwurf veröffentlicht, der auch wesentliche Änderungen am Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) vorsieht. Die Vorschläge des BMWK haben durchaus „Sprengkraft“, da sie die Rechtslage zum offiziellen Rolloutstart zum 01.01.2025 – gegebenenfalls rückwirkend – ändern sollen und sich dabei nicht nur auf Klarstellungen beschränken, sondern den Rechts- und Regulierungsrahmen im Messwesen in entscheidenden Teilen anpassen.
Rollout wird um Steuereinrichtungen erweitert
Das BMWK setzt einen noch stärkeren Fokus auf den Systemnutzen des Smart-Meter-Rollouts und will den bisherigen Messrollout zum Smart-Grid-Rollout weiterentwickeln. Künftig soll zwischen einem Mess- und einem Steuerungsrollout unterschieden werden. Der Einbau und Betrieb von Steuerungseinrichtungen soll eine Standardleistung des Messstellenbetreibers werden und bei Pflichteinbaufällen, deren Steuerung als systemdienlich eingeschätzt wird, zusammen mit dem Einbau des intelligenten Messsystems (iMS) am Netzanschlusspunkt erfolgen. Die Systemdienlichkeit wird bei den sog. Energiewendeanlagen unterstellt. Dieses sind einerseits Letztverbraucher mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen (§ 14a EnWG-Fälle) und Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung über 2 kW.
Anpassung der Pflichteinbaufälle und Neugestaltung des Rollout-Fahrplans
Die Fallgruppen für den Pflichteinbau werden angepasst: Letztverbraucher sollen weiterhin ab einem Jahresstromverbrauch von über 6.000 kWh verpflichtend ein iMS erhalten, während der Schwellenwert für Erzeugungsanlagen auf eine installierte Leistung von über 2 kW abgesenkt wird.
Der Rolloutfahrplan wird mit Blick auf das Einbaufallgruppen übergreifende Zieljahr 2032 grundlegend umgestaltet, um ihn auf die Bedürfnisse der Systemsicherheit zu fokussieren. Für die Ausstattung von Erzeugungsanlagen sind nicht mehr die Einbauzahlen maßgeblich, sondern als Anknüpfungspunkt dient die installierte steuerbare Leistung. Die grundzuständigen Messstellenbetreiber müssen jeweils 90% der neu installierten Leistung innerhalb zweijähriger Betrachtungszeiträume und insgesamt 90% der insgesamt installierten Leistung bis 2032 ausstatten. Das gilt auch für Bestandsanlagen, die seit dem 01.01.2018 in Betrieb genommen worden sind. Bei den Letztverbrauchern sind 9 von 10 neu eingerichtete Messstellen mit intelligenten Messsystemen auszustatten. Insgesamt müssen bis Ende 2025 zunächst 20% aller Messstellen, auch Bestandsanlagen, umgerüstet sein, bis Ende 2032 hat die Rolloutquote auch in dieser Kategorie 90 % zu betragen. Zudem sind Regelungen vorgesehen, um den Einbau auf Bestellung mit dem Pflichtrollout in Einklang zu bringen und das Dilemma zwischen Pflichtrollout und Einbau auf Zuruf aufzulösen.
Damit die grundzuständigen Messstellenbetreiber ihre Rollout-Planung stärker nach den Bedürfnissen der Netzbetreiber ausrichten, sollen zwischen Messstellenbetreibern, Netzbetreibern und Übertragungsnetzbetreibern Rolloutvereinbarungen zu den Ausstattungsverpflichtungen und darüber hinaus möglich sein,. Sie sollen den Netznutzen der Digitalisierung weiter erhöhen, indem insbesondere Regelungen über die zeitliche und örtliche Priorisierung von Einbaufällen getroffen werden.
Neues Sanktionsregime und Rolloutvereinbarungen
Das Sanktionsregime mit Blick auf die Erfüllung der Ausstattungsverpflichtung wird verschärft. Derzeit sind bei Verstößen gegen die Ausstattungsverpflichtung nur Aufsichtsmaßnahmen der BNetzA möglich, der Gesetzesentwurf sieht jedoch vor, dass die BNetzA in bestimmten Fällen einen Auffangmessstellenbetreiber einsetzen kann.
Neue Kostenregelungen, Standard- und Zusatzleistungen
Damit der Rollout kostendeckend umsetzbar ist, will das BMWK die Preisobergrenzen anpassen. Auch für die optionalen Einbaufälle soll die Preisobergrenze angehoben werden. Die Anpassung der Preisobergrenze für die modernen Messeinrichtungen fällt mit 25 Euro geringer aus als noch im Digitalisierungsbericht angekündigt.
Der Katalog der Standard- und Zusatzleistungen ist umfassend überarbeitet worden. Sämtliche ehemaligen Zusatzleistungen, die die Steuerung betreffen, sind nun als Standardleistungen aufgeführt (und damit über die POG „bezahlt“). Für die damit im Steuerungsrollout verpflichtend einzubauende Steuereinrichtung wird eine zusätzliche Preisobergrenze von € 100,00 brutto jährlich vorgesehen.
Wie geht es weiter und was bedeutet die Neuregelung für aktuelle Rollout-Projekte?
Der Gesetzgeber will einige bedeutende Weichen neu stellen. Insbesondere die verpflichtende Erweiterung des Messrollouts hin zu einem Smart-Grid-Rollout wird Anlass für alle grundzuständigen Messstellenbetreiber sein, ihren Rollout-Plan zu konkretisieren.
Netzbetreiber und Energievertriebe müssen sich darauf einstellen, dass der Rollout gegebenenfalls anders zu gestalten ist als bisher angenommen und vor allem auch die Notwendigkeit zur massenhaften Steuerung besteht – selbstverständlich immer vorausgesetzt, die Gesetzesnovelle findet noch vor dem Ende der laufenden Legislatur eine Mehrheit im Parlament.
Ansprechpartner:innen: Dr. Jost Eder/Jan Hendrik vom Wege/Dr. Michael Weise/Dr. Florian Wagner