Was bedeutet die verzögerte Umsetzung der RED III für den weiteren Ausbau der Windenergie?
Die Erneuerbaren-Energien-Richtlinie vom 18.10.2023 (Renewable Energy Directive – RED III) enthält unter anderem Regelungen zur Festlegung von Beschleunigungsgebieten für EE-Anlagen. Die Vorgaben der RED III hätten bis zum 21.5.2025 umgesetzt werden müssen. Spätestens bis 21.2.2026 müssen die Mitgliedstaaten dann Beschleunigungsgebiete für erneuerbare Energiequellen ausgewiesen haben. Die Ampelregierung hatte dazu zwar den Entwurf für ein „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2413 in den Bereichen Windenergie an Land und Solarenergie sowie für Energiespeicheranlagen am selben Standort“ auf den Weg gebracht. Der Entwurf wurde in der letzten Legislaturperiode aber nicht mehr als Gesetz verabschiedet.
Das wird in Kürze erhebliche Folgen sowohl für die Windenergieprojektierer als auch für die Genehmigungsbehörden haben.
Rückkehr der artenschutzrechtlichen Prüfung nach § 45b BNatSchG?
Der Rat der Europäischen Union hatte am 22.12.2022 die sogenannte EU-Notfallverordnung (Verordnung (EU) 2022/2577) erlassen, um die Energiekrise zu bewältigen. Diese wurde durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöst. Die Notfallverordnung sieht unter anderem ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien vor. In Deutschland wurde auf dieser Grundlage die Regelung des § 6 Abs. 1 Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) erlassen. Danach wird in ausgewiesenen Windenergiegebieten im Genehmigungsverfahren sowohl auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung als auch auf eine artenschutzrechtliche Prüfung verzichtet. Diese Vereinfachung ist bis zum 30.6.2025 befristet.
Um die Vereinfachungen zu verlängern, braucht es daher sehr zeitnah eine gesetzliche Regelung. Diese könnte auf die RED III gestützt werden. Denn die RED III ermöglicht es den Mitgliedstaaten, entsprechende Vereinfachungen im Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen in Beschleunigungsgebiete zu bestimmen.
Bleibt eine solche gesetzliche Regelung aus, müssen ab 1.7.2025 wieder artenschutzrechtliche Prüfungen nach § 45b des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) durchgeführt werden. Zudem werden Umweltverträglichkeitsprüfungen dann ebenfalls durchgeführt. Dem können Projektierer nur vorbeugen, indem sie ihre Genehmigung oder einen Vorbescheid vor dem 1.7.2025 beantragen. Das regelt § 6 Abs. 2 Satz 1 WindBG. Es drohen also arbeitsintensive Wochen für die Windenergieprojektierer.
In beiden Fällen, also sowohl für die Vollgenehmigung als auch für den Vorbescheid, muss der Antragsteller nachweisen. Dieser muss zeigen, dass er sich das Grundstück, auf dem die Windenergieanlage errichtet werden soll, vertraglich gesichert hat. Der Vorbescheidsantrag hat dabei zwei Vorteile. Es müssen, anders als für den Genehmigungsantrag, keine weiteren Unterlagen eingereicht werden. Und die Gebühren sind in aller Regel deutlich günstiger.
Dringender Handlungsbedarf für den Gesetzgeber
Die Vielzahl der bereits gestellten und noch zu erwartenden Anträge belastet auch die Genehmigungsbehörden. Deren Arbeit wird nicht nur mehr werden, sondern auch komplexer. Die Genehmigungsbehörden werden genau unterscheiden müssen zwischen Anträgen, die noch vor Inkrafttreten des § 6 WindBG gestellt worden sind. Ebenso Anträge, die bis zum 30.6.2025 gestellt werden und denen, die danach eingehen. Denn es gelten jeweils unterschiedliche rechtliche Vorgaben.
Ein kaum haltbares Ergebnis. Die neue Regierung ist daher aufgefordert, ihre im Koalitionsvertrag und dem Sofortprogramm der Bundesregierung angekündigte „zügige Umsetzung“ der RED-III-Richtlinie rasch Wirklichkeit werden zu lassen. Wird dabei der Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode aufgegriffen, könnten in den Beschleunigungsgebieten nicht nur die UVP und die artenschutzrechtliche Prüfung entfallen. Zusätzlich auch die FFH-Verträglichkeitsprüfung und die Prüfung nach der Wasserrechtsrahmenrichtlinie.
Die Einstufung bestehender Windenergiegebiete als Beschleunigungsgebiete sollte dauerhaft erhalten bleiben.
Spannend wird die Frage der Kompensation. Während § 6 WindBG jährliche Zahlungen vorsieht, plante die Ampelregierung in ihrem Gesetzentwurf stattdessen Einmalzahlungen. Diese Einmalzahlungen wären dementsprechend deutlich höher ausgefallen. Für die Branche wäre wünschenswert, dass der Gesetzgeber es bei dem bisherigen Modell belässt. Da man nicht in der Anfangsphase des Projekts die gesamten Ausgleichszahlungen leisten muss.
Ansprechpartner:innen: Andreas Große/Christoph Lamy/Micha Klewar/Joshua Hansen
Weitere Ansprechpartner:innen: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Dr. Wieland Lehnert