Wassercent: Neue Einnahmequelle für Kommunen?
Die Stadt Wiesbaden ist ihrem Ziel einer örtlichen Wasserverbrauchsteuer („Wassercent“) einen Schritt nähergekommen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden gab am 9.4.2025 einer Klage statt. In dieser wehrte sich die Stadt dagegen, dass ihre Wasserverbrauchsteuersatzung von der Kommunalaufsicht beanstandet wurde.
Die Idee eines „Wassercents“ als Verbrauchsteuer
Die Stadt Wiesbaden hat im Jahr 2023 eine Satzung erlassen. Diese sieht vor, dass ab dem 1.1.2024 eine Wasserverbrauchsteuer in Höhe von 0,90 Euro/m³ Trinkwasser zu entrichten ist. Steuerschuldner ist neben dem Grundstückseigentümer auch derjenige, der zur Entnahme von Trinkwasser auf dem Grundstück berechtigt und verpflichtet ist, also u. a. Mieter. Zudem betrifft es alle, die den Wasserversorgungsanlagen Trinkwasser entnehmen. Eingezogen wird die Steuer von demjenigen, der gegenüber dem Steuerschuldner zur Lieferung von Trinkwasser verpflichtet ist, sprich die „Wasserversorger“. Dies wirft auf Umsetzungsebene eine Reihe von Fragen auf.
Mit der Wasserverbrauchsteuer verfolgt die Stadt nicht nur das Ziel, weitere Einnahmen zu generieren. Sie möchte auch einen Anreiz zum sparsameren Umgang mit der Ressource Wasser setzen.
Dürfen Kommunen einen „Wassercent“ per Satzung beschließen?
Das Grundgesetz eröffnet den Ländern grundsätzlich die Möglichkeit, sogenannte örtliche Verbrauchsteuern zu einzuführen (Art. 105 Abs. 2a GG). Über die Kommunalgabengesetze der Länder kann diese Kompetenz auf die Kommunen übertragen werden. Davon hat die Stadt Wiesbaden mit ihrer Wasserverbrauchsteuersatzung Gebrauch gemacht. Im Fokus steht zurzeit auch eine weitere örtliche Verbrauchsteuer: die Tübinger Verpackungsteuer.
Kommunalaufsicht hob Beschluss der Stadtverordnetenversammlung auf
Doch die Stadt Wiesbaden sah sich mit Bedenken der Kommunalaufsicht konfrontiert. Das Hessische Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz (HMdI) hat den Satzungsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung aufgehoben. Gegen diese kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahme wehrte sich die Stadt Wiesbaden mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG).
Streitig war in erster Linie das Verhältnis der Wasserbrauchsteuersatzung zu geltendem Recht, insbesondere zu der etablierten kartellrechtlichen Regulierung von Wasserentgelten. Zudem sei, so die Kommunalaufsicht, die Lenkungswirkung der Verbrauchsteuer zweifelhaft.
VG Wiesbaden: Erhebung der Wasserbrauchsteuer nicht zu beanstanden
Das VG Wiesbaden bestätigte jedoch die Wasserverbrauchsteuersatzung der Stadt Wiesbaden und wies die Bedenken des HMdI damit zurück. Die kartellrechtliche Preiskontrolle werde nicht umgangen, da die Steuer dem Stadthaushalt zugutekomme. Wasserentgelte und -gebühren stehen hingegen unmittelbar den Wasserversorgern zu. Das VG trat auch dem Argument entgegen, dass eine Wasserverbrauchsteuer unzulässig sei, weil Wasser ein Gut des täglichen Lebens sei. Dieses Argument findet sich auch in der Fachliteratur.
Allerdings dürfte hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sein: Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das VG Wiesbaden die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen. Für weitere Kommunen, die vor dem Hintergrund der zunehmenden Wasserknappheit und klammer Kassen mit der Einführung eines „Wassercents“ planen, heißt es daher abwarten. Auch wenn der VG die Entscheidung bestätigen sollte, kann jeweils nur vor Ort bewertet werden, ob der „Wassercent“ ein Mittel ist. Dieses soll helfen, um den sich stellenden Herausforderungen zu begegnen.
Ansprechpartner:innen: Daniel Schiebold/Jana Siebeck/Peer Ole Koch
Weitere Ansprechpartner:innen: Thomas Straßer/Niko Liebheit/Jennifer Morgenstern/Martin Dell