Infrastrukturen zum Transport von Molekülen – Leitungen für Erdgas, Wasserstoff und CO2
Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD enthält einige energiepolitische Vorhaben, die in der Energiewirtschaft positiv aufgenommen worden sind, etwa den Ausbau der Infrastrukturen zum Transport von Erdgas, Wasserstoff und CO2. Allerdings unterscheidet sich der Grad an Detaillierung der politischen Einigung teilweise deutlich. Der vorliegende Beitrag stellt die entsprechenden Vorhaben der Koalitionäre vor.
Erdgas – Notwendigkeit von Gasnetzen wird anerkannt
Die Koalitionäre erkennen die Notwendigkeit von Gasnetzen für eine sichere Wärmeversorgung an und wollen sie deshalb, soweit notwendig, erhalten. Damit sieht die künftige Regierung die Gasverteilnetze als strategische Assets der Energiewende an, wodurch große Teile der Branche beruhigt sein dürften. Gleichwohl ändert dies nichts an der Notwendigkeit einer (zügigen) Gasnetztransformation, da an den deutschen und europäischen Klimazielen festgehalten wird.
Diese Transformation kann nur auf Grundlage eines zielgerichteten, überarbeiteten Rechtsrahmens gelingen. Spätestens mit dem Green Paper des BMWK vom März 2024 schien diese Botschaft auch in der Politik angekommen zu sein. Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung scheint dies zumindest vordergründig wieder ungewisser zu sein. Klar ist, dass die die Thematik adressierende EU-Gas- /Wasserstoffmarkt-Richtlinie zügig umgesetzt werden soll, also vermutlich bis Ende 2025 oder Anfang 2026. Der Koalitionsvertrag geht jedoch nicht näher darauf ein, wie die Richtlinie genau umgesetzt werden soll. Erforderliche Investitionen sollen jedenfalls durch einen besseren Mix aus der Incentivierung zusätzlichen öffentlichen und privaten Kapitals finanziert werden.
Wasserstoff: Beschleunigter Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und Ausbau der Infrastruktur auf allen Ebenen
Deutlicher sind die bereits erzielten Einigungen hinsichtlich der Wasserstoff-Infrastrukturen. Mittels weniger stark ausgeprägter Regulierung soll der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft beschleunigt und auch industrielle Zentren im Süden und Osten Deutschlands (sog. weiße Flecken) angebunden werden. Ebenso soll die Wasserstoff-Erzeugung über systemdienliche Elektrolyseanlagen verstärkt flächendeckend und dezentral gedacht werden.
Anders als unter der bisherigen „Ampel-Koalition“ sollen künftig alle Farben an Wasserstoff im Hochlauf genutzt werden, also auch der blauer Wasserstoff. Das langfristige Ziel bleibt jedoch die Umstellung auf klimafreundlichen Wasserstoff.
Es ist essenziell, dass die Wasserstoffinfrastruktur auf allen Ebenen errichtet und ausgebaut wird, insbesondere auch auf Verteilnetzebene. Dies gilt auch für einen erfolgreichen Markthochlauf und der nach wie vor offenen Fragen zu deren Finanzierung. Daher ist es positiv zu bewerten, dass der Koalitionsvertrag die Verteilnetzebene bei Investitions- und Finanzierungsfragen explizit benennt und Finanzierungsbedingungen schaffen will, die gewährleisten, dass Wasserstoff-Verteilnetze auch tatsächlich aufgebaut werden.
CO2: Umfassendes Gesetzespaket zu CO2-Abscheidung, -Nutzung, -Transport und
-Speicherung
Im Bereich der CO₂-Abscheidung und -Nutzung (CCU), -Transport sowie -Speicherung (CCS) will die Koalition aus CDU/CSU und SPD ambitioniert vorangehen. Nachdem ein Gesetzentwurf der „Ampel-Koalition“ mit dem Ziel, die CO2-Abscheidung zu kommerziellen Zwecken im industriellen Maßstab zu erlauben, nicht mehr vor den Neuwahlen verabschiedet werden konnte, bezeichnet die neue Koalition die Technologien „als unerlässliche Instrumente für das Ziel der Klimaneutralität“ und kündigt ein umfassendes Gesetzespaket an. Es ist damit zu rechnen, dass dies hohe Priorität haben wird.
Wie die bisherige Bundesregierung möchte auch die neue Koalition die Speicherung von CO2 außerhalb des Staatsgebiets, offshore sowie onshore, durch die Einführung einer Länderöffnungsklausel ermöglichen. Politische Änderungen wird es hingegen wohl hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Carbon Management-Technologien geben. Das Gesetzespaket soll die Abscheidung von CO₂ „insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors und für Gaskraftwerke“ ermöglichen. Der Einsatz von CCS in Gaskraftwerken war politisch umstritten. Was daneben unter der Formulierung „insbesondere für schwer vermeidbare Emissionen“ zu verstehen ist, bleibt noch offen. Hier könnte sich ein großzügiger dimensionierter CO2-Markthochlauf als zuletzt vermutet abzeichnen.
Auch sieht der Koalitionsvertrag vor, dass Negativemissionen im klimapolitischen Kontext wichtiger werden sollen. Vor allem Direct Air Capture (DAC), also die technologiebasierte Entnahme von CO2 direkt aus der Atmosphäre, wird als mögliche Zukunftstechnologie gesehen. Die konkret beabsichtigten politischen Maßnahmen bleiben hier noch vage
Ansprechpartner:innen : Prof. Dr. Olaf Däuper/Christian Thole/Frederik Braun/Dr. Julian Schemmann
weitere Ansprechpartner:innen: Prof. Christian Held/Dr. Håvard Nymoen