Londoner Underground Schild.

BVerwG urteilt: Bodenerwärmung hindert Erdkabel nicht

Die einen wollen es gern, die anderen sind partout dagegen: das Erdkabel bei Höchstspannungstrassen. Erdkabel haben unbestreitbare Vorteile. Sie liegen im Untergrund und stören so, anders als Freileitungen, nicht das Landschaftsbild und die Erholung im Freien. Sie können auch in der Nähe zu Wohngebäuden verlegt werden. Erdkabel sind weniger anfällig gegenüber Witterungseinflüssen und müssen damit, so die Erwartung, weniger gewartet bzw. repariert werden. Nicht zuletzt aufgrund dieser Vorteile hat der Gesetzgeber im Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) bestimmte Abschnitte neuer Höchstspannungsleitungen als Pilotprojekte bestimmt, in denen Erdkabel verlegt werden sollen.

Zumutbare Unsicherheiten

Ausgewählt wurde auch ein ca. 4 km langer Abschnitt einer Höchstspannungstrasse zwischen Wehrendorf und Gütersloh. Die davon betroffenen Landwirte waren damit aber nicht einverstanden. Ihnen ging es nicht um die höheren Kosten der Erdkabelverlegung und den erschwerten Zugang zu den Leitungen nach der Verlegung. Sie befürchteten, dass sich der Boden aufgrund der Kabel erwärmen werde, was die landwirtschaftliche Nutzung erheblich beeinträchtige und klagten gegen den Planfeststellungsbeschluss vor dem BVerwG (der in diesen Verfahren ersten und letzten Instanz). Ohne Erfolg.

Die Landwirte argumentierten, der Boden sei weniger fruchtbar, wenn er sich nicht nur wegen der Erdkabel, sondern auch aufgrund direkter Sonneneinstrahlung in wohl heißer werdenden Sommermonaten erwärme. Dies würde die Ernte negativ beeinflussen. Außerdem könnten in dem Bereich des Erdkabels keine Pflanzen angebaut werden, die tiefer als ca. 1,10 m wurzeln. Dies sei etwa bei Weizen, Raps oder Zuckerrübe der Fall.

Das BVerwG sah allerdings keinen Grund, den Planfeststellungsbeschluss deshalb als rechtswidrig einzustufen. Um Erdkabel nutzen zu können, müssen nach dem Energieleitungsausbaugesetz bestimmte Kriterien erfüllt sein (sog. Auslösekriterien). Diese Auslösekriterien liegen etwa vor – wie im vorliegenden Fall –, wenn eine Freileitung den Abstand von 400 m zu Wohngebäuden im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich bzw. im Außenbereich den Abstand von 200 m zu Wohngebäuden unterschreiten würde. Es müsse hingenommen werden, dass der Boden vorübergehend beeinträchtigt werde. Auch ein Erwärmung des Bodens um die Erdkabeltrasse lasse sich nicht ausschließen. Dies habe aber kaum Auswirkungen auf die Bodenqualität. Auch dass im Bereich über dem Erdkabel nur begrenzt Pflanzen angebaut werden könnten, müsse akzeptiert werden. Mit dem EnLAG habe der Gesetzgeber entschieden, dass bestimmte Trassenabschnitte als Erdkabel ausgeführt werden sollen. Etwaige Unsicherheiten der mit dem Gesetz angestrebten Erprobung seien unvermeidbar und den Betroffenen zuzumuten. Für den Fall, dass den Landwirten ein Schaden entstehe, regele der Planfeststellungsbeschluss entsprechende Entschädigungsansprüche.

Bemerkenswert ist, dass das BVerwG – anders als es der Wortlaut des EnLAG vorgibt – es nicht für erforderlich gehalten hat, dass die Planfeststellungsbehörde das Erdkabel „verlangt“. Es genüge, so das Gericht, dass die Vorhabenträgerinnen (die Netzbetreiber) ein Erdkabel geplant hätten und sich die Planfeststellungsbehörde diese Planung abwägend zu eigen gemacht habe. 

Übertragbar auf Schutzgut Wasser?

Ein erstes Urteil, mit dem das BVerwG die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten von einigen (eher wenigen) Erdkabeltrassen stützt. Es wird Einfluss auf weitere Planfeststellungsverfahren für Höchstspannungstrassen nach dem Energieleitungsausbaugesetz haben. Dabei ist offen, ob die Entscheidung auch auf andere Schutzgüter übertragen werden kann, etwa auf das Schutzgut Wasser, welches durch ein Erdkabel im Vergleich zu Freileitungen stärker belastet werden dürfte (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2013, Az.: 4 A 1.13, ZUR 2014, 288 (292) Rn. 63).

Sicher wird es nicht die letzte Entscheidung des BVerwG zu diesem Thema sein; es geht ja um für die Energiewende essentielle Infrastrukturprojekte.

Ansprechpartner:innen: Daniel Schiebold/Andreas Große/Joshua Hansen/Sina Jakob

Ansprechparter:innen Genehmigungsrecht: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow/Nelly Arnold

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