Der Gesetzgeber tritt auf die Strompreisbremse: Was gilt für Stromlieferanten zum 1.1.2023?

Der erste Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen sieht als Kernstück das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) vor. Daneben enthält es aber u.a. auch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetztes (EnWG) und der Grundversorgungsverordnungen (Strom-/GasGVV). Mit der Strompreisbremse kommen wieder neue Pflichten auf die Energievertriebe zu, insbesondere im Hinblick auf die Erstellung der zusätzlichen Endabrechnung sowie der kurzfristigen Umsetzung der Vorgaben bezüglich Informationspflichten und Abwendungsvereinbarung.

Wie wird welcher Stromkunde entlastet?

Anders als ursprünglich geplant, wird für die Höhe und den Umfang der Entlastung nicht mehr primär zwischen Kunden mit Standartlastprofil (SLP) und Kunden mit registrierender Leistungsmessung (RLM) differenziert.  Maßgebliches Unterscheidungskriterium ist, ob ein jährlicher Verbrauch von bis zu 30.000 kWh oder über 30.000 kWh vorliegt:

  • Entnahmestellen mit einem Verbrauch bis zu 30.000 kWh erhalten 80 Prozent ihres prognostizierten Jahresverbrauchs zu einem Referenzpreis von 40 ct/kWh
    (Netzentgelte, Messentgelte und sonstiger staatlich veranlasster Preisbestandteile)
  • Entnahmestellen mit einem Verbrauch von über 30.000 kWh erhalten 70 Prozent ihres Jahresverbrauchs aus 2021 zu einem Referenzpreis von
    13 ct/kWh (allerdings ohne Netzentgelte, Messentgelte und sonstige staatlich veranlasster Preisbestandteile).

Der monatliche Entlastungsbetrag bemisst sich aus dem monatlichen Entlastungskontingent (1/12 von 70 Prozent bzw. 80 Prozent des relevanten Jahresverbrauchs) und der Differenz zwischen dem vertraglichen Arbeitspreis und dem festgelegten Referenzpreis.

Sind vertragliche Abschlags- oder Vorauszahlungen vereinbart, ist der monatliche Entlastungsbetrag bei diesen zu berücksichtigen, ansonsten ist der Entlastungsbetrag in der nächsten Rechnung zu berücksichtigen.

Wann geht es los?

Die Strompreisbremse soll schon ab dem 1.1.2023 für alle berechtigten Letztverbraucher greifen. Um den Versorgern diese kurzfristige Umsetzung zu erleichtern, sieht § 49 StromPBG-E vor, dass die Entlastungen für Januar und Februar 2023 erst im März auszuzahlen sind.

Grenzen für Preisanpassungen

Um Missbrauch vorzubeugen, sind Grenzen bei Preisanpassungen und der Gewährung von Vergünstigungen, Bonuszahlungen o.ä. vorgesehen: Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromPBG-E dürfen z.B. nur Bonuszahlungen von bis zu 50 Euro pro Vertrag und Entnahmestelle gewährt werden.

Darüber hinaus sind Anpassungen des Arbeitspreises und des Grundpreises nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt (die allerdings in weiten Teilen ohnehin schon galten, nämlich die Anpassung nur anhand gestiegener, marktbasierter Preis- und Kostenentwicklungen oder wenn sich staatlich veranlasste Preisbestandteile ändern). Änderungen des Grundpreises im Vergleich zum Niveau vom 30.9.2022 sind grundsätzlich verboten. Eine Änderung des Grundpreises soll nur zulässig sein, soweit sich im Grundpreis enthaltene Netzentgelte, Entgelte für den Messstellenbetrieb oder staatlich veranlasste Preisbestandteile geändert haben. Preisanpassungen die gegen diese Vorgabe verstoßen sind nach dem Gesetzentwurf unwirksam.

Neue Vorgaben an die Rechnungsstellung, Endabrechnung, Informationspflichten

Zudem enthält der Gesetzentwurf auch Vorgaben zur Rechnungsstellung und Informationspflichten für die Lieferanten.

Es muss die Höhe der gewährten Entlastungsbeträge und das gewährte Entlastungskontigent (absolut und als Relation zum zugrundeliegenden Referenzwert) in der Energierechnung ausgewiesen werden (vgl. § 12 Abs. 2 StromPBG-E).  Gesondert hiervon ist eine zusätzliche Endabrechnung des Lieferanten über die gewährte Entlastung vorzunehmen.

Die Kunden sind allgemein über die Entlastung in auffindbarer und verständlicher Form auf der Internetseite des Lieferanten zu informieren (§ 31 Abs. 4 StromPBG-E). Bei Neuabschlüssen sind diese Informationen dem Kunden auch in Textform mitzuteilen.

Keine Informationspflichten bei Preisanpassungen

Die Informations- und Vorankündigungspflichten für Preisanpassungen, also die rechtzeitige Unterrichtung der betroffenen Kunden und der Hinweis auf die Kündigungsrechte nach § 41 Abs. 4 EnWG und § 5 Abs. 2 und 3 StromGVV sind während der Dauer der Strompreisbremse nicht anzuwenden. Diese Regelung überrascht. Sie soll ausweislich der Begründung des Kabinettsentwurfs sicherstellen, dass die Strompreisbremse unmittelbar beim Verbraucher umgesetzt werden kann. Die Strompreisbremse greift aber auch unabhängig von Preisanpassungen des jeweiligen Lieferanten, sodass es jedenfalls für diesen Zweck keiner weitergehenden Regelung bedurft hätte. Fraglich sind noch die Auswirkungen auf die Grundversorgung – entfällt jetzt neben der Versendung von Preisanpassungsschreiben auch die öffentliche Bekanntmachung?

Abwendungsvereinbarung

Der Gesetzesentwurf sieht außerdem vor, dass die gerade erst in der Grundversorgung neu eingeführte Abwendungsvereinbarung (befristet) auch auf Sonderverträge mit Haushaltskunden ausgeweitet wird (und die Anwendung für die EVU unter verschärfte Voraussetzungen gestellt wird).

Erstattungsanspruch für Stromlieferanten

Der Erstattungsanspruch der Stromlieferanten für die ihren Kunden gewährten Entlastungen ist in § 20 StromPBG-E als Zahlungsanspruch gegenüber dem jeweiligen regelzonenverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber vorgesehen. Auf diesen Zahlungsanspruch können monatlich Abschläge in angemessenem Umfang verlangt werden (§ 23 StromPBG-E).

Die Übertragungsnetzbetreiber, die auch den Mehraufwand durch die Abwicklung bei den Verteilernetzbetreibern ausgleichen müssen, gleichen diese finanziellen Aufwendungen insgesamt untereinander aus und haben einen Ausgleichsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland (§ 24 StromPBG-E). Zur Gegenfinanzierung enthält der Entwurf des StromPBG in Teil 3 Vorgaben zur Abschöpfung von Überschusserlösen.

Ansprechpartner*innen: Dr. Christian de Wyl/Dr. Jost Eder/Dr. Erik Ahnis/Maja B. Mosor

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