Sicher ist sicher – Neues zu D&O-Versicherungen

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Vertretungs- und Aufsichtsorgane sowie auch leitende Angestellte (nennen wir sie der Einfachheit halber ab jetzt „Manager“) werden von den Unternehmen, für die sie tätig sind, häufig gegen Haftungsrisiken versichert. Diese sog. „Directors & Officers“-Versicherungen (D&O) sind in den letzten Jahren nicht allzu häufig Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen. Nun hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) aber gleich in zwei Fällen (Urt. v. 13.4.2016, Az. IV ZR 51/14) mit praxisrelevanten Fragen rund um D&O-Versicherungen auseinanderzusetzen.

Eine D&O-Versicherung ist eine Art von Vermögenshaftpflichtversicherung. Sie wird relevant, wenn ein Manager einen Fehler macht, aus dem sich Schadensersatzansprüche anderer ergeben können. Dabei können diese Anderen einerseits „fremde Dritte“ sein, wie Geschäftspartner oder Unbeteiligte. Andererseits kann es sich aber auch um das eigene Unternehmen handeln, das einen Schaden erleidet. Und natürlich will eine Versicherung auch nicht in jedem Fall zahlen: D&O-Versicherungsbedingungen schließen den Anspruch regelmäßig aus, wenn etwa der Schaden vorsätzlich verursacht oder Pflichten „bewusst“ verletzt wurden (siehe dazu die Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft – GDV).

Der Manager, die Gesellschaft und die Versicherung

Gerade die Ansprüche eines Unternehmens gegen seine eigenen Manager sind natürlich sensibel. Das Unternehmen bezahlt dem Manager eine D&O-Versicherung, damit er bereit ist, auch gewisse Risiken für das Unternehmen einzugehen. Aber um den Schaden von der Versicherung ersetzt zu erhalten, muss das Unternehmen zunächst den fraglichen Haftungsanspruch gegen den Manager tatsächlich geltend machen (sog. „Claims-made-Prinzip“).

Wenn der Manager – trotz seines Patzers – im Übrigen aber fachlich nicht zu beanstanden ist, will das Unternehmen ihn aber vielleicht überhaupt nicht unmittelbar zur Zahlung von Schadensersatz verpflichten. Es besteht in diesen Fällen die Möglichkeit, den Rechtsstreit mit dem Manager aus dem Unternehmen herauszuhalten – indem das Unternehmen sich zunächst den Anspruch gegen die D&O-Versicherung übertragen lässt und anschließend die Versicherungsleistung selbst einfordert.

BGH stärkt die Rechte der Versicherungsnehmer

In zwei Fällen hatten Versicherungen sich gegen die Übertragung der Ansprüche des Managers auf das Unternehmen sowie überhaupt gegen das Vorliegen eines D&O-Versicherungsfalles gesperrt, weshalb die Parteien bis vor den BGH zogen. Die jeweils in Anspruch genommene D&O-Versicherung war der Auffassung, dem klagenden Unternehmen konnte der Anspruch des Managers nicht gem. § 108 Abs. 2 VVG übertragen werden. Darüber hinaus habe das klagende Unternehmen entgegen dem Claims-made-Prinzip den Manager nur formal in Anspruch nehmen, die Ansprüche hingegen aber nicht ernsthaft durchsetzen wollen. Es habe nur Zugriff auf die Versicherungsleistung erhalten wollen.

Nach Ansicht des BGH kann ein D&O-Versicherungsunternehmen im Rahmen seiner allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht ausschließen, dass versicherte Manager ihre Ansprüche gegen die Versicherung an das Unternehmen übertragen. Das verstößt gegen § 108 Abs. 2 VVG. Darüber hinaus genügt es als „ernsthafte Inanspruchnahme“, wenn das Unternehmen dem Manager ein anwaltliches Schreiben schickt. Dieses konnte damit den D&O-Versicherungsfall auslösen.

Zweifelsohne erleichtern diese Entscheidungen den betroffenen Unternehmen das Leben – insbesondere können sie Zeit, Kosten und Nerven sparen, wenn sie aufgrund eines übertragenen Anspruchs die Leistung der D&O-Versicherung einfordern wollen. Trotzdem wird deutlich: Rechtsstreitigkeiten um Bedingungen einer D&O-Versicherung wird es vermutlich immer geben.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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