Whistleblowing – Fluch oder Segen?

(c) BBH
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Für die breite Öffentlichkeit sind sie Helden. Sie werden „Enthüller“, „Skandalaufdecker“, „Hinweisgeber“ oder modisch „Whistleblower“ (= Alarmpfeifenbläser) genannt. Sie veröffentlichen wichtige Informationen aus einem geschützten Bereich und machen der Allgemeinheit zugänglich, was sonst nur eine Hand voll Leute weiß. Nicht selten publizieren sie Missstände, ihre Tätigkeit kann aber auch Schattenseiten haben. So kann einem Unternehmen insbesondere ein Imageverlust drohen. Je nachdem was für Umstände in die Öffentlichkeit getragen werden, kann auch das Betriebsklima leiden, wenn es im Betrieb eine „undichte Stelle“ gibt, die Unternehmensinterna nach außen „durchsticht“, aber keiner weiß, wo sie sich befindet.

In den Vereinigten Staaten wird Whistleblowing als angemessener Ausweg betrachtet, verbotene und moralisch fragwürdige Vorgehensweisen an die Öffentlichkeit zu bringen. Anders als in Deutschland werden dort sogar von staatlicher Seite Belohnungen für sachdienliche Hinweise ausgegeben. Erst kürzlich hat etwa ein ehemaliger Mitarbeiter des Unternehmens Monsanto Co. für die Weitergabe vertraulicher Daten von der amerikanischen Börsenaufsicht eine Summe von 22 Mio. US-Dollar erhalten. Es ist dort also ein lukratives Geschäftsmodell für Geheimnisträger entstanden. Wie sieht es derzeit bei uns aus? Wird es auch hier bald Whistleblower-Millionäre geben?

Niemand will in Deutschland eine Belohnung für Whistleblowing einführen. Trotzdem ist in die Debatte um die Stärkung der Rechte der Arbeitnehmer Bewegung gekommen: Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich CDU/CSU und SPD geeinigt, den Schutz von Hinweisgebern prüfen zu wollen. Auf der Justizministerkonferenz im Juni in Nauen (Brandenburg) forderte die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz sogar gesetzliche Schutzmechanismen von der Bundesregierung.

Es ist also Zeit, sich mit dem Thema Whistleblowing zu beschäftigen und die notwendigen Schritte zu ergreifen, um den gewachsenen Herausforderungen einer vernetzten Welt entgegenzutreten. Missstände sollten zunächst unternehmensintern bekannt sein, um auf dieser Grundlage selbstbestimmt weitere Entscheidungen treffen oder Schritte einleiten zu können. Es sollte daher im Rahmen der Compliance in jedem Unternehmen die Möglichkeit geben, verbotene und/oder moralisch fragwürdige Praktiken von Mitarbeitern zu melden. Dies kann beispielsweise durch die Einrichtung einer Whistleblower-Hotline erfolgen, die anonyme Hinweise entgegennimmt und an die verantwortlichen Stellen weiterleitet.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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