Der neue EU-Finanzrahmen: Ist da noch was für Struktur- und Energiepolitik drin?

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Maximal 960 Mrd. Euro: Das ist der Kompromiss, auf den sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei den Beratungen über den EU-Haushalt für die Jahre 2014 bis 2020 am 7./8.2.  als neuem Finanzrahmen geeinigt haben. Diese Summe entspricht 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens der EU-Mitgliedsstaaten. Noch im vergangenen November stand ein Finanzrahmen von 1,01 Bill. Euro zur Debatte. Die Summe, die die EU in den nächsten sieben Jahren tatsächlich ausgeben wird, ist indessen noch geringer: Das Volumen von 960 Mrd. Euro bezieht sich auf so genannte Verpflichtungsermächtigungen. Weil aber meistens nur ein Teil der über sieben Jahre geplanten Vorhaben, die die EU finanzieren will, verwirklicht wird, gibt es eine weitere Größe, die Zahlungsermächtigungen. Tatsächlich auszahlen wollen die Staats- und Regierungschefs nach dem Kompromiss lediglich 908,4 Mrd. Euro, also 52 Mrd. Euro weniger. Vor diesem Hintergrund macht in Brüssel das Wort von der „Defizitunion“ die Runde. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hat bereits angekündigt, das Parlament werde dem „Täuschungsmanöver“ nicht zustimmen.

Der Kompromiss der EU-Staats- und Regierungschefs lässt die Höhe der Beitragsrabatte von Großbritannien, Deutschland, Schweden und den Niederlanden weitgehend unverändert. Deutschland wird aber in den kommenden Jahren netto mehr Geld nach Brüssel überweisen müssen als bisher, was erstens an der guten wirtschaftlichen Entwicklung liegt und zweitens daran, dass es weniger Geld aus den EU-Strukturfonds erhält. Zuletzt lag der deutsche Nettobeitrag bei 9 Mrd. Euro.

Unter den Verhandlungsthemen war vor allem aus (ost-)deutscher Sicht eines besonders wichtig: die Zukunft der Strukturpolitik. Aus den EU-Strukturfonds sind bislang auch die ostdeutschen Bundesländer nicht unerheblich gefördert worden. Deutschland hat im Zeitraum 2007 bis 2013 insgesamt EU-Mittel in Höhe von 26,3 Mrd. Euro erhalten, wovon rund 15 Mrd. Euro in die neuen Bundesländer flossen. Diese Mittel ergänzten die nationale Förderung insbesondere durch die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW), in deren Rahmen im Zeitraum von 1991 bis 2010 rund 42 Mrd. Euro für Investitionen der gewerblichen Wirtschaft bereitgestellt wurden mit dem Ziel, neue Arbeitsplätze zu schaffen sowie bestehende Arbeitsplätze zu sichern.

Zukünftig wird es für die Strukturpolitik weniger EU-Geld geben. Anstatt der ursprünglich vorgeschlagenen 339 Mrd. Euro stehen nach dem Kompromiss nur noch 320 Mrd. Euro zur Verfügung. Die Förderung der (ost-)deutschen Bundesländer wird künftig geringer ausfallen, was auch damit zusammenhängt, dass diese im Verhältnis zu anderen EU-Regionen mittlerweile zu wohlhabend geworden sind, um in die Höchstförderung zu fallen. Insgesamt stehen für Deutschland 17 Mrd. Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Für die heutigen ostdeutschen Konvergenzregionen blieben 60 Prozent der von 2007 bis 2013 zur Verfügung stehenden Mittel erhalten. Zusätzlich steht eine Sonderzuweisung von 510 Mio. Euro zur Abfederung der Mittelverluste zur Verfügung. Unter dem Strich konnten somit
64 Prozent der Mittel der Vorperiode für die Konvergenzregionen gesichert werden.

Insgesamt halten die EU-Staats- und Regierungschefs daran fest, dass der EU-Haushalt moderner werden und die Wettbewerbsfähigkeit Europas fördern soll. Ein nüchterner Blick auf die Zahlen lässt aber Zweifel aufkommen. Denn weiterhin sollen mehr als zwei Drittel des Finanzrahmens in die Hilfen für europäische Bauern und die Strukturförderung fließen. Für Bereiche, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken, wie Forschung und Ausbau der Telekom- und Energienetze ist zwar mehr Geld als bisher vorgesehen, aber deutlich weniger, als die Kommission gefordert hatte. So sah der Kommissionsvorschlag etwa für den Ausbau transeuropäischer Energienetze ein Volumen von knapp 9,2 Mrd. Euro vor. Dieser Posten ist nun auf 5,1 Mrd. Euro gekürzt worden. Viel wird jetzt daran liegen, dieses Geld für sinnvolle Projekte einzusetzen. „Better spending“ ist das Gebot der Stunde.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet

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