Grunderwerbsteuer: Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft reicht nicht

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Wenn eine Personengesellschaft, der ein inländisches Grundstück gehört, an neue Gesellschafter übergeht, dann wird Grunderwerbsteuer fällig. Voraussetzung ist aber, dass innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Das lässt nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs Gestaltungsspielräume zu.

Im konkreten Fall hatte der Alleineigentümer einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG Kommanditanteile von 94 Prozent an zwei Erwerber übertragen – also eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestands, die aber unter der 95-Prozent-Schwelle bleibt. Wenig später räumte er den Erwerbern jeweils einzeln eine umfassende, unbefristete und unwiderrufliche Vollmacht in Bezug auf die verbleibenden 6 Prozent des Kommanditanteils ein. Danach waren die Erwerber sogar dazu berechtigt, den Gesellschaftsanteil – auch an sich selbst und ggf. ohne Gegenleistung – zu veräußern und abzutreten. Darin sah das Finanzamt eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands und setzte, weil damit die 95-Prozent-Grenze überschritten war, Grunderwerbsteuer fest.

Zu Unrecht, wie der Bundesfinanzhof entschied (BFH, Urt. v. 30.08.2017, Az. II R 39/15). Trotz der Vollmacht sind die 6 Prozent Anteil am Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich nicht den Erwerbern zuzurechnen. Solange sie die Vollmacht nicht ausüben, verbleiben die maßgeblichen, wesentlichen Gesellschaftsrechte, nämlich das Stimmrecht und das Gewinnstammrecht, beim Kommanditisten. Somit reicht selbst die Einräumung einer umfassenden Vollmacht zur Ausübung der Rechte aus einem Gesellschaftsanteil nicht aus, um eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft anzunehmen.

Ansprechpartner: Manfred Ettinger

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