Wettbewerb: Bewertungsportale – alles nur gekauft?

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Bewertungsportale werden immer wichtiger und umfangreicher. Längst werden neben mittelständischen und kleinen Unternehmen auch Berufstätige oder Gewerbetreibende eines bestimmten Sektors mit Schulnoten und eigens erstellten Texten online bewertet. Besonders in den Bereichen Dienstleistung und Beratung können Nutzer öffentlich nach bestimmten Kriterien Anbieter beurteilen und ihre Empfehlungen abgegeben.

Der Sinn und Zweck der Bewertungsportale liegt darin, Verbrauchern die Auswahlentscheidung auf Basis einer unabhängigen Quelle zu erleichtern. Die Branche boomt, und auf zahllosen Portalen rollt eine Bewertungswelle über Reiseveranstalter und Restaurants, Stromanbieter und Anwälte, Bücher und Kosmetik hinweg. Kaum etwas bleibt unbenotet.

Für betroffene Unternehmen und Dienstleister sind die Portale eine zwiespältige Sache. Oft können bereits einzelne Bewertungen einen ansonsten guten Gesamteindruck zerstören. Hinzu kommt, dass immer wieder Zweifel an der objektiven Darstellung und Reihenfolge der Einträge auf bestimmten Portalen aufkommen.

Beim Ärzteempfehlungsportal Jameda standen bisher nicht unbedingt die Ärzte mit der besten Bewertung ganz oben auf der Liste. Bei Buchung der Zusatzoption „Top-Platzierung Fachgebiete“ konnten sich die Ärzte eine Top-Position in ihrem Fachbereich – gegen Aufpreis – auch erkaufen. In der Ergebnisliste erschienen sie damit ganz oben – die erhöhte Chance, von Patienten ausgesucht zu werden, inklusive.

Das Landgericht (LG) München I entschied bereits im März 2015, dass Ärzte-Bewertungsportale wie Jameda in Zukunft gekaufte Profile deutlich als Anzeige sichtbar machen müssen (LG München, Urt. v. 18.3.2015, Az. 37 O 19570/14). Dies soll zu mehr Transparenz bei den Verbrauchern und Patienten führen und eine Irreführung des interessierten Publikums verhindern. Die Nutzer des Portals sollen dadurch eindeutig erkennen können, ob ein Arzt die Ergebnisliste aufgrund seiner Reputation (Kombination aus Note und Anzahl der Bewertungen) oder einer bezahlten Platzierung anführen konnte.

Diese Entscheidung des LG München I ist nun, nachdem die Berufung gegen die Entscheidung vom Portalbetreiber zurückgenommen wurde, rechtskräftig und mit Sicherheit nicht das letzte Urteil zum Thema Bewertungsportale. Im Ergebnis bestätigt das Gericht insbesondere den ohnehin im Werbebereich anerkannten Grundsatz, dass redaktionelle Teile von Werbeteilen deutlich getrennt sein müssen.

Insbesondere bei vermeintlich objektiven Seiten gehen die angesprochenen Verbraucher ohne deutlichen Hinweis nicht davon aus, dass man sich eine Top-Platzierung oder gar ein gutes Testergebnis mit barem Geld kaufen kann. Sie werden daher leicht in die Irre geführt, woraus sich gerade der besondere Nutzen für diejenigen Unternehmen und Dienstleister ergibt, die dies getan haben.

Für Bewertungsportale bedeutet die aktuelle Rechtsprechung der Münchner Gerichtsbarkeit, dass sowohl nachteilig positionierte Wettbewerber als auch Verbraucherverbände sicherlich zukünftig vermehrt ein wachsames Auge auf die Praktiken in den Portalen werfen werden.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh

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