BNetzA will Eigenkapitalzinssätze der dritten Regulierungsperiode drastisch senken

(c) BBH
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Wenn es nach der Bundesnetzagentur (BNetzA) geht, sollen die kalkulatorischen Eigenkapitalzinssätze  in der dritten Regulierungsperiode drastisch niedriger ausfallen als in der zweiten. Das geht aus einem Papier hervor, das die BNetzA vor einigen Tagen auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat. Es handelt sich dabei um die Beschlussentwürfe zur Festlegung der für Strom- und Gasnetzbetreiber geltenden Eigenkapitalzinssätze der dritten Regulierungsperiode sowie des dazugehörigen Gutachtens der Frontier Economics Ltd zur Ermittlung des Wagniszuschlages für Strom- und Gasnetzbetreiber.

Die BNetzA beabsichtigt demnach die Eigenkapitalzinssätze (einheitlich für Strom und Gas) für Neuanlagen auf 6,91 Prozent und für Altanlagen auf 5,12 Prozent festzulegen – also deutlich niedriger als in der aktuell laufenden zweiten Regulierungsperiode, in der nach dem BNetzA-Beschluss vom 31.10.2011 (Az. BK4-11-304) die Zinssätzen bei 9,05 Prozent für Neu- und 7,14 Prozent für Altanlagen liegen.

Die BNetzA ist gemäß § 7 Abs. 6 Strom-/GasNEV verpflichtet, die für die Dauer einer Regulierungsperiode geltenden Eigenkapitalzinssätze unter Beachtung der Vorgaben des § 7 Strom-/GasNEV festzulegen. Gemäß § 54 Abs. 3 Satz 3 EnWG ist die BNetzA auch zuständig für die bundesweite einheitliche Festlegung der Eigenkapitalzinssätze. Vor Erlass dieser Entscheidung hat die BNetzA den davon betroffenen Unternehmen – also den Betreibern von Strom- und Gasversorgungsnetzen – gemäß § 67 EnWG die Möglichkeit einer Stellungnahme einzuräumen. Dieses Anhörungsverfahren ist mit der Veröffentlichung im Internet sowie der für den 13.7.2016 zu erwartenden Bekanntmachung im Amtsblatt eingeleitet.

Wie insbesondere ein Blick in die Vergangenheit zeigt, sprechen für die betroffenen Netzbetreiber gute Gründe dafür, sich möglichst zahlreich an dem eingeleiteten Anhörungsverfahren zu beteiligen. Denn auch die Eigenkapitalzinssätze der zweiten Regulierungsperiode sollten zunächst erheblich niedriger ausfallen. So sah der von der BNetzA veröffentlichte Festlegungsentwurf vom 7.9.2011 ursprünglich Zinssätze in Höhe von 8,20 Prozent für Neu- und 6,29 Prozent für Altanlagen vor. Die massive Kritik der Branche sowie die Vielzahl der Stellungnahmen im Konsultationsverfahren konnten die BNetzA schließlich aber doch zu einem Kurswechsel bewegen.

Darüber hinaus lassen sich aus dem damaligen Vorgehen der BNetzA bereits erste Bedenken gegen die aktuell von der BNetzA angekündigte Entscheidung ableiten. Die BNetzA begründete die im Jahr 2011 im Anhörungsverfahren vorgenommene Erhöhung der Zinssätze zum einen mit einer durch die Energiewende bedingten „deutschen Sondersituation“. Zum anderen verwies die BNetzA 2011 auf die „außergewöhnliche Situation an den Finanzmärkten“, die durch den Beginn der Finanzkrise 2008 ausgelöst wurde.

Dass sich diese Umstände in den letzten fünf Jahren derart drastisch geändert haben, wie es der Festlegungsentwurf mit Blick auf die deutlich geringeren Eigenkapitalzinssätze nun vermuten lässt, halten wir für äußerst fraglich. So kann von einer vollständigen Umsetzung der Energiewende zum heutigen Zeitpunkt noch immer nicht die Rede sein. So muss insbesondere der Ausbau der Netze weiter systematisch vorangetrieben werden.

Daneben ist die Situation an den Finanzmärkten nach wie vor von den Effekten der Finanzmarkt- und Schuldenkrise geprägt. So führten die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einem massiven Absinken der deutschen Zinsniveaus, was einen langfristigen Strukturbruch, gerade im Vergleich zum weltweiten Zinsniveau, zur Folge hatte. Die Fortsetzung der bisherigen Ermittlungssystematik des Wagniszuschlages spiegelt diesen langfristigen Strukturbruch allerdings nicht wider. Daher ist ein anderes methodisches Vorgehen unabdingbar, um diesen Strukturbruch angemessen zu würdigen.

Die BNetzA hat die betroffenen Netzbetreiber und die energiewirtschaftlichen Verbände gebeten, Stellungnahmen bis spätestens 10.8.2016 einzureichen. Nach unseren Informationen ist weiter geplant, dass der Bund-Länderausschuss in einer für den 8.9.2016 vorgesehenen Sitzung über die von der BNetzA beabsichtigte Entscheidung beraten wird. Die BNetzA wird dann voraussichtlich bereits Ende September/Anfang Oktober dieses Jahres endgültig über die geltenden Eigenkapitalzinssätze entscheiden.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Rudolf Böck/Prof. Dr. Ines Zenke/Stefan Missling

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