Zäsur im Wärmemarkt: der GEG-Entwurf und die Primärenergiefaktoren

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Europarechtlich ist das Gesetz bereits überfällig: Seit Jahresbeginn sollte die EU-Gebäuderichtlinie (RL 2018/844) eigentlich schon umgesetzt sein. Seit November 2018 gibt es immerhin schon einen Entwurf (wir berichteten) für ein Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude (Gebäudeenergiegesetz – GEG). Noch sind sich die Ministerien untereinander uneinig: Streitpunkt war bislang vor allem der darin vorgesehene verpflichtende Niedrigstenergiestandard für Gebäude der öffentlichen Hand. Aber wenn dieser Streit ausgeräumt ist und alles nach Plan verläuft, soll das Gesetz in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 in Kraft treten.

Dieses Gebäudeenergiegesetz soll das Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einem gemeinsamen und einheitlichen Gesetz verschmelzen. Dies war zunächst bereits für das Jahr 2017 angekündigt und vorgesehen, scheiterte dann jedoch an diversen Streitpunkten und einer nicht eindeutigen Vorgabe im damaligen Koalitionsvertrag. Im aktuellen Koalitionsvertrag ist nunmehr die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben ausdrücklich vorgesehen.

Nach dem Gesetzesentwurf soll das Anforderungsniveau an die Gebäudehülle und den Einsatz Erneuerbarer Energien für Neubauten und Bestandsgebäude der öffentlichen Hand weitgehend auf dem Niveau der heutigen EnEV und des EEWärmeG bleiben. Neu sind jedoch insbesondere die in § 22 GEG-E enthaltenen Vorgaben zur Bestimmung des Primärenergiefaktors. Diese beinhalten einen Methodenwechsel in der primärenergetischen Bewertung der Nutzwärme der Kraft-Wärme-Kopplung von der bisher genutzten Stromgutschriftmethode auf die Carnot-Methode (wir berichteten). Dies hat insbesondere zur Folge, dass

  • KWK-Anlagen mit hohen Stromkennzahlen, wie Gas- und Dampfturbinenkraftwerke oder große Blockheizkraftwerke, deutlich schlechter bewertet werden;
  • ein niedriger Primärenergiefaktor des Brennstoffs, wie bei Biomethan, Holz oder Siedlungsabfällen, einen deutlich geringeren Einfluss auf den Primärenergiefaktor der Nutzwärme hat;
  • die Vor- und Rücklauftemperatur des Wärmenetzes in die Bewertung der Nutzwärme aus KWK-Anlagen einfließen und ein Anreiz für die Absenkung der Temperaturen gegeben wird;
  • Primärenergiefaktoren von Wärmenetzen steigen und primärenergetisch günstige Netze mit sehr hohem Anteil Erneuerbarer Energien zukünftig mit 0,2 bis 0,3 bewertet werden.

Bevorzugt werden auch dezentrale Versorgungskonzepte auf Objektebene oder im Quartier. So können für gebäudenah genutztes Biogas/Biomethan niedrigere Primärenergiefaktoren angesetzt werden und gebäudenah erzeugter Strom aus Photovoltaik oder Wind mit einem Primärenergiefaktor von 0,0 in die Bewertung der Wärmeversorgung einfließen.

Wichtig ist aber auch, die aktuell im Gesetzesentwurf vorgesehenen Fristen frühzeitig zu beachten, um gegebenenfalls Nachteile abzuwenden. Dies gilt insbesondere für Wärmenetzbetreiber, deren Primärenergiefaktor-Gutachten nach AGFW FW 309-1 vor dem 31.12.2024 auslaufen. Für Wärmenetze, für die bisher kein Primärenergiefaktor veröffentlicht wurde, ist der Stichtag des Inkrafttretens des GEG relevant. Die Pflicht zur Anwendung der Carnot-Methode greift spätestens nach dem 31.12.2024 bzw. bei notwendigen Änderungen oder Neuberechnungen bereits ab dem 1.1.2021.

Wärmenetzbetreiber sollten im Einzelfall prüfen, ob durch die vorgesehenen Fristen des GEG-E kurzfristig Handlungsbedarf entsteht. Zudem sollten sie auch bei neuen Wärmeversorgungskonzepten und der Weiterentwicklung ihrer Wärmenetze die neuen Vorgaben berücksichtigen.

Ansprechpartner BBH: Ulf Jacobshagen
Ansprechpartner BBHC: Roland Monjau

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