Kommunale Parkplätze: Umsatzsteuerpflicht auch bei hoheitlicher Tätigkeit

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Dass die Finanzverwaltung öffentlich zugängliche Tiefgaragen, Parkhäuser oder gebührenpflichtige bewachte Parkplätze als (steuerpflichtigen) Betrieb gewerblicher Art behandelt, ist nicht neu. Soweit Gemeinden Parkscheinautomaten oder Parkuhren hingegen auf der Grundlage der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) betreiben, haben dies bislang sowohl Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 27.2.2003, V R 78/01) als auch Finanzverwaltung als hoheitliche und damit auch nichtunternehmerische Tätigkeit beurteilt. Von dieser Beurteilung hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem jüngsten Urteil vom 1.12.2011 gelöst.

In dem entschiedenen Fall hat eine Gemeinde eine Tiefgarage betrieben, die als öffentlich-rechtliche Sache dem Gemeingebrauch gewidmet war. Dieser war auf die Nutzung als öffentliche Parkfläche beschränkt. Einen Teil der Tiefgarage hat die Gemeinde aufgrund einer Widmungsverfügung als Gemeindestraße gewidmet; in der Tiefgarage galt ein Parkverbot.

Nach den bisher aufgestellten Kriterien „Handeln auf Grundlage der StVO“ und „öffentlich-rechtlicher Satzung“ wäre der Betrieb der Parkscheinautomaten als hoheitliche und damit nichtunternehmerische Tätigkeit zu beurteilen gewesen. Neu ist nicht, dass der BFH den umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG richtlinienkonform auslegt und die juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch insoweit als Unternehmer behandelt, als dass diese Umsätze durch Tätigkeiten auf dem Gebiet der steuerlichen Vermögensverwaltung erzielen (u.a. BFH vom 15.4.2010).

Neu ist hingegen, dass der BFH diese Beurteilung auch auf hoheitliche Tätigkeiten ausweitet. Nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts zwar grundsätzlich nicht als Steuerpflichtige, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Dies gilt auch dann, wenn sie in diesem Zusammenhang Zölle, Beiträge, Gebühren oder sonstige Abgaben erheben. Anders ist es nur, wenn eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtiger zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt (Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG). Eine derartige Wettbewerbsverzerrung sah der BFH in dem vorliegenden Fall deshalb als gegeben an, da unabhängig von der gewählten öffentlich-rechtlichen Handlungsform, Parkhäuser und Tiefgaragen auch von Unternehmern betrieben werden. Diese zu besteuern und kommunale Parkhäuser und Tiefgaragen nicht, würde zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.

Der BFH ließ in seinem Urteil ausdrücklich offen, ob das auch gilt, wenn es sich um unselbstständige Parkierungsflächen auf öffentlich-rechtlich gewidmeten Straßen gehandelt hätte.

Dass diese Entscheidung voraussichtlich kein Einzelfall bleiben wird, zeigt ein weiteres Urteil des BFH aus dem Jahr 2011. Auch in seinem Urteil vom 10.11.2011 hat der BFH entschieden, dass nachhaltig und gegen Entgelt erbrachte Leistungen der öffentlichen Hand der Umsatzsteuer unterliegen, wenn diese Tätigkeiten auf zivilrechtlicher Grundlage oder – im Wettbewerb zu Privaten – auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt werden. Dabei reicht es aus, wenn die Nichtbesteuerung der öffentlichen Hand zu einer nicht nur unbedeutenden Wettbewerbsverzerrung führen würde.

Im Streitfall begehrte eine Gemeinde den Vorsteuerabzug für die Errichtung einer Sport- und Freizeithalle. Die Gemeinde nutzte die Halle für den Schulsport ihrer Schulen, überließ die Halle aber auch gegen Entgelt an private Nutzer sowie an eine Nachbargemeinde für den dortigen Schulunterricht. Der BFH hat die Umsatzsteuerpflicht der Tätigkeiten mit Ausnahme der Nutzung für den eigenen Schulsport bejaht. Die Gemeinde ist deshalb zum anteiligen Abzug der Vorsteuer entsprechend der Verwendungsabsicht bei Errichtung der Halle berechtigt.

Von allgemeinem Interesse ist die Klarstellung, dass auch sog. Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie zum Beispiel Gemeinden erbracht werden, steuerpflichtig sind, sofern es sich um Leistungen handelt, die auch von Privatanbietern erbracht werden könnten. Entgegen der derzeitigen Besteuerungspraxis ist danach nicht ausgeschlossen, dass beispielsweise auch die Leistungen kommunaler Rechenzentren umsatzsteuerpflichtig werden.

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