Fällt die organisatorische Eingliederung (umsatzsteuerliche Konzernbesteuerung) im Insolvenzfall?

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Schon im letzten Jahr hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (Az. V R 18/13 – 8.8.2013), dass die organisatorische Eingliederung einer Organgesellschaft endet, wenn ein so genannter „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt eingesetzt wird. Jetzt legt der gleiche Senat des BFH nach: In einem Beschluss vom 19.3.2014 (Az. V B 14/14) lässt er erkennen, dass er ernstlich daran zweifelt, ob die Organschaft in der Insolvenz überhaupt noch fortbestehen kann. Auch wenn die Entscheidung im Hauptsacheverfahren noch aussteht, ist die Tendenz des BFH erkennbar.

 

Voraussetzung und Hintergrund einer umsatzsteuerlichen Organschaft 

Die umsatzsteuerliche Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG setzt voraus, dass die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in das Unternehmen der Organmutter eingegliedert ist. Das geschieht regelmäßig dadurch, dass Geschäftsführung von Organgesellschaft und -mutter teilweise oder ganz aus den gleichen Leuten besteht. Die Organschaft beginnt automatisch, sobald ihre Voraussetzungen erfüllt sind, und endet automatisch, sobald sie enden.

Die Organschaft führt zu einer „Verschmelzung zu einem einzigen Steuerpflichtigen“. Die Organmutter ist Steuerschuldnerin auch für die Umsätze der Organgesellschaften, kann dann aber zivilrechtlich von dieser Ausgleich verlangen. Somit folgt die Verteilung von Umsatzsteuerlast und Vorsteuerabzugsrecht gleichermaßen dem Verursacherprinzip. 

BFH verweist auf eingeschränkte Möglichkeiten zur Anspruchsdurchsetzung im Rahmen einer Insolvenz hin

In seiner Entscheidung vom 8.8.2013 stellte der BFH zunächst fest, dass die Organmutter nicht mehr ihren Willen bei der Organgesellschaft durchsetzen kann, wenn bei dieser ein „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die Geschäfte führt. Demnach ist es nicht (mehr) ausreichend, dass bei der Organgesellschaft nichts passiert, was dem Willen der Organmutter passiert, diese also ein (passives) „Vetorecht“ besitzt. Vielmehr muss für die organisatorische Eingliederung die Organmutter ihren Willen aktiv durchsetzen können. Da der vorläufige Insolvenzverwalter dies aber durch sein Veto verhindern kann, lag nach Auffassung des BFH die organisatorische Eingliederung nicht mehr vor.

In seinem jüngsten Beschluss hält der BFH es grundsätzlich für zweifelhaft, ob die Organschaft im Insolvenzverfahren fortbestehen kann. Der BFH begründet dies damit, dass mit der Insolvenzeröffnung die Vermögensmassen getrennt werden (Stichwort: insolvenzrechtlicher Einzelverfahrensgrundsatz). So sei z.B. im Insolvenzverfahren der Organmutter die Steuer für Umsätze der Organgesellschaft keine Masseverbindlichkeit und könne daher vom Finanzamt nicht durch Steuerbescheid gegenüber der Organmutter festgesetzt werden.

In der Insolvenz der Organgesellschaft sei die Organmutter zudem nicht berechtigt, ihren zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen die Organgesellschaft als Masseverbindlichkeit geltend zu machen. Hieran ändert sich auch nichts, wenn das Insolvenzgericht für die Organmutter und Organgesellschaft denselben Insolvenzverwalter einsetzt oder Eigenverwaltung anordnet wird. Dies ist nach Auffassung des BFH in seiner summarischen Prüfung mit dem umsatzsteuerlichen Grundsatz der organschaftlichen Unternehmenseinheit nicht vereinbar. Zu der Frage der wirtschaftlichen oder finanziellen Eingliederung bei einer Insolvenz wird dagegen explizit nicht eingegangen.

Es ist davon auszugehen, dass der BFH auch in diesem Fall die organisatorische Eingliederung nicht anerkennen wird und das Insolvenzverfahren eine umsatzsteuerliche Organschaft ausschließt.

Ansprechpartner: Manfred Ettinger

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