Grunderwerbsteuerreform macht Weg frei für Gemeindefusionen

(c) BBH
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Wenn sich Kommunen zusammenschließen oder zu kreisfreien Städten werden, löst das keine Grunderwerbsteuer mehr aus. Das ist eine von mehreren Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), die der Gesetzgeber rückwirkend zum 7.6.2013 auf den Weg gebracht hat.

Endlich! könnte man sagen – auf die Einführung dieses Gesetzes haben die Gemeinden in strukturschwachen Regionen lange gewartet. Die Bevölkerung schrumpft und wird immer älter. Diese demographische Entwicklung wirkt sich erheblich auf die öffentlichen Finanzsysteme, die öffentlichen Verwaltungen und den öffentlichen Dienst aus – der Anteil an den Steuereinnahmen sinkt, die Ausgaben für öffentliche Leistungen steigen. Da liegt oft die Idee nicht fern, sich mit anderen Gemeinden zusammenzuschließen, um so gemeinsam die kommunale Leistungs- und Finanzkraft zu sichern.

Das GrEStG a. F. wirkte in der Vergangenheit jedoch regelmäßig als Hemmschuh: Nach der alten Gesetzeslage konnten nur solche Grundstücke bei Zusammenschlüssen kommunaler Gebietskörperschaften grunderwerbsteuerfrei übertragen werden, die einer überwiegend hoheitlichen Nutzung dienen, also typischerweise Rathaus, Bauhof, Friedhof oder Feuerwehrgelände. Bei Grundstücken dagegen, die von der Gemeinde überwiegend wirtschaftlich bzw. gewerblich genutzt werden oder sich im Eigentum eines kommunalen Unternehmens befinden, fiel bisher Grunderwerbsteuer an. Dies galt für den Immobilienbesitz von Stadtwerken, Wohnungsgesellschaften oder anderen Wirtschaftsbetrieben wie beispielsweise Wirtschaftsförderungsgesellschaften.

Die Steuerbelastung hatte jedenfalls in der Vergangenheit ein Ausmaß, das jede Strukturänderung im Keim erstickte. Da half es auch nicht, dass die Länder spezielle Programme zur Förderung von Gemeindefusionen aufgelegt hatten.

Jetzt steht die Tür offen, die kommunalen Strukturen hin zu effizienten und leistungsfähigen Einheiten neu auszurichten – und das ist uneingeschränkt zu begrüßen.

Lockerungen im Konzern

Das ist aber nicht die einzige Änderung im Grunderwerbsteuerrecht. Auch Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns sollen nicht durch anfallende Grunderwerbsteuer gehemmt werden. Zu diesem Zweck gibt es bereits seit dem 1.1.2010 eine Konzernklausel im GrEStG, die unter eng begrenzten Voraussetzungen eine Steuerbefreiung gewährt. Insbesondere muss es sich bei der konzerninternen Umstrukturierung um eine übertragende Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) (oder anderen Bundes- oder Landesgesetzen oder entsprechenden Umwandlungen im EU-/EWR-Raum) handeln, also nach deutschem Verständnis: Verschmelzung, Spaltung, oder Vermögensübertragung. Übertragungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge waren nicht begünstigt.

Diese strenge Regelung wurde nun teilweise gelockert. Begünstigt sind nach der Gesetzesänderung nunmehr auch Einbringungen, zum Beispiel nach den §§ 20 und 24 UmwStG und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (§ 6a Satz 1 GrEStG n.F.). Damit werden nun auch Übertragungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfasst. Wo genau die Grenze zwischen begünstigten und nicht begünstigten Umstrukturierungsvorgängen im Wege der Einzelrechtsnachfolge verläuft, bleibt aber schwierig zu sagen. Die Formulierung im neuen Gesetzestext „andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ ist auslegungsbedürftig und wird in Einzelfällen zu Unstimmigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und den Finanzbehörden führen.

Schließlich wurde eine beliebte strukturelle Gestaltungsmöglichkeit bei Fremdinvestitionen in Immobiliengesellschaften unterbunden: Dabei erwarben die Investoren zunächst nur < 95 Prozent an der Immobiliengesellschaft (GmbH oder GmbH & Co. KG) unmittelbar; anschließend kauften sie mittelbar (über eine andere Gesellschaft) dann nochmals > 95 Prozent am Restgesellschaftsanteil. Insgesamt konnten sie so zusammengenommen  über 99 Prozent am Immobilienvermögen erwerben, ohne dass dadurch Grunderwerbsteuer anfiel. Jetzt ist die Anrechnungsmethodik mittelbarer Beteiligungen so geändert, dass diese Gestaltungsmöglichkeit nicht mehr geht (§ 1 Abs. 3a GrEStG n.F.).

Ansprechpartner: Jürgen Gold/Meike Weichel

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