Die Pkw-Maut soll kommen. Fühlen Sie sie schon?

(c) BBH
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Jetzt ist es tatsächlich soweit. Im September 2014 soll im Kabinett die Pkw-Maut diskutiert werden. Sie meinen, wir haben uns verschrieben? Nein, es geht tatsächlich um die Einführung einer Maut für Autofahrer und nicht nur über die seit gestern diskutierte Ausweitung der bestehenden Maut für Lkws. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat das Vorhaben unter dem Arbeitstitel „Einführung einer Pkw-Maut“ angekündigt.

Pkw-Maut? Da war doch was…

Über wenige Themen wurde im Vorfeld der Regierungsbildung Ende letzten Jahres so leidenschaftlich diskutiert wie über die Pkw-Maut für Ausländer. Von den Schwesterparteien CDU und CSU gab es klare Ansagen („Die Pkw-Maut für Ausländer kommt ganz sicher“) und klare Absagen („Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben“). Auf sämtlichen Kanälen diskutierten und argumentierten Rechtsprofessoren, bekennende Europäer und sonstige „Berufene“ über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit dieses Vorhabens. Dann gab es eine Entscheidung – ein Satz, dem man die Emotionalität der vorangegangenen Debatte nicht mehr im geringsten ansah. Er steht im Koalitionsvertrag der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD und liest sich ausgesprochen nüchtern (S. 39 f.):

„Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute. Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfolgen. Ein entsprechendes Gesetz soll im Verlauf des Jahres 2014 verabschiedet werden“.

Was nützt eine Pkw-Maut? Das federführende Ministerium möchte die Finanzierungsbasis der Verkehrsinfrastruktur verbreitern, um – wie es im Koalitionsvertrag so schön heißt – „den Standortvorteil Infrastruktur“ mit mehr Investitionen zu stärken (S. 9 des Koalitionsvertrages). Das BMVI hat nun vor, für diese Finanzierung  (unter anderem, heißt es) auch Pkw heranzuziehen, die nicht in Deutschland zugelassen sind. Sie benutzen deutsche Autobahnen und sollen dafür einen angemessenen Beitrag leisten – insofern also ganz auf der Linie des im Koalitionsvertrag Vereinbarten. Schon nach der Sommerpause soll ein Gesetzesentwurf vorliegen, der EU-konform (guter Plan!) sicherstellen soll, dass kein deutscher Halter stärker als jetzt belastet wird. Die Einnahmen sollen zweckgebunden für Investitionen in Bundesfernstraßen (also nicht mehr nur Autobahnen) ausgegeben werden.

Weiterentwicklung der Lkw-Maut

Wie seit neuestem auch schon der Presse zu entnehmen war, soll auch die Maut für Lkw ausgeweitet werden. Grund ist, dass nach einem für Frühjahr erwarteten Wegekostengutachten die Mautsätze sinken werden. Nach Aussagen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sollen diese Mindereinnahmen durch eine Ausweitung der Mautpflicht auf zusätzlichen 1.000 Kilometern Bundesstraße zum 1.7.2015 kompensiert werden. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen hingegen benötigt mehr Vorlauf und soll daher zunächst noch verschoben werden. Inwieweit die SPD mit dieser Abweichung vom Koalitionsvertrag einverstanden ist, muss erst noch abgewartet werden. Darüber hinaus soll die Lkw-Maut künftig auch schon für Laster ab 7,5 Tonnen – statt bislang nur für den Schwerlastververkehr ab 12 Tonnen – fällig werden. Neben der Modifikation der Tonnage ist aber auch die Einbeziehung externer Kosten als Orientierung denkbar. Daneben sollen die umweltfreundlichen Euro-VI-Fahrzeuge eine eigene, günstige, Maut-Klasse erhalten. Die Novellierung läuft unter dem Arbeitstitel  „Nutzerfinanzierung im Bereich Straße – Weiterentwicklung der Lkw-Maut.“

Was bringt’s finanziell? Durch die Lkw-Maut nimmt der Bund derzeit jährlich 4,5 Mrd. Euro ein, womit bereits ein Großteil der Kosten für die Wartung und Instandhaltung von Autobahnen geschultert werden kann. Nach den Berechnungen des BMVI soll die ausgeweitete Lkw-Maut in der derzeitigen Form insgesamt bis zu 700 Millionen Mehreinnahmen noch in dieser Legislaturperiode bringen. Und die Pkw-Maut? Tja, da scheiden sich die Geister. Aufgrund der hohen Kosten für die Implementierung eines entsprechenden Systems gingen einige Experten bislang sogar davon aus, dass der Bund am Ende draufzahlt. Andere hingegen erwarten, dass sich die Pkw-Maut zu einer verlässlichen und dauerhaften zusätzlichen Finanzierungsquelle entwickeln wird. Wir dürfen also gespannt sein!

Deutschland wäre jedenfalls in guter Gesellschaft. In zahlreichen  Mitgliedstaaten der Europäischen Union müssen Autofahrer für die Benutzung von Autobahnen und Schnellstraßen zahlen. Dabei wurden ganz unterschiedliche Modelle gewählt: In Frankreich oder Kroatien richtet sich die Gebühr nach der Länge der zurück gelegten Strecke. Andere Länder, zum Beispiel unsere Nachbarn Österreich und Schweiz, haben sich  für die Vignetten-Lösung entschieden. Daneben gibt es noch Länder wie zum Beispiel Norwegen, die punktuell für die Benutzung einzelner Brücken oder Tunnel eine Gebühr erheben. In einem Punkt würde Deutschland aber quasi „Maut-Geschichte“ schreiben: die Erhebung einer Straßenbenutzungsgebühr nur für Ausländer…

Was der EuGH dazu sagen wird, bleibt abzuwarten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Jung/Dr. Christian Dessau

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