Rechtliche Leitplanken für autonome Autos

(c) BBH
(c) BBH

Autos, die von selber fahren: was bis vor kurzem noch wie ein Zukunftsroman klang, wird rapide Wirklichkeit. Diese Entwicklung setzt Regierung und Gesetzgeber unter Zugzwang, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz solcher automatisierten Fahrzeuge festzulegen. Seit kurzem tagt dazu eine von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt eingesetzte Ethik-Kommission.

Automatisierte (oder autonome) Fahrzeuge sind solche, die ohne den Einfluss eines Menschen fahren, steuern und einparken können. Unter automatisiertem Fahren wird zudem der Einsatz von Fahrerassistenzsystemen verstanden, die nicht in jeder Situation vom Fahrer „übersteuert“ werden können. Die Ethik-Kommission soll Leitlinien für die Programmierung dieser und vollautonomer Systeme entwickeln. Zuvor hatte der Bundestag den Regierungsentwurf zur Umsetzung des neu gefassten Wiener Übereinkommens angenommen und damit den Weg frei gemacht für übersteuerbare Fahrerassistenzsysteme.

Die Ethik-Kommission soll entscheiden, wie eine automatisierte Funktion in Situationen reagieren sollen, in denen Menschen nach ihrer persönlichen Intuition handeln. Gibt es eine „richtige“ Intuition? Oder sind die möglichen Folgen der Reaktion mathematisch aufzurechnen? Wie sähe eine solche Rechnung aus? Kindern ist stets auszuweichen – auch wenn ein anderer Mensch dadurch verletzt wird? Nach Aussage des Bundesverkehrsministers ist klar: „Sachschaden geht immer vor Personenschaden. Und es darf keine Klassifizierung von Personen geben, etwa nach Größe oder Alter.“

Das Experten-Gremium besteht aus 14 Wissenschaftlern und Experten aus den Fachrichtungen Ethik, Recht und Technik und wird vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio geleitet. Er formuliert die Aufgabe der Kommission so: „Automatisierte Fahrsysteme müssen sich in eine Rechtsordnung einfügen, die den Menschen in seiner körperlichen Integrität und als selbstbestimmte Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellt.“

Wie dringend gesetzliche Regelungen erforderlich sind, wurde ebenfalls in der letzten Woche deutlich. Ende September ereignete sich der erste Unfall auf einer deutschen Autobahn (A 24), bei dem ein Fahrassistenzsystem genutzt wurde: Ein Tesla fuhr unter Verwendung des Autopiloten auf einen vor ihm einscherenden Reisebus auf. Der Pkw-Fahrer wurde leicht verletzt, die Passagiere im Reisebus kamen mit dem Schrecken davon.

Der Bundesverkehrsminister geht allerdings davon aus, dass die Technologie – richtig programmiert – insgesamt das Autofahren sicherer macht. Seit 2015 fördert die Bundesregierung daher den Ausbau von Teststrecken. Sie werden mit einer Sensorik ausgestattet, die die Kommunikation zwischen Straße und Auto ermöglicht. Sie können insbesondere von Testfahrzeugen genutzt werden, deren Erprobung nach § 19 Abs. 6 StVZO rechtlich zulässig ist.

Mit steigender Verbreitung der autonomen Fahrsysteme wird gerade von Fahrzeugen im Bereich der E-Mobilität erwartet, auch im Hinblick auf selbstständiges Fahren auf dem neusten Stand zu sein. Der Erfolg der Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität (wir berichteten) wird daher auch von einem Erfolg autonomer Fahrsysteme abhängen.

Ansprechpartner: Dr. Christian de Wyl/Jan-Hendrik vom Wege/Dr. Roman Ringwald

Share
Weiterlesen

22 Juli

Der BBH-Blog verabschiedet sich in die Sommerpause

Den Beginn der parlamentarischen Sommerpause nehmen wir bekanntlich gerne als Anlass, den aktuellen „Wasserstand“ abzulesen sowie einen kurzen Blick in die Zukunft, sprich die zweite Hälfte des Jahres zu werfen – also auf das, was auf die politischen Entscheider*innen und...

21 Juli

„Klimaneutralität“ und Kompensationszahlungen: Anforderungen der europäischen Anti-„Greenwashing“-Richtlinie

Die Anforderungen an Werbung mit umweltbezogenen Aussagen steigen. Erst am 27.6.2024 hatte der Bundesgerichtshof im „Katjes“-Urteil (Az.: I ZR 98/23) strenge Maßstäbe für die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ formuliert. Die europäische Anti-„Greenwashing“-Richtlinie könnte die Regeln für das Werben mit...