Compliance-Verantwortliche: Please like me!

Träne Auge Streit
© BBH

Wer erinnert sich nicht daran, das Tollen und Spielen damals in der Grundschule auf dem Pausenhof? Und wenn wir mal ehrlich sind: es gab doch immer jemanden, der allein und ohne Freunde in der Ecke stand, oder? Und sei es nur wegen oberflächlicher Kleinigkeiten wie einer Zahnspange, einer Brille oder eines neuen Haarschnitts. Am Sprichwort „Kinder können so grausam sein“ scheint doch etwas dran zu sein. Lange her? Nicht für den ein oder anderen Compliance-Verantwortlichen – denn wie die sich im Kollegenkreis gelegentlich fühlen, erinnert bisweilen an den Pausenhof von damals. Teilweise erfahren Compliance-Verantwortliche wenig positives Feedback, schlimmstenfalls noch nicht einmal aus der Unternehmensleitung. Teilweise müssen sie sich gar mit dem Misstrauen oder der Ablehnungshaltung ihrer Kollegen abfinden.

Compliance-Verantwortliche beschäftigen sich im Allgemeinen mit der Entwicklung, Umsetzung und Auswertung von Compliance-Maßnahmen der Unternehmensführung. Im Einzelnen beraten sie Manager und Mitarbeiter bei der Anwendung wichtiger Gesetze und Richtlinien. Compliance-Verantwortliche können dazu Verhaltenskodizes entwickeln und dokumentieren sowie Mitarbeiter schulen. Unter Stress geraten die Kollegen vor allem, wenn es um die Kontroll- und Ermittlungstätigkeit von Compliance-Verantwortlichen geht, weil der Verdacht eines Verstoßes gegen gesetzliche oder unternehmensinterne Vorschriften im Raum steht. Denn Compliance-Mitarbeiter sollen sich um eine lückenlose Aufklärung von Regelverletzungen bemühen sowie zur Verhinderung weiterer Verstöße beitragen. Das klingt wahrhaftig nach einer Fülle von Aufgaben – die neben strukturierter und strategischer Arbeitsweise ein hohes Maß an Durchsetzungskraft und Belastbarkeit erfordert. Umso schwieriger wird es also, wenn der Gegenwind bereits aus den eigenen Reihen kommt.

Wenn die Kollegen die Mitarbeiter, die Compliance-Aufgaben wahrnehmen, ablehnen, dann ist das für ein fortschrittliches Compliance-Management abträglich: denn einzig die gelebte Compliance-Kultur kann unternehmerischen Erfolg messbar erhöhen. Das setzt aber wiederum voraus, dass es auf der Ebene des Managements gelingt, ein grundlegendes positives Verständnis von effektiver Compliance zu entwickeln und diese Linie überzeugend an das gesamte Unternehmen zu vermitteln. Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, dass Compliance-Mitarbeiter organisatorisch angemessen ins Unternehmen eingegliedert werden und hinreichend ausgestattet sind. Andernfalls bleiben die betroffenen Mitarbeiter weiterhin allein in der Ecke vom Pausenhof, pardon, auf sich gestellt bei der Bewältigung von Compliance-Angelegenheiten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

Share
Weiterlesen

22 Juli

Der BBH-Blog verabschiedet sich in die Sommerpause

Den Beginn der parlamentarischen Sommerpause nehmen wir bekanntlich gerne als Anlass, den aktuellen „Wasserstand“ abzulesen sowie einen kurzen Blick in die Zukunft, sprich die zweite Hälfte des Jahres zu werfen – also auf das, was auf die politischen Entscheider*innen und...

21 Juli

„Klimaneutralität“ und Kompensationszahlungen: Anforderungen der europäischen Anti-„Greenwashing“-Richtlinie

Die Anforderungen an Werbung mit umweltbezogenen Aussagen steigen. Erst am 27.6.2024 hatte der Bundesgerichtshof im „Katjes“-Urteil (Az.: I ZR 98/23) strenge Maßstäbe für die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ formuliert. Die europäische Anti-„Greenwashing“-Richtlinie könnte die Regeln für das Werben mit...