Der große Wurf – am Ende bleibt`s, wie es gewesen!
Nun ist es vollbracht – und doch anders als von manchen erhofft und von der Energiewirtschaft befürchtet: Der Gesetzgeber hat das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken am 27.6.2013 verabschiedet. Über den Gesetzentwurf hatten wir vor Kurzem berichtet und auf Neuerungen im Zusammenhang mit dem so genannten fliegenden Gerichtsstand hingewiesen (wir berichteten).
Bisher kann ein Unternehmen, das durch einen Wettbewerbsverstoß geschädigt wurde, wählen, ob es am Ort der unerlaubten Handlung klagt oder am Geschäftssitz des Schädigers klagt. So steht es in § 14 Abs. 2 UWG. Der Entwurf der Bundesregierung sah vor, dieses Wahlrecht wegen der latenten Missbrauchsgefahr abzuschaffen: Gerade bei bundesweiten Abmahnwellen gegen unlautere Online-Werbung können sich Unternehmen das ihnen tendenziell gewogenste Gericht aussuchen, um Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Das abgemahnte Unternehmen muss sich oftmals mit einer Verhandlung an einem anderen Ort als dem des Geschäftssitzes des Unternehmens arrangieren – was die Verteidigung vor allem dann erschwert, wenn der Abgemahnte auf die Mitwirkung von Zeugen angewiesen ist, die nicht bereit sind, für die Vernehmung zu reisen.
Der Gesetzgeber wollte den Gerichtsstandort des Handlungsorts nur in dem – zumindest in der Energiewirtschaft eher seltenen Fall – zulassen, wenn der Abgemahnte im Inland weder eine gewerbliche oder selbstständige berufliche Niederlassung bzw. einen Wohnsitz hat. Das stieß auf massive Kritik durch Verbraucherverbände und die Gerichte selbst. Denn der Vorschlag des Gesetzgebers schien zu vergessen, dass das Wahlrecht den Zugriff auf den Fachverstand der bei vielen Landes- und Oberlandesgerichten existierenden Spezialkammern für Wettbewerbsrecht ermöglicht. Außerdem, so die Kritik, sei ein Missbrauch des Wahlrechts gar nicht erkennbar: Für die Annahme, dass bestimmte Gerichte dazu tendieren, zu Gunsten der Geschädigten Gefälligkeitsentscheidungen zu treffen, fehle jeder Beweis. Zudem betrifft der Online-Handel bundesweit lediglich 10 bis 15 Prozent der Entscheidungen im Wettbewerbsrecht.
Die Kritik hat offenbar gewirkt: Für sämtliche Gerichtsverfahren im Bereich der Energiewirtschaft, bei der werbe- oder vertriebsrechtliche Unterlassungs- bzw. Schadensersatzansprüche im Wege eines einstweiligen Verfügungsantrags oder einer Klage geltend gemacht werden, bleibt es dabei, dass der Abmahner sich auch weiterhin ein Gericht aussuchen kann, bei dem er seine Ansprüche geltend macht.
Was etwaige rechtsmissbräuchliche Abmahnwellen betrifft, so sieht der Gesetzentwurf in § 8 Abs. 4 UWG eine Neuerung vor: In Zukunft kann der Abgemahnte nämlich erstmals Ersatz für seine Aufwendungen verlangen, wenn er zu Unrecht bzw. rechtsmissbräuchlich abgemahnt wurde. Das umfasst grundsätzlich auf jeden Fall die anfallenden Rechtsanwaltskosten. Das dürfte abmahnwütige Unternehmen vor allem im Online-Handel bis zu einem gewissen Grad abschrecken.
Im Bereich des Urheberrechts bleibt der fliegende Gerichtsstand übrigens grundsätzlich erhalten – allerdings nur sofern der Abgemahnte nicht als Verbraucher auftritt. Verbraucher, die zum Beispiel wegen der Nutzung von Internettauschbörsen abgemahnt werden, können in Zukunft nur noch bei dem zuständigen Gericht ihres Wohnsitzes gerichtlich in Anspruch genommen werden.
Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh