Agil, gestuft, mit weniger BSI und auf Kosten der Verteilnetzbetreiber – der Masterplan für den MsbG-Rollout

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Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat einen umfangreichen Referentenentwurf für das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) vorgelegt. Damit soll der Rollout intelligenter Messsysteme (iMS) nun zügig und ohne zu hohe Bürokratie und zu hohe technische Anforderungen starten. Aktuell liegt der Rollout nach den für knapp 50 Verteilernetzbetreiber erfolgreichen Gerichtsverfahren und der anschließenden Aufhebung der Marktverfügbarkeitserklärung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) auf Eis.

Ausgestaltung des MsbG-Rollouts

Das BMWK möchte den Rollout nicht nur von zu hohen Anforderungen entschlacken und beschleunigen, sondern auch die Kosten neu verteilen, die Zuständigkeit des BSI auf einige Grundfunktionen beschränken und die Kompetenzen insgesamt bündeln.

Dazu soll das Erfordernis einer Marktverfügbarkeitserklärung ersatzlos wegfallen, und es soll nicht mehr auf drei „marktverfügbare“ iMS ankommen, die alle erwarteten Funktionalitäten abbilden. Stattdessen wird ein „agiler“ Rollout mit dem „Zieljahr“ 2030 (Abschluss) vorgesehen. Dazu soll der Rollout grundsätzlich sofort starten (also mit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle) – verpflichtend beginnen muss er jedenfalls ab 2025. Der sog. „agile Rollout“ soll dabei sicherstellen, dass der Rollout bei Letztverbrauchern unter 20.000 kWh Jahresverbrauch und bei Anlagenbetreibern bis 25 KW bereits mit den heute verfügbaren Smart-Meter-Gateways beginnen kann. Anspruchsvollere Funktionalitäten wie etwa Steuern und Schalten sollen dann nachträglich und insbesondere per Software-Update und im Zusammenspiel mit den Backend-Systemen implementiert werden.

Die Rolloutquoten werden neu aufgestellt, so dass z.B. für Letztverbraucher bis 100.000 kWh und Anlagenbetreiber unter 100 KW bis 2025 50 Prozent und bis 2030 95 Prozent aller Messstellen ausgestattet sein müssen. Ein Verstoß gegen die Rolloutquoten soll nicht mehr zur Zwangsausschreibung und damit Abgabe der Grundzuständigkeit führen, unterliegt aber der Aufsicht und Anordnungskompetenz der Bundesnetzagentur (BNetzA).

Messstellenbetriebsentgelte sollen künftig weitgehend die Verteilernetzbetreiber tragen

Eine der bedeutendsten Änderungen betrifft die Messstellenbetriebsentgelte. Diese müssen bisher für iMS und moderne Messeinrichtungen vom Anschlussnutzer getragen werden (direkt oder über seinen Stromlieferanten). Diese Kosten sollen zukünftig so aufgeteilt werden, dass ein großer Teil der Kosten vom Messstellenbetreiber (grundzuständig oder wettbewerblich) dem Verteilernetzbetreiber in Rechnung gestellt wird. Der Anschlussnutzer wird dadurch deutlich entlastet. Der Verteilernetzbetreiber kann die von ihm zu tragenden Kosten dann im Rahmen der Erlösobergrenzen in der Anreizregulierung ansetzen (allerdings im aktuellen Entwurf noch viel zu spät – hier muss noch eine Klarstellung im Gesetz erfolgen).

Begründet wird dies damit, dass die Verteilernetzbetreiber vom Rollout besonders profitieren, da zukünftig alle iMS viertelstundenscharf bilanziert werden sollen und so z.B. notwendige Netzzustandsdaten vereinfacht erhoben werden können, die Netzausbauplanung und der Netzbetrieb insgesamt effizienter werden.

Die Preisobergrenzen sollen in diesem Zusammenhang insgesamt neu geordnet und einer Anpassung durch die BNetzA bbhunterworfen werden, die bereits ab 2024 möglich sein soll.

Neuerungen bei den technischen Vorgaben

Um liegenschaftsweite Effizienzen zu heben, ist ausdrücklich vorgesehen, dass ein iMS auch für mehrere Netzanschlüsse („am Netzknotenpunkt“) installiert werden kann, sog. 1:n-Metering.

Das BSI wird nach dem Willen des BMWK künftig nur noch für die technischen Standards für das Smart-Meter-Gateway zuständig sein. Alle weiteren Standards, etwa für Steuereinheiten, Ladeeinrichtungen, Wärmepumpen oder energiewirtschaftliche Prozesse sind danach vorrangig „Aufgabe der Wirtschaft“, also im Markt zu entwickeln.

Dazu soll auch die sichere Lieferkette (SiLKe) modernisiert werden, so dass auch ein massengeschäftstauglicher Versand per Post möglich sein wird, Transportboxen entfallen und intakte Geräte nicht entsorgt werden müssen.

Auswirkungen auf Energievertriebe

Auch für Energievertriebe greifen Neuregelungen. Die Verpflichtung zum Angebot dynamischer Tarife, also zeit- und lastvariabler Vertriebsprodukte, wird ausgedehnt und beschleunigt. Ab 2026 müssen alle Stromlieferanten entsprechende Tarife anbieten.

Wie geht es weiter und was bedeutet die Neuregelung für aktuelle Rollout-Projekte?

Der Gesetzgeber macht Tempo und stellt einige bedeutende Weichen neu. Insbesondere der klare Fahrplan über 2025 hinaus bis 2030 und die eindeutige Freigabe der aktuell verfügbaren Gerätetechnik müssen Anlass für alle grundzuständigen Messstellenbetreiber sein, ihren Rollout-Plan zu konkretisieren. Netzbetreiber und Energievertriebe müssen sich auch darauf einstellen, dass der Rollout nun doch vorankommt. Der Gesetzgeber wird beim aktuellen Tempo der Verabschiedung von Gesetzen nicht lange brauchen, um die Neuregelung wirksam werden zu lassen.

Ansprechpartner: Dr. Jost Eder/Jan-Hendrik vom Wege/Dr. Michael Weise/Dr. Florian Wagner

PS: Diskutieren Sie gerne mit uns die Inhalte und Auswirkungen der Neuerungen in unserem Webinar MsbG-Novelle 2022: Neustart für den Rollout von iMS?!

 

 

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