Gespenst Blockchain?

(c) BBH
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„Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der Blockchain.“ Die wenigsten werden von dieser Entwicklung schon gehört haben, die zunächst die Finanzwelt erschreckt hat, aber zunehmend auch andere Bereiche mit Faszination und Grusel erfüllt. Um einen Informatiker zu zitieren: „Gerade in Berlin scheint es ja inzwischen Blockchain zu allem zu geben: FinTech, Digital Rights Management, Artwork Authentication, auch zum Latté statt Sahne!“

Blockchain – was ist das überhaupt?

Blockchain ist eine Technologie, die – vereinfacht gesagt – auf der Idee eines dezentralen Kontoführungssystems beruht. Will ich eine Transaktion vornehmen, muss ich heute bei meiner Bank, die ein Konto für mich führt, eine Überweisung einreichen. Daraufhin wird die Bank durch einen komplexen (mehrtägigen) Prozess dafür sorgen, dass bei einer anderen Bank auf dem Konto einer anderen Person die Überweisung „ankommt“. Die Blockchain-Technologie ermöglicht ein „zentrales“ Transaktionsregister, das aber dezentral gelagert wird – nämlich potentiell auf Hunderten oder Tausenden von Servern. Jede Transaktion bildet einen Block, der parallel auf den Hunderten oder Tausenden von Servern gespeichert wird und somit an die Kette von Transaktionen angehängt wird.

In diesem System gibt es nicht die eine Bank, sondern ein dezentrales und vernetztes Kontosystem. Es gibt keine Einzelinstanz, der man vertrauen muss, sondern ein System. Transaktionen dauern nicht mehr Tage, sondern Sekunden. Außerdem kann man in diesem Transaktionsregister natürlich weitere Daten hinterlegen, die man für die Vertragsabwicklung benötigt. Und schließlich gibt es auch noch die Möglichkeit, sog. Smart Contracts direkt zu nutzen, also Verträge, die unmittelbar elektronisch abgeschlossen und ausgeführt werden können, um so Transaktionskosten zu sparen.

Und warum soll sich die Energiewirtschaft dafür interessieren?

Die Frage der Überschrift ist bereits falsch gestellt. Denn die Energiewirtschaft interessiert sich bereits dafür. Vielleicht noch nicht die breite Masse, aber Spezialisten sind am Tüfteln, wie man mit dem Werkzeug Blockchain interessante Anwendungen gestalten könnte. Abrechnungssysteme für E-Mobility? Check! Energietransaktionen in einem Micro Grid? Check!

Und worauf läuft das hinaus? Nachdem wir unsere Kristallkugel poliert haben, wollen wir anstelle einer eigenen Antwort einfach eine Liste hier präsentieren:

“Products and Services in a decentralised energy world – “Blockchain & Physical Delivery”

  • Physical delivery of energy managed via the blockchain
  • Physical delivery of eMobility solutions managed via the blockchain (charging, car-sharing)
  • Sharing (donating, no money involved), trading (selling and buying) of own generated energy
  • Batteries / storage sharing
  • Crowdsourcing of parcels
  • Building up and supporting energy communities
  • Connecting customers (buyers) with asset owners (renewable energy products)”

Das waren “Beispiele” für das, was in einem unter anderem von RWE ausgelobten Blockchain Wettbewerb in Berlin gesucht wurde – und es sind Mosaikteile eines komplexen Bildes. Und was dieses Bild zeigt, ist in der Tat als Thriller für die Energiebranche geeignet: ein dezentrales System, das die Energieversorgung inklusive Lieferantenwechsel per Smart Contract etc. eines Tages komplett übernehmen könnte.

„Es geht ein Gespenst um bei den Energieversorgern …“

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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