Neue Notfallmaßnahmen umfassen verbindliche Obergrenze für Markterlöse für Strom

Die Energieminister der EU haben sich am 30.9.2022 auf einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise geeinigt (12249/22 INIT). Die zeitlich begrenzten Notfallmaßnahmen sollen die Stromnachfrage senken und die Überschusserlöse des Energiesektors an die Endkunden umverteilen.

Notfallmaßnahmen lassen Spielräume offen

Wesentlicher Teil der Notfallmaßnahmen ist die verbindliche Obergrenze für Markterlöse für die Erzeugung von Strom. Die abgeschöpften Erlöse sollen dann an die Endkunden verteilt werden, um sie zumindest teilweise von den Folgen des Strompreisanstiegs zu entlasten (Art. 6 bis 10 VO-E). Die Markterlöse für die Stromerzeugung aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Photovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft ohne Speicher, Biomasse-Brennstoffe außer Biomethan, Abfall, Kernenergie, Braunkohle, Erdölerzeugnisse und Torf sollen auf höchstens 180 Euro/MWh erzeugter Elektrizität begrenzt werden. Die Erlösobergrenze soll nur für realisierte Markterlöse gelten. Soweit vertragliche Verpflichtungen, z.B. Strombezugsverträge oder Forward Hedges zu Markterlösen aus der Stromerzeugung führen, die unterhalb der Obergrenze liegen, werden sie nicht davon erfasst.

Der Verordnungsvorschlag enthält eine Reihe von Instrumenten, um nationalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Einerseits können die Mitgliedstaaten die Obergrenze nur auf 90 Prozent der überschreitenden Markterlöse anwenden. Andererseits bekommen sie die Möglichkeit, auf nationaler Ebene eine höhere Erlösobergrenze einzuführen, Maßnahmen zu ergreifen, welche die Markterlöse weiter begrenzen, zwischen einzelnen Stromerzeugungstechnologien zu differenzieren und die Markterlöse von Händlern und Zwischenhändlern zu begrenzen. Ob die Erlösobergrenze zum Zeitpunkt der Abwicklung des Energieaustauschs oder danach angewandt wird, soll ebenfalls den Mitgliedstaaten überlassen werden. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellten, dass alle abgeschöpften Überschusserlöse gezielt zur Unterstützung von Stromendkunden verwendet werden.

Die verbindliche Obergrenze für Markterlöse für die Erzeugung von Strom gilt zunächst im Zeitraum 1.12.2022 bis 30.6.2023. Ggf. könnten die Mitgliedstaaten aber wohl eine rückwirkende Anwendung vorsehen, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Verordnungsentwurf ausgeführt wird. Die Regelungen in Art. 7a VO-E könnten dies aber zulassen. Es wird mit großem Interesse zu verfolgen sein, wie Deutschland diesen Spielraum nutzen wird.

Flankierende Maßnahmen

Die Erlösobergrenze wird durch einen Solidaritätsbeitrag auf Überschussgewinne der im Erdöl-, Gas-, Kohle- und Raffineriebereich tätigen Energieunternehmen flankiert (Art. 13 bis 17 VO-E). Der Solidaritätsbeitrag muss mindestens 33 Prozent des nach den nationalen Steuervorschriften ermittelten Überschussgewinns eines im Jahr 2022 und/oder 2023 beginnenden Geschäftsjahres betragen, welcher mehr als 20 Prozent über dem durchschnittlichen steuerpflichtigen Gewinn für die vier am oder nach dem 1.1.2018 beginnenden Geschäftsjahre liegt. Zudem ist eine verbindliche Senkung des Bruttostromverbrauchs (Art. 3 bis 5 VO-E) vorgesehen. Danach streben die Mitgliedstaaten die Umsetzung von Maßnahmen an, mit denen ihr monatlicher Gesamtbruttostromverbrauch um 10 Prozent gesenkt wird. In den Spitzenpreisstunden, die mindestens 10 Prozent aller Stunden des Monats umfassen, muss die Senkung mindestens 5 Prozent pro Stunde betragen.

Die Notfallmaßnahmen sollen vom 1.12.2022 größtenteils bis 31.12.2023 gelten, die verbindliche Obergrenze für Strommarkterlöse im Zeitraum 1.12.2022 bis 30.6.2023. Die Verordnung soll im Oktober 2022 im schriftlichen Verfahren förmlich angenommen und anschließend im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und am darauffolgenden Tag in Kraft treten.

Ansprechpartner*innen: Rudolf Böck/Dr. Martin Altrock/Dr. Olaf Däuper 

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