Und der Gewinner ist: Bürgerenergie! – BNetzA veröffentlicht Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunde für Wind an Land

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Freude Gewinner
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Die erste EEG-Ausschreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land ist durch. Am vergangenen Freitag hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) die mit Spannung erwarteten Ergebnisse veröffentlicht. Größte Überraschung: Fast alle Zuschläge (93 Prozent) gingen an Bürgerenergiegesellschaften. Die Zuschlagswerte lagen zwischen 5,25 Ct/kWh und 5,78 Ct/kWh und damit deutlich unter dem zulässigem Höchstwert von 7 Ct/kWh. Das Ausschreibungsvolumen von 800 MW war mit 2.137 MW mehr als 2,5-fach überzeichnet.

Seit Jahresbeginn ist das Fördersystem des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG) für Windkraftanlagen (an Land und auf See), aber auch für Biomasse- und Solaranlagen auf Ausschreibungen umgestellt. Für Anlagen, die ab dem 1.1.2017 neu in Betrieb gehen und eine Leistung von mehr als 750 KW aufweisen, wird die Höhe der Förderung grundsätzlich durch Ausschreibungen ermittelt. Ausgenommen von den Ausschreibungen für Wind an Land sind nur sog. Übergangsanlagen, die vor dem 1.1.2017 eine BImSchG-Genehmigung erhalten haben und bis zum 31.12.2018 in Betrieb genommen werden, sowie Pilot-Windenergieanlagen. Für Solaranlagen gab es bereits unter dem EEG 2014 nach der Freiflächenausschreibungsverordnung (FFAV) erste Ausschreibungen, ebenso für Windenergie auf See. Für Windenergieanlagen an Land war die Ausschreibungsrunde zum 1.5.2017 die Premiere. Die nächsten beiden Runden werden zum 1.8.2017 und zum 1.11.2017 für jeweils 1.000 MW stattfinden.

Relativ niedrige Zuschlagswerte

Vor dem Hintergrund der erheblichen Kritik der Windenergiebranche an der Einführung des Ausschreibungssystems einerseits und den Ergebnissen der ersten Offshore-Ausschreibungsrunde mit drei bezuschlagten Geboten zu 0 Ct/kWh andererseits wurde das Ergebnis der ersten Ausschreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land mit besonderer Spannung erwartet. Mit Zuschlagswerten zwischen 5,25 Ct/kWh und 5,78 Ct/kWh liegen die Ergebnisse erheblich unter dem zulässigen Gebotshöchstwert von 7 Ct/kWh. Bei den Werten ist allerdings zum einen zu berücksichtigen, dass die tatsächlichen Förderkosten deutlich höher liegen können, da auch Standorte mit wenig Wind berücksichtigt wurden. Zum anderen täuscht die Spanne der Zuschlagspreise darüber hinweg, dass von Bürgerenergiegesellschaften abgegebenen Angebote – und damit fast alle – gesetzlich privilegiert sind und für sie der höchste Zuschlagswert von 5,78 Ct/kWh gilt.

Gleichwohl haben sich die teilweise geäußerten Erwartungen eines eher hohen Zuschlagpreises in den ersten Ausschreibungsrunden nicht bewahrheitet. Zwar ist man weit von einem Null-Cent-Angebot wie bei der Offshore-Windenergie entfernt; dies war aber angesichts der völlig anderen Rahmenbedingungen bei der Windenergie an Land einerseits und den Besonderheiten bei der ersten Offshore-Ausschreibung andererseits auch keinesfalls zu erwarten. Jedenfalls dürften die Förderkosten für Wind-Onshore-Anlagen im Vergleich zur Förderung unter dem EEG 2014 nicht nur unerheblich niedriger liegen.

Über die Gründe für die gesunkenen Vergütungen lässt sich nur spekulieren: Möglicherweise erhoffen sich viele Bieter noch eine Kostenabsenkung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen Zuschläge für Bürgerenergieprojekte, die mit vier Jahren eine erhebliche längere Realisierungszeit für die Projekte nach dem EEG haben als normale Gebote. Denkbar ist auch, dass manche der bietenden Bürgerenergieprojekte darauf gehofft hatten, dass der höchste bezuschlagte Wert – und somit der für das Bürgerenergieprojekt geltende Zuschlagswert – höher ausfällt.

Dominanz der Bürgerenergiegesellschaften

Auch wenn das Thema „Bürgerenergie“ in der politischen Diskussion zu Ausschreibungen einen erheblichen Stellenwert hatte, hatte wohl kaum jemand erwartet, dass quasi alle Zuschläge der ersten Ausschreibungsrunde an solche Bürgerenergiegesellschaften gehen würden. Die bis zuletzt umstrittene Sonderbehandlung von Bürgerenergiegesellschaften war stets als Ausnahme verstanden worden. Dass sie nun zum „Normalfall“ wird, dürfte jedenfalls auch daran liegen, dass die gesetzliche Regelung in ihrer jetzigen Fassung erhebliche Gestaltungsspielräume lässt und nicht allein das – unspezifische und idealtypische – Bild eines eigeninitativen Zusammenschlusses von engagierten Bürgern vor Ort erfasst. Spannend wird, ob die Behördenpraxis und die Rechtsprechung allen bezuschlagten Bürgerenergiegesellschaften ihren Status belässt oder ob sie die Vorschriften restriktiv handhabt. Über den Wortlaut der Regelungen hinaus dürfte dies allerdings nur in engen Grenzen möglich sein, da die Vorgaben des EEG eindeutig formuliert sind und keine darüber hinausgehende allgemeine Missbrauchskontrolle vorsehen.

Das Ziel, mit der Unterstützung von Bürgerenergiegesellschaften die Vielfalt der Akteure zu erhöhen, ist jedenfalls übererfüllt und damit eigentlich auch nicht erreicht worden. Denn bei den Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften ging es ja nicht um Vorherrschaft, sondern um Chancengleichheit der Bürgerenergie. Die Akteursvielfalt im Windbereich erfordert aber nicht nur Bürgerenergiegesellschaften, sondern zum Beispiel auch die Unterstützung von den zahlreichen für die Realisierung von Windprojekten zentralen kleineren lokalen Projektierern, die – ohne Bürgerenergiegesellschaften zu sein – Nachteile im Ausschreibungsverfahren haben. 

Wie geht es weiter?

Nach dem unerwarteten Ergebnis der Offshore-Ausschreibung mit Null-Cent-Geboten ist somit auch die erste Onshore-Ausschreibung anders ausgegangen als gedacht. Ob sich der Trend zugunsten der Bürgerenergie in den nächsten Ausschreibungsrunden für Windenergieanlagen an Land fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Spannend bleibt auch, ob und gegebenenfalls wie Politik und Behörden auf den unerwarteten Siegeszug der Bürgerenergiegesellschaften reagieren.

Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Dr. Wieland Lehnert

 

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