Wie effizient bin ich als Netzbetreiber? – Die Ergebnisse des Effizienzvergleichs Strom sind da!

(c) BBH
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In welchem Umfang muss mein Unternehmen die Kosten in den nächsten fünf Jahren absenken? Wie hoch sind die zulässigen Erlöse aus Netzentgelten, die mit dem Stromverteilnetz in den nächsten fünf Jahren erzielt werden dürfen? Wie steht mein Unternehmen im Vergleich zu anderen Netzbetreibern nach fünf Jahren Anreizregulierung da?

Die Antwort auf diese Fragen erhalten in diesen Tagen viele Stromverteilnetzbetreiber von der Beschlusskammer (BK) 8 der Bundesnetzagentur (BNetzA). Diese informiert die Unternehmen in ihrer Zuständigkeit derzeit über ihre individuellen Effizienzwerte. Von den unscheinbaren Prozentzahlen, die im aktuellen Effizienzvergleich der Stromverteilnetzbetreiber nach Auskunft der BK 8 zwischen 75,8 Prozent („schlechtestes Unternehmen“) und 100 Prozent („bestes Unternehmen“) liegen, hängt für die Netzbetreiber die Höhe der zulässigen Erlöse innerhalb der 2. Regulierungsperiode, also innerhalb der nächsten fünf Jahre, maßgeblich ab.

Die nun bekannt gegebenen Effizienzwerte sind das Ergebnis eines komplexen statistischen Verfahrens, bei dem sich die BK 8 dieses Mal das Beraterkonsortium der Swiss Economic und der Sumicsid AB als Gutachter ins Boot geholt hat. Bisher verlief die Fahrt eher stürmisch:

Intransparenz im Konsultationsverfahren

Die Einbindung der Branchenvertreter in die Ausgestaltung des Effizienzvergleiches ließ zunächst zu wünschen übrig. Unzureichende Informationen zur methodischen Entwicklung des Effizienzvergleichsmodells erschwerte es den Branchenvertretern, ihre Expertise in das komplexe Verfahren effektiv einzubringen. Zuletzt hatte die BK 8 zusätzliche Informationen zu methodischen Prämissen des Effizienzvergleichs veröffentlicht und den Branchenvertretern Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 2.10.2013 gegeben. Bereits am 4.10.2013 versandte sie Informationen zu den ermittelten Effizienzwerten, so dass eine ausreichende Würdigung der Stellungnahmen fraglich schien.

Erfreuliche Ergebnisse

Dagegen geben die nun veröffentlichten Ergebnisse des Effizienzvergleichs Anlass zu verhaltenem Optimismus. Die durchschnittliche Effizienz der beteiligten Stromnetzbetreiber beträgt danach 94,9 Prozent. Gegenüber dem Effizienzvergleich für die 1. Regulierungsperiode bedeutet dies eine Steigerung der ungewichteten Durchschnittseffizienz von rund 2,7 Prozent. Von den 179 teilnehmenden Netzbetreibern im sog. regulären Verfahren erreichen 53 den maximalen Effizienzwert von 100 Prozent. Diese Neuigkeiten lassen aufatmen; vom Tisch ist damit die düstere Prognose eines Durchschnittseffizienzwerts von nur 84 Prozent, der seit dem Beginn des Anhörungsverfahrens Mitte Juli 2013 im Raum stand.

Methodenwahl optimiert

Nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die wenigen bisher bekannten Informationen zur methodischen Ausgestaltung des finalen Effizienzvergleichsmodells der BNetzA stimmen positiv. Wesentliche Anregungen der Branche haben im finalen Rechenmodell Niederschlag gefunden:

Richtigerweise wurden die mitgeteilten Effizienzwerte im Verfahren der sog. Stochastic Frontier Analysis (SFA) nun unter der Annahme einer Exponentialverteilung der Ineffizienzen berechnet.

Unter den 11 ausgewählten sog. Vergleichsparametern findet sich nicht nur der Parameter „dezentral installierte Erzeugungsleistung“, der die kostentreibende Wirkung von Investitionen zur Integration dezentraler Erzeugungsanlagen abbilden soll, sondern auch der Parameter der „Zählpunkte“! Damit hat die massive Kritik von städtischen Netzbetreibern an der Modellbildung, die unter dem Schlagwort „City-Effekt“ geübt wurde, – anders als noch im Effizienzvergleich für die 1. Regulierungsperiode – bei der BK 8 Gehör gefunden. Da im städtisch verdichteten Versorgungsgebiet im Vergleich zu ländlichen Gebieten höhere spezifische Kosten für die Kabelverlegung sowie höhere Mess- und Abrechnungskosten entstehen, mussten städtische Netzbetreiber in der ersten Regulierungsperiode eine Benachteiligung im Effizienzvergleich besorgen. Denn allein die Zahl der im 1. Effizienzvergleich berücksichtigten Anschlusspunkte ohne die zusätzliche Information über die „dahinterliegenden“ Zählpunkte bildete die genannten kostentreibenden Effekte in städtischen Gebieten nicht angemessen ab.

Zur intensiveren Auseinandersetzung der BK 8 mit dem Thema „City-Effekt“ dürften nicht zuletzt die zahlreichen Gerichtsverfahren beigetragen haben, die die betroffenen Netzbetreiber vor den Oberlandesgerichten (OLG) und dem Bundesgerichtshof (BGH) zu dieser Frage angestrengt haben. Um die betroffenen Netzbetreiber überhaupt erst in die Lage zu versetzen, eine mögliche Benachteiligung im Effizienzvergleich abschätzen und qualifiziert zu den methodischen Voraussetzungen der Effizienzwertbestimmung Stellung zu nehmen, war und ist das Projekt „Benchmarking Transparenz“, das von den Verbänden GEODE, VKU und BDEW ins Leben gerufen wurde, von maßgeblicher Bedeutung.

Trotz allem Optimismus beim Thema Effizienzvergleich darf nicht übersehen werden, dass insbesondere die verschärften Kostensenkungsvorgaben für die 2. Regulierungsperiode die meisten Netzbetreiber vor enorme Herausforderungen stellen werden. Denn anders als in der 1. Regulierungsperiode sind die im Effizienzvergleich ermittelten Ineffizienzen vollständig (nicht nur zur Hälfte) innerhalb der 2. Regulierungsperiode abzubauen. Außerdem schlägt der erlösmindernde sog. „generelle sektorale Produktivitätsfaktor“ (§ 9 ARegV) in größerem Maße als bisher zu Buche.

Veröffentlichung der vorläufigen Netzentgelte zum 15.10.

Die Meldung der Effizienzwerte erreicht die Netzbetreiber zum Stichtag der Veröffentlichung der Netzentgelte für das Folgejahr (15.10.). Derzeit läuft die Kalkulation der Netzentgelte auf Hochtouren. Da noch für keinen Stromnetzbetreiber bereits eine behördliche Festlegung der Erlösobergrenzen für die 2. Regulierungsperiode erfolgt ist, sind  viele Unsicherheitsfaktoren zu berücksichtigen. Viele Unternehmen im vereinfachten Verfahren haben noch gar keine Rückmeldung ihrer Regulierungsbehörde zum Ergebnis der Kostenprüfung erhalten. Zusätzlich sind noch nicht alle Umlagen abschätzbar. Die Veröffentlichung der Netzentgelte dürfte daher auch in diesem Jahr eher „indikativen“ Charakter.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Christian Theobald/Prof. Dr. Ines Zenke/Stefan Missling/Stefan Wollschläger/Axel Kafka/Sabine Gauggel

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